In einer Studie hat Greenpeace die Zug- und Bahnpreise analysiert und fordert nun die Einführung der Kerosinsteuer
Wer mit der Bahn reist, zahlt drauf. Laut einer neuen Greenpeace-Studie, bei der 112 Strecken zu jeweils mehreren Buchungszeitpunkten verglichen wurden, kostet die Reise mit der Bahn im Vergleich zum Flugzeug 71 Prozent mehr. Mit Veröffentlichung der Studie fordert Greenpeace deshalb die Einführung einer Kerosinsteuer von 0,48 Schweizer Franken pro Liter. Die Deutsche Bahn und der Interessenverband Allianz pro Schiene üben nun gegenüber der Tagesschau Kritik an der Studie.
Bahn teurer als Inlandsflüge
In ihrer neuen Studie hat Greenpeace nicht nur die Zugverbindungen ins Ausland untersucht. Unter den 112 Strecken sind auch sechs Verbindungen mit Start- oder Endpunkten in der Schweiz. Dank der zentralen Lage in Europa und der hohen Qualität des Schweizer Schienennetzes könnten beinahe alle Länder von der Schweiz aus mit dem Zug erreicht werden, so die Studie. Die Schweiz habe ausserdem den geringsten Anteil an Billigflug-Airlines. Die Studie fand heraus, dass die Bahnen von Zürich nach Berlin oder Wien immer günstiger sind, als ein Flug in die Hauptstädte der Nachbarländer. Auf den Routen Basel-Zagreb, Brüssel-Basel und Genf-Paris sei je nach Zeitpunkt der Buchung der Zug oft günstiger, bei kurzfristiger Buchung ist das Flugticket preiswerter.
Besonders auf den internationalen Routen seien Züge aber wesentlich kostenspieliger. Die teuerste Schweizer Zugstrecke ist laut der Studie Zürich-Madrid: Im Durchschnitt kostet der Zug hier 358,50 Franken mehr als der Flug. International ist der Unterschied mit einer Reise von Barcelona nach London am grössten. Für nur 12,53 Franken kann man ein Flugticket erwerben, der Zug kostet bis zu 357,16 Franken.
Bahn kritisiert Studie
Die Deutsche Bahn sieht in der Studie einige Punkte nicht berücksichtigt, so die Tagesschau. Bei einer Bahnfahrt müsse kein Gepäck bezahlt werden und auch die Mitnahme von Fahrrädern und Kindern sei günstiger. Ausserdem würden Reisende den Transport vom Flughafen ins Stadtzentrum sparen.
Die Argumentation der Bahn kritisiert wiederum der Leiter Verkehrspolitik der Allianz pro Schiene, Andreas Geissler. Der Ausbau der Schiene ginge nicht schnell genug voran und auch die mühselige Ticketbuchung bei internationalen Fahrten mache es Reisenden schwer. Die Umweltbilanz der Zugfahrten nach Deutschland verschlechtere sich ausserdem durch die wenigen elektrifizierten Eisenbahngrenzübergänge von Deutschland ins Ausland. Am Grenzübergang würde deshalb die ICE-Lok mit einer Diesel-Lok ausgetauscht werden, so Geissler im Gespräch mit der Tagesschau. Dennoch seien Züge umweltfreundlicher.
Die EU-Kommission plant deshalb aktuell die Anzahl der Hochgeschwindigkeitszüge bis 2030 zu verdoppeln und bis 2050 sogar zu verdreifachen. Zukünftig könnten so Zugreisen attraktiver als Flüge werden.
Kommt die Kerosinsteuer?
Da laut Studie Bahnfahrten weiterhin teurer sind als Flugreisen, fordert Greenpeace eine Kerosinsteuer von 0,48 Franken pro Liter einzuführen. Die würde jährliche Einnahmen in Höhe von 44,56 Milliarden Franken bringen, die zum Ausbau einer zuverlässigen Bahninfrastruktur und bezahlbaren Bahntickets beitragen könnten.
Bereits 2021 plante die EU die Einführung der Steuer ab 2023. Es wurde aber befürchtet, dass hiesige Fluggesellschaften durch die Einführung einer Kerosinsteuer woanders tanken, heisst es in einem MDR-Artikel. Ein Flug könne dann für eine Airline billiger werden, wenn man einen Umweg zum Tanken nimmt und zwischenlandet. Ausserdem werden Passagierflugzeuge durch die Flugticketabgabe bereits versteuert und die EU verpflichtet alle Airlines bis 2025 zur Beimischung nachhaltiger Kraftstoffe.
Fazit zur Greenpeace-Studie
In der kürzlich veröffentlichten Studie vergleicht Greenpeace die Zug- und Flugpreise in Europa. In Deutschland sind innerdeutsche Zugtickets im Schnitt rund 51 Prozent teurer als ein Flug. Geht die Reise ins europäische Ausland, zahlen Zugreisende im Schnitt 71 Prozent drauf. Die Bahn kritisiert die Studie. Laut ihr würden die Kosten für Gepäck, Kindermitnahme und dem Hin- und Rückweg zum Flughafen fehlen. Der Leiter Verkehrspolitik der Allianz pro Schiene, Andreas Geissler, sieht den Fehler auch bei der Deutschen Bahn. Er kritisiert die Bahn für ihr schlecht ausgebautes Netz, komplizierte Buchungsverfahren im Ausland und ihre unökologischen Praktiken. Im Zuge der Veröffentlichung hatte Greenpeace ausserdem die Einführung einer Kerosinsteuer von 0,48 Franken pro Liter gefordert, um den Bahnausbau voranzutreiben.