Viele Passagiere wissen gar nicht, dass ihnen nach der Stornierung oder Verspätung eines Fluges in vielen Fällen durch die EU-Fluggastrechte eine Entschädigung zusteht.
In diesem Artikel fassen wir Euch deswegen übersichtlich zusammen, in welchen Fällen Ihr bei einer Verspätung, Annullierung oder Nichtbeförderung eine Chance auf eine Entschädigung habt und wie Ihr diese erzielen könnt.
In welchen Fällen kann ich auf eine Entschädigung hoffen?
Grundsätzlich sprechen einem die Fluggastrechte eine Entschädigung zu, falls man entweder nur mit einer Verspätung sein Ziel erreicht hat oder gar nicht erst reisen konnte, sei es durch eine Überbuchung oder Annullierung des Fluges. Hierbei ist es völlig egal, wo genau die Flüge gebucht wurden und ob man mit einer Linienfluggesellschaft wie der Lufthansa, einer Charter-Gesellschaft oder einer Billigairline wie Ryanair unterwegs ist. Allerdings gelten diese Fluggastrechte natürlich nicht weltweit, weshalb folgende Einschränkungen wichtig sind:
- Der Flug startete in einem EU-Land (mit leichten Abweichungen auch Schweiz) und/oder
- Der Flug wurde von einer EU-Fluggesellschaft durchgeführt
Im Falle eines Vorfalls könnt Ihr also auf folgenden Flügen auf eine Entschädigung hoffen:
- Lufthansa Flug von Frankfurt nach Miami (da Start in der EU & EU-Fluggesellschaft)
- United Airlines Flug von Frankfurt nach Miami (da Start in der EU)
- Swiss Flug von Dubai nach Maskat (da EU-Fluggesellschaft)
Keine Entschädigung erhaltet Ihr dabei zum Beispiel bei einem United Airlines-Flug von Miami nach Frankfurt, da lediglich der Start in einem EU-Land entscheidend ist.
Welche Rechte habe ich bei einer Verspätung des Fluges?
Treffen die grundlegenden Bedingungen nun zu und gab es eine Verspätung beim gebuchten Flug, dann gibt es für die Entschädigung bei einer Verspätung folgende Regeln:
Zuerst einmal habt Ihr ab 2 Stunden Verspätung einen Anspruch auf kostenlose Getränke, Essen und zwei Telefonate. Interessant wird es ab 5 Stunden Verspätung: Nun könnt Ihr eine kostenfreie Stornierung und den vollen Flugpreis fordern. Wird der Flug auf den nächsten Tag verschoben, habt Ihr zusätzlich auf jeden Fall einen Anspruch auf Hotel und Transfer.
Hierbei sind die Airlines unterschiedlich kulant: Bei Lufthansa haben wir es beispielsweise schon erlebt, dass ein Business Class Passagier bei der Umbuchung auf den nächsten Tag in ein weit entferntes 3-Sterne-Hotel umgebucht wurde. Hier hat der Passagier dann auf eigene Rechnung ein direkt am Flughafen befindliches Premium-Hotel gebucht und dies anschliessend bei der Lufthansa eingereicht, was problemlos erstattet wurde. Doch nicht bei jeder Airline könnt Ihr hier mit Kulanz rechnen.
Zudem ist die “magische Grenze” für Entschädigungen bei Verspätungen drei Stunden: Ist Euer Flug länger als drei Stunden verspätet, könnt Ihr eine Entschädigungszahlung fordern, die nach der Distanz der Flugstrecke gestaffelt ist.
- 250 Euro, wenn die Strecke kürzer als / gleich 1’500 km ist
- 400 Euro, wenn die Strecke nicht innerhalb der EU liegt oder kürzer als / gleich 3’500 km ist
- 600 Euro, wenn die Strecke grösser als 3’500 km ist und Start oder Ziel ausserhalb der EU liegen
Diese Entschädigung wird unabhängig von allen anderen Leistungen fällig. Bucht Ihr einen Economy Flug mit der Lufthansa von Frankfurt nach New York und werdet auf den nächsten Tag umgebucht, erhaltet ein Hotel und ein Upgrade am nächsten Tag – trotzdem wird durch die Verspätung von mehr als drei Stunden und der grossen Distanz eine Entschädigung von 600 Euro fällig.
Welche Rechte habe ich bei einer Nichtbeförderung?
