Erpressung oder notwendige Verhandlung in schwierigen Zeiten? Die Gewerkschaft VIDA und Ryanair konnten sich nicht über die Zukunft der Laudamotion-Basis in Wien einigen. Die Iren schließen die Basis entsprechend und entlassen 300 Mitarbeiter.
Wie wir schon vor Kurzem in Berufung auf das österreichische Nachrichtenportal Vienna.at berichtet hatten, hatte Ryanair gedroht, die Wiener Basis der Fluggesellschaft Laudamotion bereits Ende dieses Monats schliessen zu müssen. Nun ist klar: Die Airline macht Ernst, weil ihr die Gewerkschaft bei den Verhandlungen nicht entgegengekommen ist, wie der Kurier berichtet. Beide Seiten geben sich gegenseitig die Schuld.
Wiener Basis von Laudamotion schliesst Ende Mai
Der Hauptsitz und die wichtigste Basis der zweitgrössten österreichischen Fluggesellschaft Laudamotion in der Landeshauptstadt Wien wird damit bereits in wenigen Tagen, am 29. Mai, geschlossen. Der Konzernchef von Ryanair, Michael O’Leary hatte sich zuvor zur aktuellen Situation im Zuge der Covid-19-Pandemie geäussert, und der Lauda eine nahende, “existentielle Krise” prognostiziert. Der irische Chef der Airline hatte bereits vorausgesehen, dass die Gewerkschaften die zur Restrukturierung der Airline dringend notwendigen Massnahmen nicht billigen werde. Damit sollte er recht behalten, denn die Gewerkschaft VIDA hat nicht klein beigegeben – mit verheerenden Folgen.
Die Schliessung der Basis wurde auch gegenüber Austrian Aviation bestätigt. Demnach wird die Kurzarbeit ab sofort beendet, die entsprechenden Stellen über die Kündigungen informiert. Nach Ablauf der Kündigungsfrist gelten diese zum 30. Juni 2020. In einem Statement bei Austrian Aviatiion heißt es vom Laudamotion-Geschäftsführer David O’Brien:
Wir leiten nun sämtliche Schritte ein, die zur Schliessung der Basis Wien und der damit verbundenen Kündigung sämtlicher fliegender Mitarbeiter führt. Das ist ein trauriger Tag für Lauda, aber auch für den Luftfahrtstandort Österreich. Über 300 hochbezahlte Jobs gehen verloren, weil die Gewerkschaft Vida meint, dass man so für Austrian Airlines Unterstützung leisten kann.
Die Massnahmen haben zur Folge, dass bei Laudamotion ab Juli keine österreichischen Mitarbeiter mehr an Bord sein werden. Die Maschinen werden von der Basis in Wien abgezogen, dennoch soll es weiterhin eine Vielzahl an Flügen in die österreichische Hauptstadt geben.
Alle Maschinen werden nach Düsseldorf, Stuttgart und Palma verlegt
Mehr als ein Dutzend der insgesamt 30 Airbus A320 Maschinen werden von Lauda aktuell ab Wien beredert. Alle diese Jets werden nun abgezogen und fliegen in Zukunft ab den drei anderen Laudamotion-Basen Düsseldorf, Stuttgart und Palma de Mallorca. Bereits Anfang des Monats hatte man bei Lauda vor einer Schliessung der Wiener Basis gewarnt. Es sei der Gedanke geäussert worden, die Flotte der Lauda mit Ryanair-Maschinen zu ersetzen, “sollte die Belegschaft nicht zu Lohnkürzungen und neuen Arbeitsverträgen bereit sein”. Genau dazu kommt es nun, denn Ryanair möchte die höheren Löhne gegenüber anderen Tochtergesellschaften nicht länger akzeptieren.
Seit 2018 ist Ryanair an der Ausrichtung der österreichischen Airline massgeblich beteiligt, die Übernahme erfolgte bereits im Januar 2019. Insgesamt 200 Millionen Euro Verluste prognostiziert der Billigfluganbieter Ryanair aufgrund der Massnahmen gegen Covid-19 nun für den Zeitraum von April bis Juni. Zum jetzigen Zeitpunkt wolle man allerdings keine näheren Auskünfte über das laufende Geschäftsjahr preisgeben, wie aus unterschiedlichen Medienberichten hervorgeht. Einstellen möchte Ryanair seine Aktivitäten in Wien wegen des Abzugs von Laudamotion allerdings nicht, zukünftig wird man statt Airbus A320 von Lauda allerdings Boeing 737 von Ryanair oder anderen Töchtern wie Buzz oder Malta Air sehen.
Geplante Strecken von Ryanair beziehungsweise Laudamotion ab Wien sollen nicht wegfallen. Hierzu erklärte O’Brien gegenüber Austrian Aviation:
Wer ein Lauda-Ticket hat, braucht sich keine Sorgen machen. Die Ryanair Group übernimmt sämtliche Flüge und hält bereits die Lauda-Slots. Alle Buchungen werden übernommen und dann eben nicht mehr mit Airbus A320, sondern mit Boeing 737 von Ryanair, Malta Air oder Buzz durchgeführt.
Damit ist davon auszugehen, dass statt der Lauda-Maschinen zukünftig Jets der anderen Ryanair-Töchter in Wien stationiert werden – natürlich mit einer niedrigeren Kostenbasis.
Schuldzuweisungen zwischen Airline und Gewerkschaft
Dass es zu einem Ende der Laudamotion-Basis in Wien kommt, liegt primär an den Kosten. Ryanair hatte einen neuen Kollektivvertrag mit deutlich niedrigeren Kosten gefordert, die Flugbegleitergewerkschaft VIDA wollte diesen nicht unterzeichnen. Von Daniel Liebhart, dem Fachbereichsvorsitzenden bei der VIDA heisst es dazu im ORF Radiojournal:
Die österreichische Sozialpartnerschaft darf sich nicht von einem wild gewordenen Iren erpressen lassen.
Bei Laudamotion äusserte man sich wenig überraschend gegenteilig:
In beschämender Weise hat die Gewerkschaft VIDA die Wünsche von über 95 Prozent der Piloten und 70 Prozent der Kabinenbesatzung an Laudas A320-Basis in Wien ignoriert und über 300 gut bezahlte Arbeitsplätze vernichtet.
Gleichzeitig beschwerte Lauda sich auch noch darüber, dass die österreichische Regierung der Airline nicht helfe, während Staatshilfen für Austrian Airlines gleichzeitig in Verhandlung wären. Interessant ist zudem, dass der Flughafen Wien, dem durch den Abschied von Laudamotion Einbussen drohen, besonders die VIDA kritisiert. Die “Verweigerungshaltung der Gewerkschaft” sei “ein Schlag gegen die eigenen Mitglieder, denn wo sollten die Betroffenen, ginge ihr Arbeitsplatz verloren, jetzt in der Krise einen neuen Arbeitsplatz finden?”, heisst es im Kurier.
Klar ist aber auch: Ryanair hatte Zugeständnisse gefordert, welche die Mitarbeiter von Laudamotion auf ein äusserst niedriges Gehaltsniveau gebracht hätten. Die Rede war teilweise von einem Gehalt unterhalb des österreichischen Existenzminimums.