Am europäischen Himmel lässt sich für viele Airlines einfach kein Geld verdienen. Neuestes Beispiel ist die estnische Airline Nordica, die ab sofort alle eigenen Flüge einstellt. Die Maschinen der Airline wird man aber weiterhin am Himmel sehen.

In Estland ist man stolz darauf, eine eigene Airline haben. So stolz, dass es finanziell zu grossen Verlusten für den Steuerzahler führt. Nachdem Estonia Air im Jahr 2014 in die Insolvenz gerutscht war, wurde mit Nordica kurzerhand eine neue Airline in dem kleinen Land im Baltikum gegründet. Auch der Nachfolger ist wirtschaftlich allerdings gescheitert – alle in Eigenregie durchgeführten Flüge werden eingestellt.

Enger Partner LOT übernimmt drei Strecken ab Tallinn

Bereits von Anfang an war das Geschäftsmodell von Nordica dabei ein anderes als bei üblichen Airline. Es handelt sich grundsätzlich um eine sogenannte virtuelle Airline. Das heisst konkret, dass Nordica selbst keine Flugzeuge besitzt oder betreibt. Dies tut stattdessen Regional Jet, eine 51-prozentige Tochter der Nordic Aviation Group, die auch der Eigner von Nordica ist. Der zweite Anteilseigner ist die polnische LOT Polish Airlines, die von Anfang an ein enger Partner von Nordica war. Die gesamte Vermarktung der Nordica-Strecken lief über LOT und auch der Verkauf von Tickets wurde von LOT gesteuert. Deshalb konnten Passagiere auf Nordica Flügen auch von Statusvorteilen der Star Alliance profitieren, wovon ich etwa vor meinem Flug von Oslo nach Tallinn Gebrauch machen konnte.

Nordica Economy Class CRJ 900 Seating

Die enge Partnerschaft mit LOT hat auch Folgen für die Einstellung der Strecken von Nordica. Während die Routen nach Kopenhagen, Kiew, Trondheim, Wien und Vilnius komplett gestrichen werden, übernimmt LOT die Verbindungen nach Stockholm, Brüssel und Warschau. Das bedeutet, dass es die drei Direktverbindungen ab Tallinn weiterhin geben wird. Passagiere können demnach auch weiterhin von Star Alliance Vorteilen profitieren, wenn sie von Estland in die Hauptstädte von Polen, Belgien und Schweden reisen. Für LOT ist das Angebot von internationalen Verbindungen abseits des Hubs in Warschau zudem nichts Neues, so ist die Airline unter anderem auch in Krakau und Budapest mit mehreren Routen aktiv. Ab Tallinn werden allerdings keine LOT-Maschinen, sondern weiterhin Nordica-Maschinen von Regional Jet zum Einsatz kommen.

Konkurrenz in Tallinn durch Air Baltic zu gross

Dass die Strecken von Nordica nie in die Rentabilität gekommen sind, hat allen voran einen Grund: Air Baltic. Die Airline aus Lettland hat sich nach der Pleite der früheren Nationalairline in Estland breitgemacht und bietet seit Jahren einige Direktverbindungen von Tallinn in andere europäische Städte an. Dadurch gab es auf mehreren Routen eine direkte Konkurrenzsituation, in der Nordica sich schlussendlich nicht durchsetzen konnte. Einzig auf der Verbindung von Tallinn nach Trondheim war ausschliesslich Nordica unterwegs, auf den anderen Routen hat entweder Air Baltic und / oder eine weitere Airline wie Wizz Air, SAS oder Norwegian dem Angebot von Nordica Konkurrenz gemacht.

Air Baltic Dash Q400 2

Es ist entsprechend der Aufgabe der Flüge in Eigenregie auch nicht davon auszugehen, dass Nordica verschiedene saisonale Routen, etwa die Verbindung von Tallinn nach München wieder aufnehmen wird. Auch LOT wird die saisonalen Verbindungen wohl nicht übernehmen, sodass in Zukunft Direktflüge nach Tallinn ab Deutschland nur noch mit der Lufthansa Group sowie Air Baltic möglich sein werden.

Fazit zur Einstellung der Flüge bei Nordica

Bei meinem Flug mit Nordica hatte ich nicht unbedingt das Gefühl mit einer anderen Airline zu fliegen als bei meinen LOT-Flügen. Dies ist gleichzeitig aber etwas Positives, denn das Angebot der Airline war gut, die Anzahl der Direktverbindungen ab Tallinn angenehm und die Star Alliance Vorteile sozusagen die Kirsche auf dem Kuchen. Leider hat sich das Konzept allerdings wohl nicht gelohnt, womit Nordica grossenteils von der Bildfläche verschwindet. Man hält sich zwar alle Optionen für die Zukunft offen, allzu grosse Hoffnungen auf eine Rückkehr sollte man allerdings nicht haben. Immerhin bleiben aber die von LOT betriebenen Direktverbindungen von Tallinn nach Warschau, Stockholm und Brüssel.

Autor

Nachdem Alex in den ersten 5 Jahren seines Lebens mehr Zeit in Airbussen als in normalen Bussen verbracht hat, war das Hobby schon früh festgelegt: Fliegen. Egal ob in einer Turboprop oder einem A380, egal ob Holzklasse oder Premium: Der Weg ist das Ziel. Und wer kann schon behaupten in 12 Tagen New York, Singapur, Tokyo, Lissabon und Oslo mit Flügen in der Business Class verbunden zu haben?

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