Die Chefs der grossen Fluggesellschaften fühlen sich in puncto Nachhaltigkeit von der Politik allein gelassen. Das war Hauptthema der 80. IATA Jahreshauptversammlung in Dubai.

Nachhaltigkeit hält immer mehr in allen Branchen Einzug – so auch in der Luftfahrt. Allerdings benötigt es die Zusammenarbeit verschiedener Ebene, um einen Unterschied zu machen. Diese fehlt den Chefs grosser Fluggesellschaften – sie werfen der politischen Spitze der Europäischen Union (EU) zu wenig Kooperation vor, wie fvw TravelTalk berichtet.

Das Wichtigste in Kürze

  • Airline-Chefs bemängeln die fehlende politische Unterstützung bei der Nachhaltigkeitsstrategie der Luftfahrt
  • Zu viele Abgaben, Steuern und Auflagen hindern das Vorankommen
  • Um das Netto Null Ziel zu erreichen, müsste sich die SAF Produktion bis 2050 um den Faktor 1000 erhöhen

Zuckerbrot und Peitsche aus der Politik

Nachhaltige Flugzeugtreibstoffe, sogenannte Sustainable Aviation Fuels (SAF), sind ein grosser Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategie, um die CO₂-Reduktion in der Luftfahrt zu erreichen. Bis zum Jahr 2050 will die Branche laut dem Luftfahrtverband IATA die Zielvorgabe von Netto Null ansteuern, doch schätzt diese Chancen immer geringer ein. Grund dafür ist die fehlende Unterstützung seitens der Politik. Auflagen, Abgaben und Steuern hindern laut der Airline-Chefs den Fortschritt.

Nachhaltigkeit Beim Fliegen
Die Luftfahrt erhält zu wenig Unterstützung von der Politik

IATA-Chef Willie Walsh sagt, die Politik liesse die Branche mit der Herausforderung, die Luftfahrt nachhaltig zu gestalten, allein. Die Führungs-Spitzen der Airlines wählen den Vergleich von Zuckerbrot und Peitsche für die Herangehensweise der Politik. Neben Einschränkungen in Form von Abgaben und Steuern fehlt es an Fördermitteln, um die SAF-Produktion voranzutreiben und genügend nachhaltigen Treibstoff herstellen zu können. Anfang des Jahres wurde endlich die Förderung für ein SAF-Forschungsprojekt in Deutschland gesichert.

Doch um ihr Netto Null Ziel zu erreichen, ist deutlich mehr SAF nötig:

We need to increase SAF production by a factor of 1000 by 2050 – this is a huge challenge that the industry cannot tackle alone.

Marie Owens Thomsen, Chefökonomin der IATA

SAF lohnt sich nicht für Konzerne

Damit SAF weiter an Bedeutung gewinnen kann, müssen sich auch auf wirtschaftlicher Ebene einige Dinge ändern. Aktuell seien die Kosten laut Tim Clark, Präsident von Emirates, um ein fünffaches höher als regulärer Treibstoff. Clark sieht also zuerst den notwendigen Schritt, die Kosten zu senken. Ansonsten verdienen grosse Konzerne nicht genug mit dieser Alternative und ziehen konventionelle Treibstoffe in der Produktion vor.

Nachhaltigkeit 2
Bis 2050 hat sich die Luftfahrt das Ziel von Netto Null gesteckt

Bereits Ende März sprach der Lobbyverband Airlines For Europe (A4E) eine Warnung aus, dass Europa nicht genügend SAF produziere, um die gesteckten Ziele zu erreichen. Dabei wird ab nächstem Jahr bereits eine grössere Menge SAF nötig sein, da ein gewisser Beimischungs-Anteil von zwei Prozent ab 2025 zur Pflicht wird.

Nicht nur in Europa gestaltet sich die nötige SAF-Produktion schwierig. Auch der IATA-Afrika-Chef Kamil Al-Awadhi blickt pessimistisch in die Zukunft:

I don’t expect SAF production in Africa before I retire.

Kamil Al-Awadhi, IATA-Afrika-Chef

Ein Bericht hatte Anfang Mai bereits aufgezeigt, dass es neuer Strategien bedarf, um das Netto Null Ziel weiterhin bis 2050 erreichen zu können. Anhand einer Analyse von innovativen Antrieben wurde sichtbar, dass keine aktuelle Technologie für die klimaneutrale Luftfahrt bis 2050 ausreicht.

Autorin

Wenn Ricarda auf Reisen ist, fühlt sie sich am lebendigsten. Infiziert vom Reisefieber wurde sie im Jugendalter durch ein Auslandsjahr in den USA. Egal ob mit dem Van, Backpack, Boot oder im Hotel: Sie ist immer bereit für ein neues Abenteuer, gerne auch mit viel Adrenalin. Nach ihrem Journalismus-Studium kann sie bei reisetopia ihre beiden Leidenschaften voll ausleben und versorgt Euch mit spannenden News.

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