Es ist eine Nachricht, die die internationale Luftfahrtindustrie spaltet: Die französische Regierung plant die Einführung einer umfassenden Flugsteuer, die Brancheninsider als “unverhältnismässig” einstufen.

In einer Pressekonferenz vom vergangenen Dienstag präsentierte die französische Regierung das Konzept der wohl härtesten Flugsteuer, die Europa bisher gesehen hat: Mit einer Umwelt-Besteuerung von allen aus Frankreich startenden Flugstrecken – abhängig von der jeweiligen Tarifklasse – möchte man das Fliegen insgesamt unattraktiver gestalten, wie unter anderem das britische Nachrichtenportal BBC News berichtet. Kritiker sprechen von einer “langfristigen Zerstörung der Luftfahrtindustrie”. Ein Überblick.

Frankreichs Umweltsteuer soll Flugverkehr langfristig unattraktiver gestalten

Keine Frage: Die internationale Luftfahrtindustrie stellt sich in Kooperation mit den jeweiligen Regierungen vermehrt ihrer Verantwortung in Sachen Klimawandel – das Thema Nachhaltigkeit ist aus den Konzepten der grossen, europäischen Airlines quasi nicht mehr wegzudenken. Erst kürzlich berichteten wir über eine milliardenschwere Beteiligung an einer von der EU veröffentlichten Wasserstoffstrategie der Länder Deutschland und Frankreich; auch die Einführung einer europaweiten Kerosinsteuer wird nach wie vor diskutiert. Die französische Regierung geht nun noch einen Schritt weiter und erwägt die Einführung einer offiziellen Umweltsteuer auf alle Flugtickets, wie auf einer Pressekonferenz vom vergangenen Dienstag bekannt wurde. Eine solche Flugsteuer soll die Emissionszahlen minimieren und das Fliegen im Allgemeinen unattraktiver gestalten.

Air France

“Wir haben beschlossen, eine Umweltsteuer auf alle Flüge aus Frankreich einzuführen”, wird die französische Transportministerin Elisabeth Borne von übereinstimmenden Medienberichten zitiert. Das französische Ministerium Umweltministerium werde noch am heutigen Samstag eine letzte Sitzung zu diesem Thema abhalten, bevor ein entsprechender Gesetzentwurf dem Parlament voraussichtlich noch vor Ende des Monats vorgelegt werde. Der Vorschlag werde demnach von 130 der insgesamt 150 Mitgliedern der Organisation unterstützt und offenbar auch vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron befürwortet. Eine solche Steuer werde lediglich auf diejenigen Flugtickets erhoben, die von einem innerfranzösischen Abflughafen starten; Auslandsflüge nach Frankreich seien von der Neubesteuerung vorerst also ausgenommen.

Höhe der geplanten Flugsteuer abhängig von der jeweiligen Tarifklasse

Das jeweilige Ausmass der Steuerbeträge wäre laut dem Konzept der französischen Regierung abhängig von der gebuchten Tarifklasse. Zusätzlich von der jeweiligen Streckenlänge gäbe es pro Tarifklasse zwei unterschiedliche Festbeträge, die sich als Pauschalbetrag im Sinne der Umweltsteuer auf den bestehenden Ticketpreis aufrechnen lassen. Unten aufgelistete Beträge beziehen sich stets auf den Steuerbetrag eines Einzelstrecken-Tickets. Die Steuerbeträge der neuen Umweltsteuer lauten nach aktuellem Informationsstand wie folgt:

  • Economy-Flüge unter 2’000 km: 32 Franken
  • Economy-Flügen über 2’000 km: 64 Franken
  • Business-Class-Flüge unter 2’000 km: 193 Franken
  • Business-Class-Flüge über 2’000 km: 430 Franken
  • Privatjet-Flüge: 2’500 Franken
Paris Eiffelturm Skylin