Eine Nichtbeförderung findet statt, wenn der Flug wie geplant durchgeführt wird, aber Ihr zum Beispiel durch Überbuchung nicht mitgenommen werdet. Dabei habt Ihr Anspruch auf:
- eine Erstattung des Ticketpreises oder
- einen frühestmöglichen, kostenlosen Rückflug zum Abflugort oder
- eine frühestmögliche, anderweitige Beförderung zum Zielort oder
- eine Beförderung zum Zielort zum Wunschtermin (zum Beispiel auf Wunsch zwei Tage später)
Unabhängig davon, welche der oben genannten Leistungen Ihr in Anspruch nehmt, habt Ihr ausserdem Anspruch auf eine Entschädigung. Die Entschädigung ist hierbei gestaffelt, je nach Distanz der gebuchten Strecke wird ein anderer Betrag fällig.
- 250 Euro, wenn die Strecke kürzer als / gleich 1’500 km ist
- 400 Euro, wenn die Strecke nicht innerhalb der EU liegt oder kürzer als / gleich 3’500 km ist
- 600 Euro, wenn die Strecke grösser als 3’500 km ist und Start oder Ziel ausserhalb der EU liegen
Fliegt Ihr zum Beispiel mit der Lufthansa von Hamburg nach Frankfurt und werdet durch eine Überbuchung auf einen Flug umgebucht, der eine Stunde später als gebucht landet, so erhaltet Ihr 50 Prozent der eigentlich fälligen 250 Euro, könnt Euch also über 125 Euro freuen.
Welche Rechte habe ich bei einer Annullierung?
Wenn der Flug storniert wird und alle gebuchten Passagiere nun nicht wie geplant ans Ziel kommen können, gibt es abweichende Regeln von der Nichtbeförderung. Grundsätzlich erhaltet Ihr ähnliche Ansprüche:
- eine Erstattung des Ticketpreises oder
- einen kostenlosen Rückflug zum Abflugort oder
- eine anderweitige Beförderung zum Zielort oder
- kostenlose Versorgung inklusive Hotel, falls zwingend nötig
Werdet Ihr bis zu 14 Tage vor Abflug von der Airline über die Annullierung des Fluges informiert, erhaltet Ihr keinerlei Entschädigung. Dies ist meiner Ansicht nach uns Reisenden wenig freundlich gegenüber, da neu zu buchende Flüge inzwischen vermutlich deutlich teurer geworden sind.
Werdet Ihr dagegen zwischen 14 und 7 Tagen vor Abflug über die Annullierung informiert und erhaltet ein alternatives Angebot, das es Euch ermöglicht, weniger als zwei Stunden vor der geplanten Abflugzeit zu starten UND vor vier Stunden nach der geplanten Ankunftszeit zu landen, ist keine Entschädigung zu zahlen. Werdet Ihr so beispielsweise acht Tage vor Abflug über die Annullierung informiert und auf einen Flug umgebucht, der eine Stunde nach der geplanten Ankunftszeit Euer Ziel erreicht, ist keine Entschädigung fällig.
Werdet Ihr dagegen weniger als 7 Tage vor Abflug informiert, muss die Airline Euch auf einen Flug umbuchen, der nicht früher als eine Stunde vor der geplanten Abflugzeit startet und nicht später als zwei Stunden nach der geplanten Ankunftszeit ankommt. Tut sie dies nicht, wird eine Entschädigung fällig.
Auch hier erhaltet Ihr eine gestaffelte Entschädigung, die mit der bei Annullierung übereinstimmt:
- 250 Euro, wenn die Strecke kürzer als / gleich 1’500 km ist
- 400 Euro, wenn die Strecke nicht innerhalb der EU liegt oder kürzer als / gleich 3’500 km ist
- 600 Euro, wenn die Strecke grösser als 3’500 km ist und Start oder Ziel ausserhalb der EU liegen
Was ist mit aussergewöhnlichen Umständen?
Airlines beharren bei einem Vorfall häufig auf aussergewöhnliche Umstände und wollen keine Ausgleichszahlungen leisten. Doch hier ist es wichtig zu wissen, dass die Definition von aussergewöhnlichen Umständen sehr eng gefasst ist und umfasst etwa keine defekten Bauteile, wenn auch häufig anders behauptet. Als aussergewöhnliche Umstände werden unter anderem Streiks, Unwetter und politische Instabilität definiert.
Wenn Euch die Airline deswegen mit einem Schreiben antwortet, wonach durch die aussergewöhnlichen Umstände keinerlei Ausgleichszahlungen angewiesen werden können, dann raten wir zur genauen Prüfung der angegebenen Umstände und einer Zurückweisung, falls diese nicht „wirklich“ aussergewöhnlich sind.
Wie erhalte ich meine Entschädigung?
Am praktischsten wäre es natürlich, wenn ich bei einer grossen Verspätung oder einer Annullierung des Fluges direkt am Ticketschalter der Airline einen Überweisungsträger ausfülle und am nächsten Tag die Entschädigung auf meinem Konto erhalte – doch dies ist Wunschdenken. Die wenigsten Kunden machen ihre Ansprüche wirklich geltend und die Airline hat ein ausgeklügeltes System, um Entschädigungs-Anfragen zurückzuweisen.
