Seit vier Wochen wurde das neue Gebührenmodell des Garantiefonds eingeführt. Während die Reisebüros es handhaben, spricht sich der Konsumentenschutz gegen eine Kostenüberwälzung an Kunden aus.

Zu Beginn der Corona-Pandemie war das Thema der Rückerstattung von Reisen omnipräsent. Dabei war für Schweizerinnen und Schweizer der Garantiefonds nicht unbedeutend. Entstanden ist der Fonds aus dem am 1. Juli 1994 in Kraft getretene Bundesgesetz über Pauschalreisen. Das Gesetz besagt, dass Pauschalreisen im Falle einer Insolvenz oder einem Konkurs des Veranstalters die bereits einbezahlen Kundengelder zurückbezahlt werden müssen. Doch weil der Fonds leer war, musste im Oktober 2021 dringend ein neues Gebührenmodell, so abouttravel.ch. Vier Wochen nach der Einführung resümiert travelnews.ch, dass einerseits Reiseveranstalter das Modell anders kommunizieren und andererseits der Konsumentenschutz die Kostenüberwälzung an die Kundschaft nicht befürwortet.

Die Zahlungsströme wurden verändert

Es ist nach wie vor eine unsichere Zeit für Reiseveranstalter, Reisende und auch Reiseversicherungen. Tatsächlich schrumpfte das Fondskapital des Garantiefonds der Schweizer Reisebranche jedoch bereits seit 2014 “von über 10 Millionen auf unter 4 Millionen Schweizer Franken”, wie Garantiefonds-Präsident André Dosé mitteilte. Das sollte nun ein Ende haben. Per 1. Januar 2022 wurde ein neues Gebührenmodell lanciert.

Flugzeug
Der Schweizer Garantiefonds versichert Pauschalreisen beispielsweise von Reisebüros

Für eine Reise bedeutet das nun Kosten von 2 Promille des Pauschalreiseumsatzes eines Reiseveranstalters, um am Garantiefonds teilzunehmen. Dies wird den Reisebüros verrechnet, der Fonds schlug jedoch vor, dies wie auch eine Bearbeitungsgebühr von 0,5 Promille des Betrages den Reisenden weiterzuverrechnen. Total 2,5 Promille des Pauschalreisebetrags müssten Reisende also für die Rechte des Pauschalreisegesetzes bezahlen. Im Gegenzug würden die Reisebüros hingegen einen positiven Deckungsbeitrag erreichen.

Durch die Modifikation des Gebührenmodells werden sich zwar die Zahlungsströme verändern, unsere Teilnehmer jedoch nicht mit Mehrkosten belastet. Im Gegenteil, die meisten werden sogar positive Deckungsbeiträge erzielen können. Gleichzeitig wird die Deckung verbessert. So wird neu ab dem 01.01.2022 zusätzlich für Teilnehmer am Garantiefonds untereinander das Lieferantenrisiko gedeckt.

Marco Amos, Garantiefonds-Geschäftsführer

Zukünftige Risiken wurden mit einberechnet

Die Umverteilung der Kosten, wie die leeren Kassen waren jedoch nicht die einzigen Gründe für das neue Gebührenmodell des Garantiefonds der Schweizer Reisebranche. Auch zukünftige Risiken wurden einkalkuliert. Ein grösserer Fonds sei notwendig, um mögliche Insolvenzen aufgrund der Corona-Pandemie verkraften zu können.

Reisen Rucksack
Die Corona-Pandemie hat die Risiken der Reisebranche vergrössert

Nach statistischen Ausfallwahrscheinlichkeit berechneten Risiken wäre ein Fonds in der Grösse von 40 – 60 Millionen Schweizer Franken notwendig. Mit dem neuen Gebührenmodell wollte die der Garantiefonds ein Schritt Richtung dieser Fondsgrösse machen.

Erstes Fazit nach der Einführung

Vier Wochen nach der Einführung zeigen sich unterschiedliche Ergebnisse. Bei der Frage an zehn Schweizer Reisebüros, stellt sich heraus, dass gewisse den Empfehlungen des Garantiefonds folgen und die neuen zusätzlichen Gebühren beispielsweise in den Bearbeitungsgebühren integrieren. Andere Reisebüros besprechen die zusätzliche Verrechnung im persönlichen Beratungsgespräch. Einzelne Unternehmen äussern jedoch, dass sie sich “im Alltag am Schalter noch nicht mit dem Thema intensiv befasst” haben oder sogar, dass sie die Kosten nicht ausweisen. Ebenfalls sagten einige der zehn befragten Reisebüros aus, dass die erhöhten Kosten von 2,5 Promille des Arrangementpreises kein Unmut bei der Kundschaft ausgelöst hat.

