Die IATA erwartet eine vollständige Erholung des Luftfahrtsektors erst in gut vier Jahren und widerspricht somit den bisherigen Voraussagen der Fluggesellschaften.
Der weltweite Luftverkehr wird sich erst 2024 von der COVID-19-Krise erholen, wie die International Air Transport Association (IATA) jüngst mitteilte. Und somit ein Jahr später als die zuvor getroffenen Prognosen der Fluggesellschaften.
“Stärke des Aufschwungs ist sehr schwach”
Das Gremium, das 290 Airlines vertritt, machte für die schleppende Erholung eine Reihe von Faktoren verantwortlich, darunter mangelndes Verbrauchervertrauen, den Rückgang des Geschäftsreiseverkehrs und neue Coronavirus-Ausbrüche in den USA und anderswo. Die revidierte Basisprognose geht davon aus, dass der internationale Passagierverkehr im Jahr 2020 im Vergleich zu 2019 insgesamt um 55 Prozent zurückgehen wird. Noch im April hatte die IATA einen Rückgang von nur 46 Prozent vorausgesagt.
Es wird erwartet, dass die Passagierzahlen im nächsten Jahr um 62 Prozent steigen, aber immer noch um fast 30 Prozent im Vergleich zu den Zeiten vor der COVID-Pandemie zurückgehen werden, wobei eine vollständige Erholung auf das Niveau vor der Pandemie erst in vier Jahren zu erwarten ist. “Der Passagierverkehr erreichte im April seinen Tiefpunkt, aber die Stärke des Aufschwungs war sehr schwach”, sagte Alexandre de Juniac, Generaldirektor und CEO der IATA, in einer Erklärung. “Wo wir Besserung gesehen haben, war der Inlandsverkehr.”
Spontane Kehrtwenden verunsichern Reisende
Es überrascht nicht, dass sich der Kurzstreckenflugverkehr schneller erholen dürfte als der Langstreckenflugverkehr, aufgrund des Komfortniveaus der Passagiere, aber auch, weil die internationalen Märkte weitgehend geschlossen bleiben. “Das Vertrauen der Verbraucher ist gedrückt und wird durch die Entscheidung Grossbritanniens vom Wochenende, allen Reisenden, die aus Spanien zurückkehren, eine pauschale Quarantäne aufzuerlegen, nicht gefördert”, sagte de Juniac.
Die britische Regierung hatte am Samstag überraschend eine Kehrtwende in ihrem Reisekorridor Grossbritannien-Spanien vollzogen und mit sofortiger Wirkung die 14-tägige Quarantäne für alle Reisenden, die aus dem beliebten Reiseziel ankommen, wieder in Kraft gesetzt, nachdem die Zahl der Coronavirus-Fälle im Land angestiegen war. Viele britische Urlauber, die kurz nach der Sommerpause der Schulen abgeflogen waren, wurden von der Entscheidung überrascht. Der britische Aussenminister Dominic Raab verteidigte den Schritt und sagte gegenüber Sky News, dass “die Entscheidung so schnell wie möglich getroffen wurde, und wir können uns dafür nicht entschuldigen”.
Aktuell deutet alles auf eine “längere Erholungsphase” hin
Was den Inlandsverkehr der Länder betrifft, so führen Chinas Fluggesellschaften die Erholung an, mit einem Verkehrsrückgang von 35,5 Prozent im Juni im Vergleich zum Zeitraum 2019, gegenüber einem Rückgang von 46,3 Prozent im Mai. Die IATA sagt, dass wissenschaftliche Fortschritte bei der Bekämpfung von COVID-19, einschliesslich der Entwicklung eines erfolgreichen Impfstoffs, eine raschere Erholung ermöglichen könnten. Doch im Moment sieht die Zukunft noch düster aus. “In vielen Teilen der Welt nehmen die Infektionen immer noch zu”, sagte de Juniac. “All dies deutet auf eine längere Erholungsphase und mehr Schmerzen für die Industrie und die Weltwirtschaft hin”.
Angesichts der finanziellen Schwierigkeiten der Fluggesellschaften müssen die Regierungen ihre Hilfsmassnahmen fortsetzen, um den Untergang der Fluggesellschaften zu stoppen, sagte das Gremium der Airlines. “Der Sommer – die arbeitsreichste Saison unserer Branche – vergeht schnell”, sagte de Juniac und fügte hinzu, es gebe “wenig Chancen für einen Aufschwung im internationalen Luftverkehr, wenn die Regierungen nicht schnell und entschlossen Alternativen zu Grenzschliessungen, vertrauenszerstörende Stop-Start-Wiedereröffnungen und nachfragevernichtende Quarantäne finden werden.”
Fazit zu den Prognosen der IATA
Noch nie sah sich der internationale Luftverkehr mit einer solchen Krise konfrontiert, wie der Coronavirus-Pandemie. Dadurch wurden zahlreiche Airlines an den Rand des Abgrunds getrieben, nicht wenige gingen hops. Nun muss die IATA zudem auch noch die Hoffnungen der Fluggesellschaften schmälern, dass sich der Luftverkehr wohl doch erst deutlich später erholen könnte, als von den Airlines selbst prognostiziert. Immerhin können solche Voraussagen den Fluglinien bei den weiteren Planungen helfen, um keine weitere böse Überraschung zu erleben.