Gleich zwei Whistleblower äussern sich über grobe Fahrlässigkeit und Missachtung von Sicherheitsstandards in den Boeing-Werken. Die Senatoren fordern Veränderung.
Nachdem der US-Flugzeughersteller die Anschuldigungen eines Whistleblowers zurückgewiesen hat, hat sich gestern der US-Senat dem Thema gewidmet. Der Boeing-Ingenieur Sam Salehpour packt vor den Politikern aus, wie die Tagesschau berichtet. Er berichtet von den immensen Sicherheitslücken des Flugzeug-Giganten Boeing. Doch er ist nicht der Einzige, der aussagt.
Das Wichtigste in Kürze
- Boeing-Ingenieur Sam Salehpour kritisiert die fahrlässige Produktionsweise des Flugzeugherstellers bezüglich der Dreamliner
- Ed Pierson, ehemaliger Boeing-Ingenieur, geht auf den Alaska Airlines Fall ein
- Boeing weist alle Anschuldigungen weiterhin zurück
- Der Senat fordert eine verbesserte Sicherheitskultur bei Boeing
Hinter den Kulissen von Boeing – Whistleblower berichten
Boeing befindet sich die vergangenen Monate in einer Sicherheits-Krise. Hauptsächlich ausgelöst wurde diese durch den Alaska Airlines Vorfall, als ein Rumpfteil einer Boeing 737 MAX 9 herausgebrochen ist. Hinzu kamen Vorwürfe, dass es bei der Produktion der Boeing 787 Dreamliner nicht mit rechten Dingen zugehe. Auf diese Bedenken ging Whistleblower und Boeing-Ingenieur Sam Salehpour gestern vor den US-Senatoren erneut ein. Besonders betont er die unsachgemässen Arbeitsschritte und die fehlende Sicherheitskontrolle:
I saw Boeing staff jump on plane parts to force them to fit.
Sam Salehpour, Boeing-Whistleblower
Der Whistleblower betont, er habe mehrmals Bedenken geäussert und auf Probleme hingewiesen, sei damit allerdings abgeprallt. Schlimmer noch, er wäre körperlich bedroht worden. Angesichts dieses Umgangs sieht er im Konzern “keine Kultur der Sicherheit”.
Die Antwort des US-Senats war deutlich. Die Politiker fordern eine verbesserte Sicherheitskultur beim US-Flugzeugbauer.
We Need to Judge Boeing by What It Does, Not By What It Says .
Tammy Duckworth, demokratische Senatorin aus Illinois
Es habe sich nichts seit den tödlichen Abstürzen geändert
Beispielhaft für fahrlässiges Arbeiten nennt Sahlepour den Umgang mit zu grossen Lücken zwischen Flugzeugteilen. Sind diese grösser als 0,127 Millimeter, müssen sie laut Vorschrift geschlossen werden – wurden sie bei 1.500 Boeing-Jets nach seiner Aussage allerdings nicht. Diese Lücken könnten seiner Einschätzung nach zu weiteren Unfällen aufgrund von frühzeitiger Materialermüdung führen.
Boeing hatte sich bereits vor der Senats-Anhörung gegen die harsche Kritik verteidigt. Auch weiterhin weist das Unternehmen alle Anschuldigungen zurück. Die Boeing 737 Dreamliner würden gründlich getestet und es seien keine Mängel aufgetreten.
Sam Salehpour war nicht der Einzige, der vor dem US-Senat ausgesagt hat. Ebenfalls anwesend war Ed Pierson, der 2018 seine Stelle als Bein-Ingenieur aufgegeben hat. Kurz danach kam es zu zwei tödlichen Abstürzen der Boeing 737 MAX 8 in Indonesien und Äthiopien. Er ist nicht verwundert über die aktuelle Sicherheits-Krise des Unternehmens. Er sagte, er sei nicht überrascht, dass sich seit den beiden Abstürzen nichts geändert hätte, da es keine Rechenschaftspflicht gegeben hätte und kein Boeing-Mitarbeiter ins Gefängnis gekommen wäre.
Wie Reuters berichtet, ging Pierson zudem vor dem Senat auf den Alaska Airlines Vorfall ein, der auf fehlende Bolzen zurückzuführen ist. Er sagt, er habe dem FBI Unterlagen übergeben, die ihm von einem internen Informanten zur Verfügung gestellt wurden und wichtige Informationen zum Türpfropfen enthalten. Das FBI äussert sich nicht dazu. Boeing ist der Meinung es gab keine Dokumente zu Arbeiten an dieser Stelle – das National Transportation Safety Board (NTSB) hat ebenfalls keine Unterlagen erhalten.