Low-Cost-Airline Norwegian wirft Boeing in einer Klage schwere Vertragsverletzungen in Form von Falschdarstellungen und Auslassungen, grober Fahrlässigkeit und schlampiger Produktion vor.
Die in Oslo ansässige Günstig-Airline Norwegian Air erhebt in einer Klage schwere Vorwürfe gegen den US-Flugzeugbauer Boeing. Die norwegische Fluggesellschaft wirft Boeing grobe Fahrlässigkeit und sogar Betrug im Zusammenhang mit dem Erwerb der Boeing 787 Dreamliner und 737 MAX-Jets vor.
Norwegian verlangt angemessene Entschädigung
Norwegian Air, die viele Jahre lang ein wichtiger Kunde von Boeing war, klagt Boeing wegen angeblicher Vertragsverletzungen im Wert von mehr als 1 Milliarde US-Dollar (etwa 940 Millionen Franken) an. Grössere bis kleinere technische Probleme mit den neuen Jets, die Norwegian bei Boeing bestellt hatte, sollen die Airline dazu gezwungen haben, “Tausende von Flügen” zu streichen, so Rechtsdokumente, die verschiedenen Medien vorliegen. Die Probleme begannen lange bevor die Corona-Krise Anfang des Jahres tausende weitere Flüge zum Erliegen brachte.
“Anstatt das Versprochene zu halten”, behauptet Norwegian in der in den USA eingereichten Klage, lieferte Boeing ein “Muster” von angeblichen Falschdarstellungen und Auslassungen, grober Fahrlässigkeit und schlampiger Produktion, das im Fall der 737 MAX-Jets auch “tragische” und tödliche Folgen hatte. Norwegian Air fordert, dass Boeing die defekten Flugzeuge zurücknehmen und die Airline für den “enormen wirtschaftlichen” Schaden, der dadurch verursacht worden sein soll, entschädigen muss.
Die in Schwierigkeiten geratene norwegische Fluggesellschaft, die gerade ihren Flugbetrieb innerhalb Skandinaviens und Europas wieder aufgenommen hat, hatte zuvor berichtet, dass die Verhandlungen mit Boeing ins Stocken geraten seien. Als der Low-Cost-Carrier im Juni ankündigte, den Flugzeughersteller zu verklagen, stellte das Unternehmen fest, dass die Verhandlungen zu keinem Abkommen geführt hätten, das eine “angemessene Entschädigung” für die Norweger enthielt.
Probleme begannen mit den Langstrecken
Die Probleme Norwegians mit ihren neuen Boeing 787 Dreamlinern begannen, als die Fluggesellschaft 2013 ihren ehrgeizigen Interkontinental-Flugplan erstmalig aufnahm. Die neuen Langstreckenjets hatten ernsthafte Triebwerks-Probleme, die die Dreamliner ausser Betrieb setzten, was den Passagieren von Norwegian das Reisen verdarb und den Ruf der Norwegian als zuverlässige Fluggesellschaft beschmutzte, so das Unternehmen.
Norwegian hatte ursprünglich auch eine grosse Flotte von 737 MAX bei Boeing bestellt und 18 davon bereits übernommen. Seit den beiden verheerenden Abstürzen zwei MAX-Jets, sind die Flugzeuge weiterhin gegroundet.
Die Airline möchte ausserdem Flugzeugbestellungen im Wert von schätzungsweise 100 Milliarden Kronen (über 10,5 Milliarden Franken). Boeing hat eine Stellungnahme zum Konflikt und den geplanten Stornierungen seitens Norwegian Air bisher abgelehnt, nachdem das Unternehmen im vergangenen Monat erklärt hatte, dass Norwegian ein Langzeitkunde gewesen sei und Boeing in der Sache “versuche, einen Weg nach vorn zu finden”.
Fazit zum Streit zwischen Norwegian und Boeing
Norwegian scheint nicht nur sehr enttäuscht, sondern inzwischen auch ziemlich wütend auf Boeing zu sein. Die Klage lässt jedenfalls keinen Zweifel an Norwegians Sicht der Sachlage aufkommen. Ob die Airline damit in den USA jedoch Erfolg haben wird, muss sich zeigen. Dennoch könnte dieser Fall zumindest eine gewisse Signalwirkung erzeugen.