Der Kostenvoranschlag der neuen französischen Umweltsteuer sticht stark heraus aus allen vergleichbaren Ambitionen der verschiedenen europäischen Länder aus den vergangenen Jahren: Eine Besteuerung in diesem finanziellen Ausmass wäre im europäischen Vergleich einzigartig. Zum Vergleich: Die Einnahmen aus Luftverkehrssteuern für die französische Regierung würde sich bei einer Einführung diese Umweltsteuer innerhalb eines Jahres von 440 Millionen Euro auf bis zu 4,2 Milliarden Euro erhöhen, wie eine Lobbyorganisation errechnet hat. Der Umweltbeitrag der französischen Air France würde sich von aktuellen 60 Millionen Euro jährlich auf etwa 1,2 Milliarden Euro pro Jahr erhöhen.

Frankreich plant langfristig die vollständige Abschaffung von Inlandsflügen

In der Tat scheint fraglich, ob die Einführung einer solchen Flugsteuer tatsächlich eine direkte Reduzierung der Emissionszahlen begünstigen würde, da nach aktuellem Informationsstand anzunehmen ist, dass ein relevanter Teil der Kunden – insbesondere bei Langstreckenflügen – auf den Abflug aus einem der Nachbarländer setzen wird, um die hohen Steuerbeträge zu umgehen. Eine zusätzliche Anfahrt zu einem ausländischen Flughafen würde in Einzelfällen dann pro Kopf eher zu erhöhten Emissionszahlen führen, als zu niedrigeren. Mit oben erwähntem Konzept zur Umweltsteuer gehen allerdings auch einige weitere Vorschläge zur langfristigen Umstrukturierung der französischen Luftfahrt einher, die wir nachfolgend einmal für Euch überblicken möchten:

  1. Bis 2025 werde die vollständige Abschaffung von Inlandsflügen angestrebt, sollte es bis dahin keine kohlenstoffarme Alternative geben
  2. Ebenfalls erwäge man ein Verbot zum Bau neuer Flughäfen sowie zum Ausbau bestehender Inlandsflughäfen
  3. Auch ein offizielles Verbot zum Einsatz von Werbung für Flüge ist im Gespräch
  4. Zudem sei eine zusätzliche Besteuerung von Flugbenzin für Freizeitflugzeuge im Gespräch
Air France Ciel

Informationen der französischen Generaldirektion für Zivilluftfahrt (DGCA) schätzen dramatische Auswirkungen als Reaktion auf die Einführung oben beschriebener Umweltsteuer für die innerfranzösische Luftfahrt: Ein genereller Rückgang von Flugreisenden in Frankreich von 14 bis immerhin 19 Prozent könnte den Verlust von knapp 120’000 bis zu 150’000 Arbeitsplätzen verursachen, wie verschiedene Medien übereinstimmend berichteten. Zudem kritisiere die Direktion die tatsächliche Effektivität einer solchen Besteuerung, da auf diese Weise ein Betrag von lediglich 3,5 Millionen Tonnen CO2-Emissionen jährlich eingespart werden könne, was nur etwa 0,79 Prozent des jährlichen Gesamtwertes von knapp 441 Millionen Tonnen französischer Emissionen entspricht.

Kritiker und Branchenkenner sprechen von “Zerstörung der Luftfahrtindustrie”

In den vergangenen Tagen und seit Veröffentlichung der Pressekonferenz vom vergangenen Dienstag hagelte es Kritik für den Vorschlag der französischen Regierung, insbesondere natürlich von Vertretern der französischen Luftfahrtindustrie (s.o.), aber auch von diversen internationalen Medienvertretern. Vielmals wird darauf hingewiesen, dass Flugzeuge in Frankreich lediglich vier Prozent der verkehrsbedingten Treibhausgasemissionen verursachen, während sich der Autoverkehr für knapp 90 Prozent dieser Emissionen verantwortlich zeichnet. Versuche der französischen Regierung, Umweltbestimmungen zu verschärfen und die Treibstoffsteuer zu erhöhen, waren aufgrund von fortschreitenden Ausschreitungen durch die sogenannte Gelbwesten-Protestbewegung bereits im vergangenen Jahr zurückgenommen worden.

