Die Krise rund um das Coronavirus hat zweifelsfrei die Welt verändert – das gilt auch für Flugpreise, denn die Zeit der Schnäppchen scheint vorbei. Das “New Normal” dürfte hier manch einen von Reisen abhalten.
Wenn man vom sogenannten “New Normal” spricht, dann geht es meist um die Arbeitswelt oder andere tiefgreifende Veränderungen, welche in den letzten Jahren vonstattengegangen sind. Doch auch in der Welt der Reisen hat sich viel verändert, wobei für Verbraucher nicht unbedingt im positiven Sinne. Vielmehr ist die neue Normalität geprägt von höheren Preisen für weniger Leistung, oft verstärkt durch Personalmangel und etwa Begrenzungen bei den Flugbewegungen. Allzu viel Hoffnung auf Besserung sollte man leider nicht haben – im Gegenteil.
Ein Wochenendtrip für 500 Franken pro Person
Die Welt der Flugpreise war schon immer kompliziert und schwer zu durchschauen. Nicht umsonst gab es über Jahre immer wieder viele “Geheimtipps” rund um Buchungen unter der Woche statt am Wochenende oder das Löschen von Cookies im Browser. Doch viel wichtiger als all das ist zweifelsfrei das sogenannte Revenue Management der Fluggesellschaften, das über die Jahre immer weiter professionalisiert wurde. Für die Airlines geht es darum, bei einem Flug jeden Platz idealerweise zu dem Preis zu verkaufen, der maximal möglich ist, ohne dass am Ende ein Sitzplatz in der Maschine freibleibt. Dies führt gerade in der neuen Normalität zu teils fast schon absurd anmutenden Preisunterschiedungen zwischen Flügen mit attraktiven und weniger attraktiven Flugzeiten – teils geht es hier um viele hundert Franken.
Natürlich gab es das auch schon vor der Krise rund um das Coronavirus, doch mit der Verknappung des Angebots bei teils sogar höhere Nachfrage sind die Effekte noch einmal krasser geworden. So kostet ein Wochenendtrip mit attraktiven Flugzeiten (beispielsweise einem Hinflug am Freitagabend und einem Rückflug am Sonntagabend) ab vielen deutschen Airports mittlerweile auch gut und gerne 500 Franken oder mehr pro Person. Dabei handelt es sich teilweise sogar um den Betrag, der ohne Gepäck oder eine Sitzplatzreservierung fällig wird. Selbst bei einem Billgflieger wie Ryanair findet man mittlerweile teils Preise von 400 Franken und aufwärts für einen Hin- und Rückflug – wohlgemerkt nicht bei einer spontanen Buchung. Das verbesserte Revenue Management dürfte zudem in den nächsten Monaten und Jahren ein Grund sein, warum die Preise eher weiter steigen denn sinken werden.
Günstiger in die USA als nach Lissabon
Noch krasser sind die Effekte dieser smarten Steuerung der Preise an langen Wochenende. Wer beispielsweise am Osterwochenende, über den 1. Mai oder am Pfingstwochenende eine Reise unternehmen und die Feiertage ideal nutzen möchte, zahlt für einen Flug in die Sonne auch mal 700 Franken oder mehr hin und zurück. Dabei geht es dann oft keineswegs um Direktflüge inklusive Gepäck, sondern beispielsweise auch Umsteigeverbindungen mit easyJet. Wer direkt fliegen möchte, kommt gut und gerne auch mal der 1’000 Franken-Marke nahe – wir sprechen übrigens immer noch von der Economy Class. Zwar gab es solche Ausreisser auch früher schon und natürlich waren die Preise seit jeher zu besonders beliebten Flugzeiten deutlich höher, doch dass die Flugpreise durch die Bank auf fast allen Strecken an beliebten Daten komplett durch die Decke geben, ist zweifelsfrei neu.
Während die Flugpreise sicherlich durch die Bank gestiegen sind, zeigt sich das besondere Extrem des Anstiegs doch bei Flügen auf dem Kontinent – hier scheint auch die Monopolstellung der grossen Airlines eine immer grössere Rolle zu spielen. Wer beispielsweise vom 28. April bis 1. Mai von München nach New York fliegt, der bezahlt für eine Verbindung mit einem kurzen Umstieg gerade einmal 400 Franken – das günstigste Ticket nach Lissabon liegt dagegen bei 450 Franken. Das mag ein Extrembeispiel sein, doch es gibt in der neuen Normalität immer mehr Einzelfälle, bei denen Langstreckenflüge günstiger sind als Verbindungen innerhalb von Europa. Zwar sind gerade in Ferienzeiten die Flüge in die USA ebenfalls recht hoch bepreist, doch hier zeigt sich die starke Konkurrenzsituation – die Zahl der Flugbewegungen ist fast wieder auf demselben Niveau wie vor Corona – vielmehr als auf Strecken in Europa, wo auf vielen Strecken noch weniger Maschinen unterwegs sind als vor der Pandemie.
Wenig Hoffnung auf sinkenden Preise
Hoffnung auf Besserung sollte man dabei nicht haben – im Gegenteil. Die Dominanz von wenigen Fluggesellschaften nimmt nämlich immer mehr zu. Die International Airlines Group mit Airlines wie Aer Lingus, British Airways und Iberia hat zuletzt die Übernahme von Air Europa finalisiert, die Lufthansa will in den nächsten Monaten ITA Airways aus Italien übernehmen und auch TAP Portugal gilt als Übernahmekandidat. Die sogenannten Billigfluggesellschaften werden ebenfalls immer grösser und mächtiger, sodass man nicht davon ausgehen sollte, dass Ryanair, easyJet oder Wizz Air für niedrigere Flugpreise sorgen werden. Vielmehr scheint man sich am Himmel über Europa darüber zu freuen, dass man die Tickets auch zu hohen Preisen losbekommt. Ähnlich wie in den USA sollte man sich auch in Europa auf ein die Preise diktierendes Oligopol aus fünf bis zehn Fluggesellschaften freuen, die den Kuchen unter sich aufteilen.
Dieser Kuchen dürfte mit Blick auf die Flugbewegungen über die Jahre auch eher kleiner werden, denn Airports wie Amsterdam planen bereits die Verknappung der Kapazitäten. An anderen Fluggesellschaften erscheint eine Erweiterung der Flugbewegungen zumindest unwahrscheinlich, was bei steigender Nachfrage weitere preistreibende Effekte haben sollte. Natürlich wird es weiterhin Saisonalität geben und es wird sicherlich hier und da auch ein neuer Konkurrenz sein Glück versuchen und zeitweise für niedrigere Preise sorgen, doch es wird immer klarer, dass Flüge im “New Normal” deutlich teurer werden – insbesondere auf Verbindungen innerhalb von Europa.
Wie ist Euer Eindruck von der Entwicklung der Flugpreise in den letzten Monaten? Habt Ihr Hoffnung, dass die Preise in den nächsten Monaten wieder sinken?