Die Streitigkeiten zwischen Airbus und Qatar Airways gehen in die nächste Runde. Der Flugzeugbauer möchte die Falschbehauptungen von Qatar Airways nicht mehr länger hinnehmen und will rechtliche Klärung.
Qatar Airways gilt als Perfektionist und bemängelte bereits mehrere Qualitätsprobleme beim Airbus A350. Daraus entstand ein Streit, welcher seitens der Airline hauptsächlich in der Öffentlichkeit ausgetragen wird. Das möchte sich der europäische Flugzeugbauer nicht länger gefallen lassen und leitet deshalb nun rechtliche Schritte ein, die in letzter Konsequenz sogar vor Gericht enden könnten, wie aero.de berichtet. In der Zwischenzeit hat Reuters jedoch herausgefunden, dass mindestens fünf weitere Airlines von ähnlichen Problemen mit Airbus berichtet haben sollen.
Das Ausmass des Problems – weiter unbekannt
Der Streit zwischen Qatar Airways und dem europäischen Flugzeughersteller Airbus ist erstmals aufgrund einer Lackierungspanne einer Airbus A350-Maschine entfacht worden. Die Oberflächenbeschichtung unterhalb des Lacks würde sich an mehreren Flugzeugen der Reihe zu schnell abbauen. Infolgedessen hat sich die Wiederaufnahme der Lieferungen an die Golf-Airline weiter nach hinten verzögert – dann verweigerte Qatar Airways die Abnahme weiterer Airbus A350 vorerst sogar komplett. Als das Thema erstmals im Juni 2021 bekannt wurde, spekulierte die Branche auch wild. So waren einige Führungskräfte aus der Luftfahrtbranche davon überzeugt, dass Qatar Airways die Detailgenauigkeit nur als Vorwand nutze, um bereits vorbestellte und produzierte Flugzeuge nicht abnehmen zu müssen. Der Flugzeughersteller hingegen betonte immer, dass er ständig in Kundenkontakt stehe und der Inhalt der Gespräche zwischen den Geschäftspartnern streng vertraulich bleibe. Airbus wollte den Streit bisher nicht öffentlich austragen.
It is a serious matter; we don’t know if it is an airworthiness issue; we also don’t know that it is not an airworthiness issue. The real cause of it has not been established by Airbus.
Akbar Al Baker, CEO von Qatar Airways.
Airbus wurde mehrmals über die anhaltenden Probleme unterrichtet. Andere Airlines haben damals von dieser Thematik noch nicht berichtet und auch keine ähnlichen Massnahmen ergriffen. Mittlerweile ist das jedoch anders. Wie Reuters und mehrere Insider erfahren haben wollen, soll es mehrere Fluggesellschaften geben, die von ähnlichen Problemen berichten. Diese sollen sogar so weit gehen, dass der Lack beziehungsweise die Oberflächenbeschichtung sich gänzlich abtragen würde und somit den Rumpf jeglichen Wetter- und Umweltbedingungen ungeschützt aussetzen würde. Darunter soll sich neben Cathay Pacific, Etihad Airways, Lufthansa und Air France auch Finnair befinden, die das Problem bereits 2016 an Airbus übermittelten. Finnair war der europäische Erstkunde des Modells und setzt die Flugzeuge unter extremen Wetterbedingungen im kalten Norden und warmen Süden ein. Alle Airlines stufen das Problem jedoch als minderwertig ein oder wollten sich nicht zur Problematik äussern.
Gerichtliche Schritte als letzte Konsequenz?
Airbus stuft das Problem ebenfalls als nicht so hoch ein, arbeitet aber dennoch mit Hochdruck daran, es zu lösen. Der Flugzeugbauer behauptet, den Ursprung des Problems mittlerweile zu kennen. Al Baker fordert Airbus derweil auf, die Produktionsprobleme im geforderten Ausmass öffentlich einzugestehen und unterstellt dem Flugzeugbauer, das Problem noch nicht zu kennen. Airbus gehen die Aussagen von vom Qatar Airways-Chef nun jedoch zu weit, will rechtliche Schritte einleiten und wirft dem katarischen Grossabnehmer sogar Rufschädigung vor. Der Flugzeugbauer hat die europäische Luftfahrtbehörde EASA über die Problematik unterrichtet. Ein Gutachter soll jetzt das Ausmass des Lackproblems rechtlich klären. Derweil würde Airbus alle nötigen Schritte unternehmen, um die Probleme zu beheben. So biete der Hersteller an, Teile des metallischen Gewebes unter dem Lack auszutauschen oder die Lackierung zu erneuern.
Qatar Airways cannot sit with its arms folded and legs crossed. We need to solve it. Airbus has made a very large dent in our widebody operations.
Akbar Al Baker, CEO von Qatar Airways.
So hat Qatar Airways bereits im Sommer beschlossen, vorerst 13 von insgesamt über 50 Modellen zu grounden – mittlerweile sollen es sogar mindestens 20 Flugzeuge sein. Unklar ist dabei, ob es sich dabei um Modelle der A350-900er oder A350-1000er Reihe handelt. Angaben dazu wollte die Airline nicht machen. Derweil reaktiviert die Airline wieder bereits eingelagerte und nicht mehr aktive Flugzeuge. Die Rückkehr des Airbus A330 ist bereits beschlossen. Gleichzeitig teilt der CEO von Qatar Airways mit, dass man sich nach anderen kurzfristigen Möglichkeiten umsehen würde. Der Airbus A380 wird damit auch wieder ins Spiel gebracht und soll schon bald wieder in den Liniendienst treten. Dennoch reichen die eigenen Möglichkeiten nicht aus. Deswegen schliesst Al Baker nicht aus, weitere Flugzeuge kurzfristig leasen zu müssen. Die Nachfrage bei Qatar Airways steigt.
Fazit zur Airbus A350-Problematik
Die Probleme mit dem Airbus A350 halten bei Qatar Airways an. Noch immer seien die Qualitätsprobleme am Rumpf der Flugzeuge nicht gelöst. Airbus stellt derweil jedoch klar, dass die Probleme bekannt seien und die Ausbesserung des Problems den Airlines angeboten werden würde. Gleichzeitig will der Flugzeugbauer die Falschbehauptungen von Qatar Airways nicht mehr länger hinnehmen und droht rechtliche Schritte an. Nachdem Qatar Airways die Abnahme neuer Flugzeuge vorerst gestoppt hat, werden nun schon 20 Flugzeuge aus der bestehenden Flotte gegroundet. Kurzfristig werden diese mit älteren Airbus A330 und Airbus A380 ersetzt. Weitere Flugzeuge sollen aber noch kurzfristig geleast werden.