Trotz steigender Nachfrage an Nachtzügen, insbesondere bei klimabewussten Reisenden, sind die Erfahrungen der Fahrgäste häufig von Enttäuschungen geprägt.

Innerhalb Europas setzen immer mehr Reisende auf die Bahn statt auf das Flugzeug. Der Nachtzugverkehr soll aber nicht nur die Umwelt entlasten, sondern auch eine bequeme Alternative zum Flugverkehr bieten. Die Realität sieht jedoch oft anders aus. Besonders Bahnexperten äussern Kritik am derzeitigen Zustand, und viele Reisende fragen sich, warum Tickets für so unzuverlässige Verbindungen überhaupt verkauft werden. Die Bahngesellschaften erkennen die Probleme an und versprechen Verbesserungen, wie in der SRF-Sendung “Kassensturz” berichtet.

Das Wichtigste in Kürze

  • Beschwerden über volle Züge und Zufausfälle von Nachtzugreisenden nehmen stetig zu
  • Experten heben die Unzuverlässigkeit und häufigen Ausfälle der Nachtzüge hervor, insbesondere auf der Strecke Amsterdam-Zürich
  • Die SBB und ÖBB erkennen die Probleme an und investieren in kurzfristige sowie langfristige Massnahmen, um die Situation zu verbessern

Nachtzugverbindung Amsterdam-Zürich besonders problematisch

Nachtzüge erleben einen Boom, doch viele Reisende berichten von massiven Problemen – Überfüllte Wagen, ausgefallene Schlafabteile und gestoppte Züge sorgen für Frust und Ärger. In der SRF-Sendung “Kassensturz” schildern viele Reisende ihre negativen Erfahrungen mit Nachtzügen. Besonders betroffen sind einige Verbindungen von und nach Zürich, wie Noam Schaulin von der Interessenorganisation Pro Bahn Schweiz betont.

Dass wir immer noch fast wöchentlich Meldungen von ausfallenden Schlafwagen bekommen, von Leuten, die ein Downgrade auf Sitzwagen erhalten, das kann einfach nicht sein.

Noam Schaulin, Pro Bahn Schweiz
Nightjet

Timo Grossenbacher, Data-Journalist und Betreiber der Vergleichsplattform night-ride.ch, hat seit Anfang des Jahres sämtliche App-Meldungen der SBB ausgewertet. Dabei zeigt sich, dass die Nightjet-Linie Amsterdam-Zürich besonders problematisch ist: 91 Schlafwagen sind in diesem Zeitraum ausgefallen oder wurden durch einfachere Liegewagen ersetzt. An 100 von 150 Tagen wurden Probleme auf dieser Strecke registriert.

Wenn an zwei Dritteln der Tage ein Schlafwagen ausfällt oder durch einen Liegewagen ersetzt wird, oder ein Liegewagen ausfällt, dann ist das eigentlich aus Kundensicht absolut inakzeptabel, und dann frage ich mich als Kunde, wieso dafür überhaupt noch Tickets verkauft werden.

Timo Grossenbacher, Data-Journalist
ÖBB Liegewagen Nightjet

Aber auch auf den Schienen in Deutschland gibt es immer wieder Probleme mit Verspätungen und Zugumleitungen bei Nachtzugverbindungen. Auf einer Fahrt musste so beispielsweise ein Fahrgast in Frankfurt aufgrund einer Störung auf einen anderen Zug umsteigen. Da dieser sein Ticket nicht online ändern konnte, verliess er den Zug in Karlsruhe und wurde dort von der Polizei aufgehalten, was zu einer unerwarteten Anzeige und Geldstrafe in Höhe von umgerechnet 152 Franken führte. Die ÖBB bot ihm nachträglich eine Entschädigung an. Die Deutsche Bahn hingegen zog die Anzeige aber erst nach Anfrage von «Kassensturz» zurück.

SBB und ÖBB wollen Situation verbessern

Da die SBB die Nachtzüge nicht selbst betreibt, sondern bei den Verbindungen auf Partner wie die ÖBB angewiesen ist, fehlen oft die Möglichkeiten, bei Ausfall schnell einen Ersatz zu finden.

Es gibt keine anderen Fahrzeuge dieser Bauart im Betrieb. Wenn ein Wagen ausfällt, haben wir ein massives Problem.

Robér Bormann, Projektleiter Nachtzüge SBB
Nightjet Passagiere

Zudem gibt die SBB an, dass die Häufigkeit der Störungsmeldungen nicht unbedingt die Anzahl der betroffenen Passagiere widerspiegelt. Konkrete Zahlen werden allerdings nicht dazu angegeben.

Wir haben momentan eine erhöhte Anzahl an Wagenausfällen und Downgrades. Das liegt daran, dass wir alles, was Räder hat, in Dienst setzen, um die grosse Nachfrage zu bewältigen.

Kurt Bauer, Leiter Fernverkehr ÖBB

Um die Situation zu verbessern, investiert die ÖBB “viel Geld”, wie Bauer in dem Interview mitteilt. Gleichzeitig bittet er die Reisenden um Geduld und Treue, denn in einem Jahr soll sich die Lage erheblich verbessert haben.

Autor

Anna Schulte ist als Duale Studentin seit September 2022 im reisetopia Content-Team tätig. Mit einer Ausbildung startete ihr beruflicher Weg in die Reisebranche und mittlerweile hält sie Euch mit aktuellen News des Reisealltags immer up to date.

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