Die Swiss sieht in den kommenden Monaten eine Erholung des Luftfahrtmarktes, doch besonders schnell wird es nicht gehen – selbst im kommenden Sommer erwartet der CEO Thomas Klühr nur 70 Prozent der regulären Flüge.

In einem Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung hat der CEO von Swiss, Thomas Klühr, einige interessante Einblicke in die Entwicklung der Airline in den kommenden Wochen gegeben. Das Szenario das Klühr dabei aufzeigt, geht nicht von einer schnellen Entwicklung des Luftfahrtmarktes aus. Dazu passt, dass auch der CEO der Lufthansa-Mutter Carsten Spohr eine vollständige Erholung nicht vor dem Jahr 2023 sieht. Gleichzeitig macht Klühr auch Hoffnung und sieht auch in diesem Jahr zumindest noch eine leichte Erholung.

Weniger Swiss Flüge auch noch im kommenden Jahr

Auf ein realistisches Szenario für die Wiederaufnahme des Flugbetriebs angesprochen, erklärt Klühr gegenüber der NZZ:

Im Juni gehen wir von 15% bis 20% des Niveaus vom letzten Jahr aus. Am Jahresende rechnen wir mit 50% und im Sommer 2021 mit rund 70%.

Dazu passt die Ankündigung der Swiss, im Juni bereits wieder insgesamt 180 wöchentliche Flüge ab Genf und Zürich zu bedienen. Die Aussagen von Klühr zeigen aber auch, dass mit einem schnellen Hochfahren des Angebots über den Juni hinaus nicht zu rechnen ist. Wenn das Angebot auch im Winter erst 50 Prozent des Vorjahresniveaus entspricht, dürfte die Erholung über die Sommermonate moderat ausfallen. Man sollte sich also darauf einstellen, dass die Swiss Monat für Monat weitere Verbindungen aufnehmen wird und nicht auf einen Schlag zum alten Angebot zurückkehrt.

Swiss Airbus A320

Dazu passt auch die Aussage, dass selbst im kommenden Sommer nur mit 70 Prozent des bisherigen Angebots zu rechnen sei. Dennoch macht Klühr auch Hoffnung, denn auf eine Frage zum Rückgang von Geschäftsreisenden nach der Krise antwortet der CEO der Swiss:

Die Rezession wird den Aufbau bremsen. Zudem werden sich die Verhaltensmuster wegen der Corona-Krise ändern. Wir müssen uns darauf einstellen, dass es weniger Geschäftsreiseverkehr geben wird. Das ändert aber an meiner Grundüberzeugung nichts, die Menschen wollen wieder reisen.

Vieles deutet also darauf hin, dass die Swiss zwar davon ausgeht, dass es zu einem kurzfristigen Einbruch der Nachfrage kommt, die Lust zu Reisen aber wieder zurückkommt. Dennoch wird für die Swiss und auch die anderen Airlines der Lufthansa Group der Geschäftsreisen sicher zum Problem.

Einige aussereuropäische Ziele und Inseln im Fokus

Interessant ist auch, dass Klühr bei der Wiederaufnahme des Flugbetriebs im Juni nicht nur an den innereuropäischen Verkehr denkt. Vielmehr erklärt er, dass “noch einige aussereuropäische Ziele dazu” kommen würden. Dies ging zwar gewissermassen schon aus der Ankündigung hervor, doch die Aussagen von Klühr deuten eher auf fünf als zwei Ziele hin. Möglich erscheinen hier etwa Destinationen wie Tokio, Shanghai, São Paulo, Johannesburg, Chicago oder Los Angeles. Aktuell fliegt die Swiss nur drei Mal pro Woche nach New York-Newark. In Bezug auf das Angebot in Europa, zu dem bislang auch die genauen Details fehlen, liess Klühr verlauten:

Bei den touristischen Destinationen werden Inseln zuerst bereit sein, weil sie nicht so stark von Infektionen betroffen sind.

Damit ist davon auszugehen, dass ab Juni möglicherweise wieder Flüge auf Ferieninseln möglich sein werden. Wohin genau, ist allerdings unklar. Sowohl Griechenland als auch Spanien und Italien lassen bislang keine Touristen einreisen.

