Seit Mai 2023 ist es offiziell: ITA Airways wird zur Lufthansa übergehen. Alleinig die Freigabe der EU-Kommission steht aus, ehe der Kranich die italienische Fluggesellschaft übernehmen darf – und genau diesbezüglich gibt es aktuell dunkelorangenes Licht.
Vor einer Woche beantragte Lufthansa gemeinsam mit Italien die Genehmigung für die Übernahme von ITA Airways bei der EU-Kartellbehörde. Einstweilen überprüft die Kommission, ob dadurch ein Wettbewerbsnachteil für andere Fluggesellschaften entstehen könnte. In diesem Zusammenhang wurden bereits kritische Strecken und Überschneidungen festgemacht, wie airliners berichtet.
Fairer Wettbewerb muss garantiert werden
Im Zuge des Einstiegs bei ITA Airways muss die Lufthansa gewisse Auflagen einhalten, sodass ein fairer Wettbewerb gewährleistet werden kann. Seit Monaten wird die Übernahme durch die Lufthansa von der EU-Kartellbehörde blockiert. Nun werden potenzielle Überschneidungen auf diversen Verbindungen überprüft. Die erste Phase der Prüfung läuft aktuell bis zum 15. Januar 2024. Bis dahin hat EU-Wettbewerbskommissar Didier Reynders die Option, die Übernahme unter entsprechenden Auflagen freizugeben, oder eine detailliertere Untersuchung einzuräumen. Sollte es zu einer zweiten Untersuchungsphase kommen, hätte die EU-Kommission zusätzliche 90 Tage Zeit, um den Antrag zu prüfen. Für ITA Airways wird es jedoch zeitlich eng, denn die finanziellen Ressourcen können in Hinblick auf umsatzschwache Winter rasch schwinden.
Der italienischen Zeitung Corriere della Sera zufolge identifizierte die EU-Kartellbehörde im Zuge der Durchleuchtung bereits sechs Monopolstrecken:
- Mailand – Frankfurt
- Mailand – Stuttgart
- Mailand – Düsseldorf
- Rom – Frankfurt
- Rom – München
- Rom – Zürich
Zudem wurden durch die Fusion von ITA und Lufthansa marktbeherrschende Stellungen auf den Strecken Mailand – Brüssel, Rom – Brüssel und Mailand – Hamburg festgestellt. Die Anteile des Sitzplatzangebots belaufen sich zwischen 65 und 95 Prozent, wie aero berichtet.
Überdies wurden fünf zusätzliche kritische Punkte erfasst, die der EU-Kommission ein Dorn im Auge sind. Dabei handelt es sich um innereuropäische Flüge, einige Interkontinentalflüge, Fracht, einige Wartungsarbeiten und Bodendienste. Die Fusion der italienischen Fluggesellschaft und der Kranichairline könnte weiters durch eine geringfügige Überschneidung auf dem Frachtmarkt gestört werden. Zudem könnten potenziellen Tätigkeiten der Lufthansa bei anderen Dienstleistungen, wie Wartung und Abfertigung, zu einer Hürde führen.
Darüber hinaus wurden die Überschneidungen von ITA- und Lufthansa-Langstreckenflügen nach Nordamerika, Asien und Afrika genannt. Brüssel schnürte bereits ein Massnahmenpaket, welches vom Kranich fordert, Langstrecken ab Frankfurt und München zu reduzieren, was den Konzern natürlich nicht erfreut. Durch die Reduktion von Lufthansas Nordamerika- und Asien-Strecken ab Frankfurt und München soll einer zu mächtigen Stellung der Lufthansa im Transatlantikverkehr vorgebeugt werden. Der Kranich möchte vorerst 41 Prozent von ITA übernehmen. Sollte grünes Licht aus Brüssel folgen, könnte die Gruppe ab 2025 90 Prozent der Anteile erlangen. Bis 2033 plant Italien vollständig bei ITA ausgestiegen zu sein.
ITA verkündete indessen, ihre Route Mailand – New York einzustellen. Die italienische Fluggesellschaft möchte sich bezüglich Langstrecken fortan auf ihr Drehkreuz in Rom konzentrieren. Per 8. Januar 2024 soll die Strecke nicht mehr bedient werden, wie One Mile at a Time berichtet.
Fazit zur Durchleuchtung der Kommission
Die Akte zur Übernahme von ITA Airways durch die Lufthansa ist inzwischen in Brüssel eingelangt. Nun prüft die EU-Kommission konkrete Strecken der beiden Fluggesellschaften. Es wurden bereits Überschneidungen und Knotenpunkte erkannt. Zudem fordert die Kommission von der Kranichairline, wichtige Langstrecken ab Frankfurt und München nach Nordamerika und Asien zu reduzieren. Die erste Phase der Prüfung läuft bis Mitte Januar 2024. Es bleibt spannend, ob diese Zeit ausreicht.