Gelbwesten Proteste Frankreich

Vielerorts werden nun auch Kritikerstimmen laut, die das französische Konzept zur Umweltsteuer als “unverhältnismässig” einstufen, und eine langfristige “Zerstörung der Luftfahrtindustrie” befürchten. “Ein einfaches Business-Class-Ticket von Paris nach Istanbul würde zusätzlich zu allen anderen Steuern, die bereits erhoben werden, eine Ökosteuer von 400 Euro enthalten”, schreibt beispielsweise Ben, Autor des internationalen Reisemagazins OMAAT. Auch kritisiert dieser den Zeitpunkt einer solchen Überlegung: Die internationale Luftfahrt befinde sich aufgrund der globalen Auswirkungen durch die Covid-19-Pandemie ohnehin bereits mitten in den schlimmsten Krisenzeiten ihrer Geschichte und blicke in eine mehr als ungewisse Zukunft. Die Einführung einer Umweltsteuer in dieser Grössenordnung werde der Luftfahrtindustrie quasi den Todesstoss versetzen, und Fluggesellschaften langfristig notwendige Mittel entziehen, um in neue, treibstoffeffizientere Flugzeuge zu investieren.

Fazit zur möglichen Einführung einer Umweltsteuer auf Flugstecken aus Frankreich

Die französische Regierung erwägt die Einführung einer schon jetzt massiv umstrittenen Umweltsteuer zur Besteuerung von Flugstrecken, die an einem französischen Flughafen starten. Kritiker zweifeln die Effizienz einer solchen Besteuerung nicht zuletzt deswegen an, weil Flugzeuge in Frankreich lediglich vier Prozent der verkehrsbedingten Treibhausgasemissionen verursachen, während sich der Autoverkehr für knapp 90 Prozent dieser Emissionen verantwortlich zeichnet, und sprechen nun von “Unverhältnismässigkeit” und einer langfristigen”Zerstörung der Luftfahrtindustrie”. Letzte konkrete Gespräche sollen an diesem Samstag in Paris stattfinden.

Was haltet Ihr von der Einführung einer solchen Umweltsteuer in Frankreich? Schreibt uns Eure Meinung in die Kommentare oder hinterlasst eine Nachricht unter [email protected]!

Autorin

Lilli ist am liebsten in den Wolken - und das nicht nur mit ihrem Kopf. Schon als Kind tourte sie mit einer Tanzgruppe durch Europa, heute ist Fernweh ihr ständiger Begleiter. Wenn sie sich nicht gerade mit ihrem Studium in Berlin beschäftigt, sitzt sie irgendwo auf der Welt hinter ihrem Laptop und berichtet für Euch über die angesagtesten Travel News rund um den Globus - direkt hier auf reisetopia.de!

Fragen? In der reisetopia Club Lounge auf Facebook beantworten wir Eure Fragen.

  • Ausgezeichnete Idee. Auch wenn es mich als Privatpiloten treffen würde. Man sollte zudem auch bedenken in welchen Höhen die Treibhausgase der A/C ausgestoßen werden. In FL300 sind die Abgase viel Klima-wirksamer als wenn sie am Boden von KFZ ausgestoßen werden. Im übrigen schließt die Maßnahme ja nicht aus, dass auch für KFZ steuernde Eingriffe beschlossen werden.

    • Hi Martin,
      danke fürs Teilen deiner Meinung und der interessanten Ergänzung zum Thema. Wir werden auf jeden Fall weiter beobachten, wie die Massnahmen schlussendlich umgesetzt werden und ob noch andere Länder dem Beispiel Frankreichs folgen.
      Liebe Grüsse,
      Anna

Alle Kommentare anzeigen (1)