Am Wochenende noch waren es erste interne Informationen, die durchsickerten, nun wird es konkreter. Die Muttergesellschaft von Korean Air – Hanjin Kal – hat verkündet, dass sie eine grosse Beteiligung an der schwer angeschlagenen Asiana Airlines erwerben möchte. Der Deal muss nur noch abgeschlossen werden.
Seitens der koreanischen Fluggesellschaft Asiana Airlines erreichen uns in den letzten Monaten düstere Nachrichten. Bereits vor der Pandemie war die Airline lange am Straucheln und suchte nach Investoren, um die Lage wieder in den Griff zu bekommen. In Vor-Krisenzeiten bestand da noch grosses Interesse vieler potenzieller Investoren – doch die Corona-Pandemie liess eine geplante Übernahme durch die Hyundai Development Company scheitern. Nun scheinen die Ambitionen der Muttergesellschaft der Korean Air – Hanjin Kal – eine Beteiligung an der angeschlagenen Asiana zu erwerben immer konkreter zu werden. Vor wenigen Tagen berichtete Reuters noch über mögliche Pläne einer solchen Übernahme, heute veröffentlicht Simpleflying einen Artikel, in dem der Anteilskauf so gut wie sicher scheint.
Komplexe Konstellation und eine mögliche Fusion
Es gab bereits einige Versuche, das Star Alliance Mitglied Asiana Airlines zu retten, denn bereits Monate vor der Krise sah die finanzielle Lage der Fluggesellschaft düster aus. Der Einbruch des Flugverkehrs durch die Corona-Pandemie verschärfte die Situation der Airline weiter. Nun tut sich wieder etwas in Sachen Rettung der Asiana. Interessent ist dabei ausgerechnet Hanjin Kal, die Muttergesellschaft des einzigen anderen Full Service Carriers Südkoreas – Korean Air. Nach ersten Spekulationen am Wochenende, hat Korean Air sich nun deutlich geäussert, dass sie die Asiana Anteile erwerben möchte und damit zum grössten Anteilseigner der Airline wird.
Korean Air decided to acquire Asiana Airlines after much consideration and deliberation in order to pursue its founding mission to contribute to the nation through transportation. Following its mission, the carrier will ensure job security for employees at both airlines as well as relevant industries and support the development of Korea’s aviation industry.
Pressemitteilung von Korean Air
Doch der Plan, der hinter dem Anteilskauf steht, klingt zunächst etwas abstrakt. Hanjin Kal zieht Medienberichten zufolge in Erwägung im Rahmen des Deals neue Aktien auszugeben, um für rund 1,35 Milliarden Dollar die 30,8 prozentige Beteiligung an Asiana zu erwerben, die aktuell von dem Bauunternehmen Kumho Industrial Co Ltd. gehalten wird. Die neuen Aktien, die dabei von Hanjin Kal ausgegeben würden, sollen der Holding nicht nur zu den finanziellen Mitteln zur Anteilsübernahme verschaffen, sondern dabei zum Grossteil gezielt von der Korean Development Bank gekauft werden, damit diese im Umkehrschluss einen Mehrheitsanteil bei Hanjin Kal erhält. Um diesen Deal in der Form abschliessen zu können, wird erwartet, dass Hanjin Kal noch diese Woche eine Absichtserklärung (“Letter of intent”) an die Korean Development Bank richten wird.
Hanjin Kal würde der Deal einige Vorteile verschaffen. Denn mit Anteilen an Asiana würde zum einen ein Konkurrent indirekt näher an die eigene Airline herangerückt. Zum anderen würde Hanjin Kal mit der Korean Development Bank (KDB), welche unter anderem eine der Gläubiger Asianas ist, einen wichtigen Verbündeten gegen einen gemeinsamen Kontrahenten finden.
From Hanjin Kal’s standpoint, it could find no better ally than KDB. […] And if the two airlines merge, the country’s aviation industry also benefits from the consolidation as too often there has been more supply than demand.