Airplane Window

Kritisch äussert sich die Stiftung für Konsumentenschutz. Ihrer Meinung nach sollten diese Kosten nicht auf die Kundschaft überwälzt werden. Falls dies jedoch gemacht wird, sollten die einzelnen Kostenpunkte bereits auf der Offerte transparent offen gelegen werden und nicht erst nach Vertragsschluss.

Es ist eine Überwälzung von Sicherstellungskosten, die der Gesetzgeber der Branche zuschreibt und nicht dem Konsumenten.

 Cécile Thomi, Stiftung für Konsumentenschutz

Fazit zum neuen Gebührenmodell vom Garantiefonds

Nachdem der Garantiefonds Jahr für Jahr an Fondskapital verloren hat, wurde nun ein neues Gebührenmodell eingeführt. Seit dem 1. Januar 2022 wird den Reisenden indirekt 2,5 Promille ihres Pauschalreisebetrags verrechnet, wofür sie alle Rechte des Pauschalreisegesetzes, wie beispielsweise die Absicherung von Einzelleistungen, erhalten. Die Vergrösserung des Garantiefonds der Schweizer Reisebranche hat jedoch auch zum Ziel der langfristigen Absicherung von möglichen coronabedingten Risiken von Insolvenzen von Reisebüros. Erste Reaktionen auf die Umstellungen zeigten bereits eine kritische Haltung gegenüber den Veränderungen. Vier Wochen nach der Einführung des neuen Modells stellt sich heraus, dass die Reisebüros die Änderung unterschiedlich handhaben, von persönlichen Gesprächen bis zur Nichterwähnung. Bisher spüren die Reisebüros noch keine Unzufriedenheit der Kundschaft betreffend den erhöhten Kosten, sind wir gespannt, ob ein eventueller Anstieg der Buchungszahlen nach der Wegfall der Testpflicht dies beeinflussen könnte.

Autorin

Grossgeworden in einer Swissair-Familie, wurde Livia die Liebe zum Reisen quasi in die Wiege gelegt. Nichts macht die gebürtige Zürcherin so glücklich, wie auf Reisen zu sein, darüber zu schreiben und recherchieren. Begleitet Livia auf reisetopia quer durch die Welt!

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  • Es sind 2.5 Promille. Sprich bei einer Reise von 10’000 CHF handelt es sich um 25 CHF, das stimnmt doch so gar nicht das es die Reisenden stark trift! Hat man auch die Vorteile dazu geschrieben? Absicherung von Einzelleistungen etc? Es ist sinnvolle das neue Gebührenmodell.

    • Hallo Barbara, vielen Dank für deinen Kommentar. Die Absicherung der Einzelleistungen sind auf jeden Fall wichtige Vorteile des Garantiefonds. Ich habe das im Fazit gerade noch ergänzt. Sicherlich sind 25 Franken bei einer Reise im Wert von 10´000 Franken nicht besonders viel, jedoch sind es Extrakosten, die auf die Endkonsumenten zurückfallen. Liebe Grüsse, Livia

  • Im Fazit wird am Schluss noch kurz nonchalant erwähnt, dass es kritische Stimmen zu dieser Änderung gibt. Im Bericht werden diese Kritiken mit keinem Wort erwähnt. Wer kritisiert dieses neue Gebühren? Und bei 2.5 Promille sprechen wir hier ja von einem wirklich zu vernachlässigendem Anteil der Gesamtkosten. Nicht wirklich ein informativer Bericht.

    • Hallo Stephan, danke für deinen Kommentar. Im Fazit wurde das Feedback von “George Müller, President, Cosa Travel Ltd” verlinkt, der das neue Gebührenmodell einen “Dolchstoss für die Reisebüros” nennt. Extrakosten werden grundsätzlich generell kritisiert, allerdings kann ich deine Meinung verstehen, 2.5 Promille sind in der Tat nicht allzu hoch. Ich hoffe jedoch, dass diese mit der Zeit nicht weiter ansteigen. Liebe Grüsse, Livia

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