Seit einigen Monaten fliegen manche Lufthansa Maschinen mit dem Allegris-Produkt. Höhere Preise für die Flüge lassen sich gleichzeitig aber nicht beobachten – zumindest nicht in der Business Class.

Dass die Lufthansa mit der Einführung eines neuen Produktes nicht nur den Passagierkomfort, sondern natürlich auch die Erträge im Blick hat, dürfte niemanden überraschen. In diesem Kontext hat sich von Anfang an gezeigt, dass die deutlich geräumigere Lufthansa Allegris First Class preislich in neuen Sphären (f)liegen soll. Bei der Business Class sieht das anders aus, wie ein Blick auf das Preisgefüge zeigt. Der Hintergrund könnte allerdings ein anderer sein als das neue Bordprodukt.

Kein Aufpreis für Allegris oder Senses Business Class

Die Lufthansa ist mittlerweile schon mehr als ein halbes Jahr mit dem vollständigen Allegris-Produkt unterwegs und anfangs wurden der Airline die Tickets für die Routen mit neuem Produkt förmlich aus der Hand gerissen. Viel übrig ist davon nach einigen Monaten Regelbetrieb nicht mehr, findet man doch sowohl für die Business Class als auch für die neue First Class im Grunde auf allen Routen selbst kurzfristig problemlos Verfügbarkeiten. Auch auf der neuen Swiss Route nach Boston gilt dies sogar für die ersten Flüge:

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Spannender ist allerdings ein Blick auf die Preise, denn in der Business Class kann von einem Allegris-Aufschlag keine Rede mehr sein. Auf fast allen von uns getesteten Strecken zeigt sich dabei dasselbe Bild: Flüge mit Allegris über München sind insbesondere bei Umsteigeverbindungen entweder genauso teuer oder sogar günstiger als andere Verbindungen via Frankfurt oder München:

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Selbst bei Direktflügen zeigt sich ein identisches Bild, kostet Allegris hier doch etwa nicht mehr als eine Verbindung mit United oder auch eine Verbindung über Frankfurt:

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Genauso sieht es im Übrigen mit dem Swiss Senses Produkt aus, das ebenfalls problemlos an vielen Tagen zu identischen Preisen buchbar ist wie die anderen Verbindungen mit der Lufthansa. Meilenverfügbarkeiten zu finden ist im Übrigen für die Allegris oder Senses Business Class ebenfalls kein Problem, echte Unterschiede lassen sich nicht erkennen.

Nun mag man vermuten, dass dies mit dem transatlantischen Joint Venture zu tun hat, allerdings zeigen andere Beispiele ein ähnliches Bild. Immerhin: Anders als nach Nordamerika sind die Allegris-Flüge an einigen Tagen tatsächlich teurer als die jeweils günstige Verbindung.

Die Relevanz von Frankfurt schlägt die Qualität von Allegris

Es zeigt sich bei den Recherchen allerdings sogar noch ein anderer Effekt. Immer wieder fällt nämlich auf, dass die Direktflüge mit dem Allegris-Produkt entweder die günstigste oder zumindest nicht die teuerste Option sind. Letztere hat sich bei unseren Recherchen fast immer auf der Frankfurt-Route gefunden, wie dieses Beispiel für Flüge von München nach Kapstadt zeigt:

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Ein ähnliches Bild zeigt sich auch auf den Verbindungen nach Shanghai und Tokio, wo Allegris in vielen Fällen nicht die günstigste Option ist. Vielmehr findet man teilweise Verbindungen mit Austrian Airlines, Swiss oder auch Star Alliance Partner ANA, die niedriger bepreist sind. Ein gutes Beispiel wäre etwa eine Verbindung von Berlin nach Tokio:

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Was dabei auffällt: Die Verbindung via Zürich ist signifikant günstiger als die Allegris-Variante über München. Die Verbindung via Frankfurt ist allerdings noch einmal minimal teurer, sowohl in der Business Class als auch in der First Class. Eben jenes Beispiel lässt sich an Dutzenden Daten auf zahlreichen Strecken replizieren.

Der Hintergrund scheint klar: Auf den Maschinen ab Frankfurt werden deutlich weniger Sitze in den günstigeren Buchungsklassen freigegeben oder sind bisher nicht gebucht als in den Maschinen ab München. Entsprechend sind die Preise via Frankfurt, egal ob per Direktflug oder bei einer Umsteigeverbindung, höher als die via München. Das Allegris-Produkt scheint daran nichts ändern zu können.