Um Kyung-a, Analystin bei Shinyoung Securities
Einen Verbündeten unter ihren eigenen Anteilseignern zu haben, würde der Holding Hanjin Kal sehr gut gelegen kommen. Denn zwischen Hanjin Kal, der Muttergesellschaft von Korean Air und einem ihrer hauptstimmberechtigten Anteilseigner, dem Korea Corporate Governance Improvement Fund, (KCGI) gibt es nämlich seit mehreren Monaten Auseinandersetzungen über die Ausübung der Geschäftsführung des Unternehmens. KCGI ist dabei der Meinung, dass Hanjin Kal eine andere und professionellere Leitung der Korean Air einsetzen sollte, während die Holding selbst an der Gründerfamilie festhält, die in den letzten Jahren bereits mehrfach durch Skandale aufgefallen ist.
Bedeutung des Anteilskaufs für Asiana und die koreanische Luftfahrt
Bei all diesen Parallelkonflikten, ist es einfach zu vergessen, was wirklich der Gegenstand der Verhandlungen ist. Insbesondere auch, weil die Asiana und die Kumho Industrial Co Ltd., um deren Beteiligung es bei dem möglichen Deal geht, sich noch nicht konkret zu diesen Vorgängen geäussert haben. Es ist allerdings wichtig, dass etwas geschieht, nachdem die eigentlich geplante Übernahme durch die Hyundai Development Company gescheitert ist. Schliesslich hängen an der Airline über 9’000 Jobs, die in der jetzigen Lage mehr als gefährdet sind. Daher sollte der geplante Anteilskauf auch aufseiten der Asiana oder zumindest der Belegschaft eine Erleichterung darstellen. Korean Air sieht nämlich selbst auch eine Verantwortung für diese Jobs und die langfristige Stabilisierung des koreanischen Flugverkehrs. Sie wollen durch den Anteilskauf die koreanische Luftfahrt im weltweiten Vergleich wettbewerbsfähiger werden, da durch die Konsolidierung Skaleneffekte und Effizienzsteigerungen möglich sind sowie mehr Slots an den Flughäfen der Welt zur Verfügung stehen.
Interessant ist auch zu sehen, dass die Öffentlichkeit einem solchen Anteilskauf eher positiv gegenübersteht. Seit die ersten Nachrichten am Wochenende durchgesickert sind, ist der Börsenwert von Asiana um 28,7 Prozent gestiegen. Der von Korean Air immerhin auch um 8,4 Prozent.
Ob es zukünftig also weiterhin zwei grosse internationale Fluggesellschaften in Südkorea geben wird, steht damit in den Sternen. Die Tendenz der bisherigen Nachrichtenlage spricht eher dagegen. Klar ist nämlich, dass Korean Air nach einer Übernahme von fast einem Drittel des Konkurrenten vermutlich eine Fusion oder zumindest eine Koexistenz ohne grosse Konkurrenz anstreben würde. Auch eine spätere komplette Übernahme der Asiana wäre dann mehr als denkbar, insbesondere mit Blick darauf, dass die Erholung des Marktes vermutlich noch Jahre dauern wird und beide Airlines lange mit Überkapazitäten kämpfen werden. Das würde in der Konsequenz auch bedeuten, dass die Star Alliance vermutlich ein Mitglied verlieren würde, denn Korean Air gehört zur Allianz Skyteam.
Fazit zum möglichen Asiana-Anteilskauf durch Hanjin Kal
Die Sachlage rund um den möglichen Kauf der Asiana Beteiligung durch die Muttergesellschaft von Korean Air scheint ausserordentlich komplex zu sein. Denn selbstverständlich gibt es eine Reihe von Gründen, weshalb eine Holding viel Geld in die Hand nimmt, um Anteile an einer angeschlagenen Airline erwerben zu wollen. Hier geht es offenkundig zum einen um die Übernahme der Konkurrenz der Airline aber auch, um die Machtverhältnisse und Stimmrechte innerhalb der Holding neu auszuloten. Dass es bei allen Verhandlungen, um jegliche Form der Rettung der Asiana im Endeffekt aber auch um viele Arbeitsplätze geht, scheint eher ein hintergründiger Diskussionspunkt zu sein. Jetzt wird die Übernahme allerdings durch eine Pressemitteilung von Korean Air immer konkreter und noch diese Woche sollen erste Absichtserklärungen verschickt werden. Es kann also gut sein, dass Asiana schon bald mehrheitlich im Besitz von Korean Air ist.