Klimaneutralität in 26 Jahren – kann die Luftfahrtindustrie ihr Versprechen halten?
Der Luftverkehrssektor strebt bis 2050 Netto-Null-CO₂-Emissionen an, doch laut einer Studie der Universität Cambridge wurde bisher nicht genug getan, um dieses Ziel zu erreichen. Die Forschenden schlagen daher vier Sofortmassnahmen vor, die in den nächsten vier Jahren umgesetzt werden müssen, um das ehrgeizige Klimaziel zu erreichen.
Das Wichtigste in Kürze
- Forscher der Universität Cambridge haben vier Sofortmassnahmen vorgeschlagen, um das Bestreben einer CO₂-freien Luftfahrt bis 2050 zu erreichen
- Einer dieser Vorschläge ist die Verringerung der Fluggeschwindigkeit, um den Treibstoffverbrauch zu senken
- Darüber hinaus sollte es klare und einheitliche Richtlinien für die Definition von SAF (Sustainable Aviation Fuel) geben
Vermeidung von Kondensstreifen
Klimaverträglicher Flugtreibstoff, auch Sustainable Aviation Fuel (SAF) genannt, gewinnt in der Luftfahrtindustrie zunehmend an Bedeutung. Viele Fluggesellschaften, darunter Air France, wollen bis 2050 klimaneutral fliegen. Ab 2025 müssen Flugzeuge in der EU sogar verpflichtend umweltfreundlicher betankt werden. Bis 2050 müssen dann bis zu 70 Prozent nachhaltige Treibstoffe im Tank sein. Der Lobbyverband Airlines For Europe (A4E) warnt jedoch, dass in der EU noch zu wenig nachhaltiger Treibstoff produziert wird. Auch der ehemalige CEO von Qatar Airways, Akbar Al Baker, bezweifelt, dass die Luftfahrtindustrie bis 2050 klimaneutral sein wird. Um das Ziel doch noch zu erreichen, haben Forschende der Universität Cambridge nun vier Sofortmassnahmen vorgeschlagen.
Ein wesentlicher Beitrag zur Verringerung der Klimawirkung des Luftverkehrs könnte daher in der Vermeidung von Kondensstreifen liegen. Diese wirken wie eine Isolierschicht in der Atmosphäre und tragen zur Erwärmung der Erde bei. Die Forscher schätzen, dass ein globales System zur Vermeidung von Kondensstreifen die Klimawirkung des Luftverkehrs um bis zu 40 Prozent reduzieren könnte.
Eine weitere Massnahme zielt darauf ab, die Effizienz des Flugverkehrs zu steigern, indem die Flugzeuge langsamer fliegen. Eine Reduktion der Fluggeschwindigkeit um etwa 15 Prozent würde die Flugzeit auf Langstreckenflügen um etwa 50 Minuten verlängern, den Treibstoffverbrauch aber um fünf bis sieben Prozent senken. Darüber hinaus empfehlen die Forscher, ältere Flugzeuge durch neuere, effizientere Modelle zu ersetzen, wodurch der Treibstoffverbrauch bis 2050 halbiert werden könnte. Das hängt natürlich auch von den finanziellen Möglichkeiten der Airlines ab, aber auch von den Produktions- und Lieferzeiten der Flugzeughersteller. Von Lieferverzögerungen ist zum Beispiel auch die Lufthansa betroffen.
Einheitliche Richtlinien zur Definition von SAF
Nachhaltige Flugkraftstoffe (SAF) sind ein zentrales Element der Klimaziele des Luftverkehrs, ihre Verfügbarkeit ist derzeit jedoch noch sehr begrenzt. Die Studie fordert daher klare und einheitliche Richtlinien zur Definition von SAF, um die Produktion und den Einsatz dieser Kraftstoffe weltweit zu fördern. Eine globale Umsetzung dieser Richtlinien könnte eine effiziente und flächendeckende Nutzung sicherstellen.
Als vierte Massnahme wird die Einführung sogenannter „Moonshot“-Technologieprogramme vorgeschlagen. Diese Programme zielen darauf ab, neue transformative Technologien schnell zu evaluieren und zur Marktreife zu bringen. Als Beispiel werden in dieser Studie wasserstoffbetriebene Langstreckenflugzeuge genannt. Der Begriff „Moonshot“ beschreibt dabei das Ziel, extrem ehrgeizige, oft für unmöglich gehaltene Ziele zu erreichen. Auch wenn die Studie Sofortmassnahmen aufzeigt, bleibt die wichtige Frage, ob es der Luftfahrtindustrie gelingt, diese innerhalb von vier Jahren umzusetzen. In Hamburg ist beispielsweise erst kürzlich ein Projekt zur Herstellung von SAF gescheitert.
