Erneut sorgt die Boeing 737 MAX mit Sicherheitswarnungen für Schlagzeilen – nun will das US-Verkehrsministerium die Wiederzulassung überprüfen.
Das erfolgreichste Flugzeugmodell der modernen Zivilluftfahrt hat Boeing selbst in die wohl tiefste Krise der eigenen Firmengeschichte gestürzt. Mit der erneuten Zulassung der Boeing 737 MAX sollte es wieder bergauf gehen. Doch bereits im Februar kritisierte das US-Verkehrsministerium DOT das Zulassungsverfahren der Bundesluftfahrtbehörde FAA und meldete Zweifel an. Nun möchte das DOT die Wiederzulassung überprüfen, wie Aero berichtet.
Missstände und verhängisvolle Absprachen
Es war der 29. Oktober 2018, als das erste Flugzeug vom Typ Boeing 737 MAX 8 abstürzte. Alle 189 Menschen an Bord des Lion-Air-Fluges 610 mussten ihr Leben lassen. Nur wenige Monate später, am 10. März 2019 ereignete sich ein identischer Absturz. Ethiopian-Airlines-Flug 302 hat 157 weitere Menschenleben gefordert. Infolgedessen wurden alle Flugzeuge des Typs weltweit gegroundet. Für fast zwei Jahre. Der Unfallbericht hat neben der Ursache auch Missstände beim US-amerikanischen Flugzeugbauer Boeing, aber vor allem auch bei der FAA, aufgedeckt.
Im Untersuchungsbericht des DOT vom Februar kritisierte das Ministerium bereits die FAA, dem eigenen administrativen Teil für die Zulassung von Flugzeugmustern, für das Zulassungsverfahren der Boeing 737 MAX. Vor allem die Durchführung dieses Verfahrens und die Absprachen zwischen der Behörde und Boeing wurden neben dem fehlerhaften System “MCAS” für die beiden Abstürze verantwortlich gemacht. Dazu hat das US-Verkehrsministerium DOT einen eigenen Bericht vorgelegt, welcher insgesamt 14 Kritikpunkte bei der Zulassung der Boeing 737 MAX durch die FAA aufdeckt. Auf Basis dessen möchte das DOT die Wiederzulassung der Boeing 737 MAX Ende des vergangenen Jahres überprüfen.
Zu viele Zweifel
Das Vertrauen in den einst grössten Flugzeugbauer der Welt muss wieder zurückkehren. Doch selbst in den eigenen Reihen fehlt aktuell das Vertrauen. So kündigte der Inspector General des DOT, Eric J. Soskin, die erneute Überprüfung der FAA zur Wiederzulassung der Boeing 737 MAX an. Dabei sollen explizit die Prozesse der Luftfahrtbehörde erneut geprüft und nach möglichen Fehlverhalten untersucht werden. Wichtig sei dabei, nicht nur das eigene Vertrauen wiederzuerlangen, sondern das der Passagiere in die Flugzeuge und den Zulassungsverfahren wieder zu stärken.
Wir werden die Massnahmen der FAA überprüfen.
Eric J. Soskin, Inspector General des Department of Transportation (DOT)
Der Bericht aus dem Februar war das Ergebnis der Untersuchungen des ursprünglichen Zulassungsverfahrens der Boeing 737 MAX. Im insgesamt 63-seitigen Bericht listet das DOT 14 Kritikpunkte auf. Diese kritisieren vor allem, dass die FAA zu abhängig von den Flugzeugbauern selbst ist und diese nicht ausreichend beaufsichtigt. So wurde während der Untersuchungen der Boeing 737 MAX aufgedeckt, dass ein Boeing-Ingenieur massgeblich an der Zulassung des Flugzeugtyps durch die FAA beteiligt war.
Doch schon jetzt steht Boeing vermehrt im Fokus. Immer wieder berichten wir von erneuten Zwischenfällen. Zuletzt veröffentlichte die FAA eine erneute Sicherheitswarnung zur Boeing 737 MAX mit der Empfehlung, die Flugzeuge bis zur Lösung des Problems am Boden zu behalten. Probleme in der Elektrik des Flugzeugs könnten zum Ausfall diverser Systeme führen. Dabei konnte Boeing zuletzt einen Positivtrend verzeichnen. Im ersten Quartal des aktuellen Jahres konnte der Flugzeugbauer aus Seattle wieder mehr Flugzeuge ausliefern – die Boeing 737 MAX macht aktuell 80 Prozent des Gesamtvolumens aus. Dazu konnte Boeing diverse Neubestellungen für diese Serie verzeichnen.
Fazit zu den Ankündigungen des DOT
Die FAA erhält auch aktuell keine Rückendeckung aus den eigenen Reihen. Die Behörde ist dem US-Verkehrsministerium unterstellt, welches wiederum im Februar eine Vielzahl an Missständen aufgedeckt hat. Nun möchte das DOT die Wiederzulassung der Boeing 737 MAX prüfen. Der Trend bei Boeing, explizit bei der 737 MAX, scheint entgegen der aktuellen Auslieferungen wieder nach unten zu zeigen. Aktuelle Sicherheitswarnungen für die Serie könnten die Krise erneut vertiefen. Dabei bleibt es spannend zu beobachten, ob die FAA die eigenen Verfehlungen erkannt und bei der Zulassung Ende des vergangenen Jahres überwunden hat.