Höhere Preise könnten in der Zukunft kommen

Dass eher der Hub München das Problem ist und weniger das Produkt, sollte dabei Sorge bereiten. Immerhin sollen bis Ende des Jahres endlich erste Boeing 787-9 Maschinen mit der neuen Allegris Business Class nach Frankfurt kommen, was potenziell erste Preissprünge auf den entsprechenden Routen bedeuten dürfte.

Lufthansa Allegris Kabine Layout
Weniger Sitze in den Allegris-Maschinen könnten die Preise nach oben treiben

Dazu kommt ein weiteres Thema, das eine Rolle spielen dürfte: Zumindest bei der Lufthansa ersten die Maschinen mit Allegris teilweise Jets, die eine höhere Kapazität in der jeweiligen Reiseklasse aufweisen. In München sieht man diesen Effekt glücklicherweise bislang nicht, obwohl hier die neuen Airbus A350-900 (38 Business Class Sitze) teilweise Maschinen vom Typ Airbus A340-600 (44 Business Class Sitze) ersetzen.

In den nächsten Monaten dürfte sich dieser Effekt vergrössern, denn einzig ausgewählte Airbus A350 mit 30 Sitzen in der Business Class und Airbus A340-300 mit derselben Anzahl an Sitzen haben weniger Plätze als die neuen Allegris-Maschinen. Alle anderen Jets, die potenziell durch Maschinen mit Allegris ersetzt werden, haben eine grössere Kapazität. Das gilt in Frankfurt, wo die Boeing 787-9 mit gerade einmal 26 Sitzplätzen abheben wird, noch stärker als in München.

Lufthansa Boeing 787 9
Die neuen Boeing 787 weisen besonders wenige Business Class Sitze auf

Die Umstellungen in der Flotte in den nächsten Jahren sollten allerdings generell einen Trend zeigen, denn im Schnitt werden sowohl die Airbus A350, die ab München abheben, als auch die Boeing 787-9 sowie später dann auch Boeing 777X, die in Frankfurt starten, weniger Business Class Sitze haben als ihre Vorgänger. Sei es durch eine Umrüstung bestehender Maschinen oder durch die Ausflottung älterer mit besonders hoher Kapazität, etwa der Boeing 747.

Verknappung durch Allegris sorgt für steigende Preise

Wie das aussehen könnte, zeigt schon heute die Lufthansa Allegris First Class. Dort sind die günstigsten Buchungsklassen im Grunde fast gar nicht mehr verfügbar, sodass die Preise oft bei dem Doppelten dessen liegen, was für andere Verbindungen in der First Class fällig wird. Dass die Buchung mit Meilen zudem gar nicht möglich ist, zeigt, wie sehr man mit dem neuen Produkt eine Verknappung des Angebots erreichen möchte.

So schlimm wird es in der Business Class mit Allegris und Senses gleichwohl sicher nicht, denn dort sinkt die Zahl der Sitzplätze in der Business Class zwar pro Maschine im Schnitt etwas, allerdings in der Summe nur marginal. Bei der Swiss geht man sogar den Weg, dass viele der neuen Allegris-Maschinen mit einer höheren Prozentzahl an Premium-Sitzen daherkommen als bislang.

Lufthansa Allegris First Class Suite Aussen
In der First Class sind Allegris-Flüge deutlich teurer


Gewisse Preiserhöhungen durch das knappere Angebot an Allegris und Senses Business Class Plätzen dürfte also in den kommenden Jahren, insbesondere mit einer breiten Einführung in Frankfurt, kommen. Allzu schlimm wird sie vermutlich aber nicht, auch weil der Wettbewerb in der Business Class schlicht deutlich grösser ist. Viele Konkurrenten dürften bis dahin zudem auch schon noch einmal weiterentwickelte Sitze im Angebot haben. Ein Allegris-Aufpreis lässt sich spätestens dann wohl kaum mehr rechtfertigen.

Ein Trostpflaster bleibt für die Lufthansa: Das neue Sitzkonzept ist für die Wahl der wirklich attraktiven Sitzplätze mit einem nicht zu vernachlässigenden Aufschlag verbunden. Heisst konkret: Vielleicht kann das Ticket selbst nicht teurer verkauft werden als bislang, dafür sind allerdings auch die Zusatzeinnahmen höher.

Autor

Moritz hat sich über die Jahre ein enormes Wissen über Finanzprodukte, Loyalitätsprogramme und Luxusreisen angeeignet. Für Luxushotels, First Class Flüge sowie die Details von Kreditkarten, Tagesgeldkonten und mehr ist Moritz genau der richtige Ansprechpartner!

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