Ein beliebter Trick der Airline ist es zum Beispiel, dem Kunden Gutscheine auszustellen. Doch dies müsst Ihr auf keinen Fall akzeptieren, in der EU-Fluggastrecht-Verordnung ist klar geschildert, dass die Entschädigung auszuzahlen ist und Gutscheine auf keinen Fall ausreichen. Trotzdem gibt es Möglichkeiten, wie Ihr Eure Entschädigung erhalten könnt.
Unsere Strategie, die bislang sehr gut funktioniert hat, ist über das Formular der Fluggesellschaft beziehungsweise per Mail einen Text wie den folgenden bei einer Verspätung einzusenden:
Bei meinem Flug von X nach Y, Buchungsnummer XXXXXX, bin ich mit einer Verspätung von mehr als x Stunden an meinem Ziel angekommen. Nach europäischem Recht werden hierfür Ausgleichsleistungen nach, Art, 5 Abs. 1 c i.V.m. Art. 7 VO (EG) Nr. 261/2004 fällig, in Höhe von x Euro pro Passagier.
Ich fordere eine Auszahlung der vollen x € (Anzahl der Passagiere auf der Buchung x Entschädigung pro Passagier) als Betrag auf mein
Max Mustername, DE12345678901234, MUSTERBIC
innerhalb von 2 Wochen bis zum x.Anschliessend sehe ich mich gezwungen rechtliche Schritte zu unternehmen.
Wichtig ist hierbei das Setzen einer Frist, um nach Ablauf der Frist eine Mahnung versenden zu können. Dies ist der Zeitpunkt, wo die meisten Airlines einknicken. Tut sie das nicht, wäre der nächste Schritt das Einreichen einer Klage.
Entschädigung über ein Fluggastrecht-Portal sichern
Doch natürlich hat nicht jeder die Lust, sich mit dem System genau auseinander zu setzen, Anfragen und Mahnungen zu verschicken und letztendlich einen Anwalt zu konsultieren. Deswegen können wir Euch ebenfalls Flightright empfehlen, wenn Ihr Zeit und möglicherweise Geld für einen Anwalt sparen wollt.
Das praktische an Flightright: Ihr zahlt nur im Erfolgsfall. Ihr tragt online Eure Flugdaten ein und Euch wird sofort die Entschädigung angezeigt, die Ihr erzielen könnt. Den Rest erledigt nach Eingabe Eurer Daten Flightright für Euch, sodass Ihr nur nach einiger Zeit eine Entschädigung von Flightright ausgezahlt bekommt. Hiervon nimmt sich Flighright zwischen 20 und 30 Prozent der erzielten Entschädigung als Provision heraus, sodass Ihr aus einer ursprünglichen Entschädigung von 600 Euro am Ende 414 Euro ausgezahlt bekommt. Dies ist natürlich ein stattlicher Anteil, jedoch gebt Ihr mit dem Geld auch sämtliche Arbeit ab.
Ich kann mich noch gut an meine 24-stündige Verspätung mit US Airways vor einigen Jahren erinnern, der Notlandung auf den Azoren habe ich sogar eine Reiseverrückt-Episode gewidmet. Doch trotz der enormen Verspätung blieb die Airline stur und verwies auf aussergewöhnliche Umstände, die natürlich keine waren. Nach einigem hin und her wandte ich mich also an ein Fluggastrecht-Portal, um dann zwei Jahre später die Entschädigung ausgezahlt zu bekommen. Nicht immer dauert ein Fall natürlich so lange, doch am Ende war ich froh, den Fall abgegeben zu haben.
Kann ich meine Entschädigung auch im Nachhinein erhalten?
Das EU-Fluggastrecht erlaubt eine nachträgliche Entschädigungsforderung bis zu drei Jahre nach dem betroffenen Flug. So könnt Ihr einmal Eure letzten Reisen durchgehen und nachträglich alle betroffenen Flüge bei der Airline beziehungsweise bei Flightright einreichen.
Fluggastrechte als Passagier – Fazit
Das Thema Fluggastrechte ist weitaus komplexer, als man es zuerst denkt. Deswegen hoffe ich, dass es hier übersichtlich für Euch zusammengefasst wurde. Viele Passagiere lassen eigentlich fällige Entschädigungen links liegen anstatt sich den Urlaub damit zu versüssen. Deswegen kann ich Euch nur raten, Euch genau mit den Grundlagen auseinander zu setzen – oder es andere, wie das Team von Flightright machen zu lassen. So könnt Ihr Eure Recht einfach durchsetzen und Euch auf eine Entschädigung freuen.