Swiss A 340

Geäussert hat sich Klühr auch zum Thema Staatshilfen und hierbei noch einmal klargemacht, dass die Hilfen für Swiss entscheidend sind, damit die Airline das Angebot ohne Unterbrechung wieder hochfahren kann. Zudem hat der Swiss CEO noch einmal verdeutlicht, wie wichtig die Airline für die Standortattraktivität der Schweiz ist und sich damit auch von Konkurrenten wie Ryanair – einer Airline, die laut Klühr kommt und geht – distanziert. Weiterhin weist Klühr darauf hin, dass es sich bei den Hilfen um einen verzinsten Kredit handle. Die Zinssätze bewegen sich demnach zwischen 2 und 3 Prozent, wie der CEO gegenüber der NZZ bestätigt hat.

Kundengelder sollen mit Verzögerung zurückgezahlt werden

Eingegangen ist Klühr in dem Interview auch auf einige andere Aspekte, unter anderem auf den täglichen Verlust an Liquidität. Aufgrund von Absicherungsgeschäften für Treibstoff, Mieten und anderen Fixkosten beliefe sich der tägliche Verlust der Liquidität auf drei Millionen Franken. Das heißt konkret: Die Swiss verliert Monat für Monat fast 100 Millionen Franken. Die Liquidität hätte entsprechend nur noch drei bis vier Monate gereicht, so Klühr. Obwohl die Swiss keine Dividende von 300 Millionen Franken für 2019 an die Mutter Lufthansa abführen musste und zudem einen Kredit von 200 Millionen Franken seitens der Mutter erhalten hat.

Der finanziell schwierigen Situation zum Trotz hat der CEO der Swiss auch noch einmal erklärt, dass Kundengelder zurückgezahlt werden – nur eben mit Verzögerung. Konkret liess Klühr dazu verlauten:

Es ist mir bewusst, dass wir unseren Kunden viel zumuten. Durch das Herunterfahren des Betriebs ist wie bei vielen anderen Airlines auch ein massives Rückzahlungsvolumen entstanden. Hätte die Luftfahrtbranche umgehend alles erstattet, wären viele Fluggesellschaften illiquid geworden. Der Anspruch wird von uns nicht infrage gestellt. Was wir aber nicht einhalten können, sind die Fristen. Durch attraktive Gutscheinlösungen versuchen wir zudem, die Kunden dazu zu bewegen, auf die Rückerstattung zu verzichten.

Es bleibt zu hoffen, dass die Swiss in Hinblick auf die Rückzahlungen mit der Wiederaufnahme des Betriebs und dem Kredit seitens des Bundes hinterherkommt. Zuletzt hatten Passagiere berichtet, dass sie trotz der Einreichung der Erstattungen vor vielen Wochen noch immer keine Rückmeldung erhalten hätten. Reisebüros hat die Swiss eine Erstattung bis spätestens 30. September versprochen, sofern es keine neue Regelung auf EU-Ebene gäbe. Vermutlich müssen sich auch Privatkunden mindestens so lange bemühen – der Anspruch auf Erstattung bleibt aber auf jeden Fall bestehen.

Fazit zum Ausblick von Thomas Klühr

Dass es auch bei der Swiss keine sofortige Rückkehr zur Normalität geben würde, war bereits zu erwarten. Doch der CEO der Airline hat noch einmal deutlich gemacht, dass es lange dauern kann, bis wieder Normalität eintritt. Auch wenn die neuen Strecken im Juni ein wenig Hoffnung machen, sollte man davon ausgehen, dass die Swiss deutlich kleiner aus der Krise hervorkommt. Immerhin allerdings zeigt die Prognose von Klühr auch, dass der Flugverkehr im nächsten Jahr zumindest im Ansatz wieder so aussehen könnte wie noch vor der Krise.

Autor

Moritz liebt nicht nur Reisen, sondern auch Luxushotels in aller Welt. Auf der Suche nach neuen Erlebnissen hat Moritz schon dutzende Airlines getestet und mehr als 100 Städte erkundet. Auf reisetopia lässt er Euch an seinen Erlebnissen & Tipps teilhaben!

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