Nach gesunkener Kundenzufriedenheit will die Lufthansa diese mit verschiedenen Mitteln wieder herstellen. Wie genau, erklärt der Airline-Chef.
Die Kundenzufriedenheit bei der grössten deutschen Airline hat in der letzten Zeit nachgelassen – immer mehr Passagiere sind enttäuscht. Das hat sich zuletzt an der geringen Weiterempfehlungsrate gemessen an dem NPS (Net Promoter Score) von 27 gezeigt. Dieser Wert ergibt sich aus Befragungen dazu, wie wahrscheinlich es ist, dass Kunden ein Produkt weiterempfehlen. Dabei kann das Ergebnis zwischen -100 und +100 liegen, der angestrebte Richtwert der Lufthansa beträgt aktuell 50 – im Jahr 2022 lag ihr Score bei 35. In einem Interview mit aeroTELEGRAPH beantwortet der Kranich-Chef Jens Ritter unter anderem die Frage, wie die Airline ihre Passagiere wieder aufmuntern will und den Score langfristig erhöhen.
Das Wichtigste in Kürze
- Besonders auf der Langstrecke soll die neue Allegris-Kabine die Kundenzufriedenheit steigern
- Auf der Kurz- und Mittelstrecke wird überlegt, wieder kostenfreien Tee und Kaffee anzubieten
- Der Konzern will Sparmassnahmen nicht auf dem Rücken der Kunden austragen
Verbesserungen Abseits von Allegris
Dass die Lufthansa an ihrer Kundenzufriedenheit arbeiten muss, ist bereits bekannt. Doch wie genau plant der Kranich, dieses Thema anzugehen? Allegris soll dabei eine grosse Rolle spielen, doch auch drumherum muss bei der Airline einiges passieren. Neben dem neuen Bordprodukt sollen etwa auch die Lounges umgestaltet werden und das Reiseerlebnis der Passagiere verbessern – genauso wie die Weiterentwicklung des digitalen Reiseerlebnisses. Auch der Service auf der Kurz- und Mittelstrecke soll fortlaufend aufgewertet werden. Es gäbe laut Ritter Testläufe, um zu prüfen, ob Tee und Kaffee zukünftig wieder gratis angeboten werden sollen. Auch grössere Gepäckfächer und Steckdosen in den Kabinen auf Europastrecken sollen den Gästen entgegenkommen.
Auch, wenn der Net Promoter Score wieder langsam zu steigen scheint, besteht noch grosser Handlungsbedarf:
Der Net Promoter Score ist sehr beeinflusst von persönlichen Erlebnissen und natürlich von der Stimmungslage. Er steigt, wenn auch nicht exponentiell. Insgesamt ist er jedoch noch deutlich zu niedrig. Mit einer breiten Allegris-Flotte, der Umrüstung der Kurzstreckenflotte und einer zunehmenden Stabilität des Flugbetriebs werden wir ihn nachhaltig steigern.
Jens Ritter, Lufthansa-Chef
Allegris scheint in puncto Kundenzufriedenheit eine Art Wunderwaffe für die Lufthansa zu sein, von der sie sich viel erhoffen. Allerdings wird es dauern, bis die Flugzeuge mit der neuen Kabine grossflächig im Einsatz sind und auch vielseitige Strecken bedienen. Gerade erst wurde der zweite Jet mit Allegris-Ausstattung eingeführt. Die Chance, in den Genuss der neuen Kabine zu kommen, bleibt erst einmal gering.
Bei Boeing kommt es aktuell verstärkt zu Lieferverzögerungen. Bei Airbus sieht Ritter keine Schwierigkeiten und rechnet monatlichen mit der Auslieferung eines weiteren Flugzeugs – unter anderem einen A350 mit der Allegris First Class innerhalb dieses Jahres. Allerdings kommt es aktuell zu Verzögerungen im Zertifizierungsprozess. Somit ist noch unklar, ob das Produkt fristgerecht eingeführt werden kann, um sich dann auch positiv auf die Kundenzufriedenheit auszuwirken.
Sparmassnahmen nicht auf Kosten der Kunden?
Sparen muss die Lufthansa auch, will dies aber durch strukturelle Veränderungen und Verschiebung von internen Projekten – die Kunden tangieren soll dies nicht. Gegebenenfalls geht das seitens des Konzerns mit weniger Einstellung von Personal einher, allerdings nicht in den für die Passagiere relevanten Bereichen:
Wichtig ist mir: Wir sparen nicht am Service für unsere Gäste; nicht bei der Digitalisierung, nicht bei Lounges, nicht beim Catering und vor allem auch nicht bei der Einstellung von operativen Mitarbeitenden.
Jens Ritter, Lufthansa-Chef
Andere finanzielle Veränderungen innerhalb des Konzerns haben Kunden allerdings sehr wohl zu spüren bekommen. Treibstoffzuschläge für Prämienflüge wurden über Pfingsten enorm erhöht. Zuschläge für Miles & More Flüge nach Nordamerika wurden ohne Ankündigung ebenfalls angehoben.