Trotz anhaltender Krise möchte die Holdinggesellschaft International Airline Group die spanische Fluggesellschaft Air Europa weiterhin erwerben – allerdings für eine deutlich geringere Summe als ursprünglich geplant.
Nach Informationen des Luftfahrtportals Simple Flying und in Übereinstimmung mit spanischen Medienberichten erreichten beide Parteien am Dienstag (17.11.2020) eine Einigung über einen neuen Kaufpreis. Ein Überblick.
Zustimmung der spanischen Regierung noch ausstehend
Die Holdinggesellschaft International Airline Group möchte ihre Kontrolle über den spanischen Airline-Markt weiter ausbauen und die spanische Air Europa in ihren Besitz nehmen. Aufgrund der fortlaufenden Covid-19-Pandemie, deren zweite Welle aktuell ganz Europa in Schach hält, überarbeitete die Gruppe nun allerdings ihr Angebot, wie verschiedene spanische Medien übereinstimmend berichten. Anstatt der ursprünglich knapp eine Milliarde Euro bietet die IAG nun deutlich weniger für die Übernahme der Fluggesellschaft.
Mit irgendetwas zwischen 325 und 430 Millionen Franken senkt sich der Kaufpreis der spanischen Airline zuletzt auf weniger als die Hälfte des ursprünglich verhandelten Preises. Als Begründung hierfür führt die IAG-Gruppe den mit der anhaltenden Covid-19-Pandemie drastisch gesunkenen Marktwert der Fluggesellschaft an. Der Grossteil dieses Betrags solle zudem via IAG-Aktien fliessen. Hierfür benötigt es allerdings eine Zustimmung der spanischen Regierung, die aktuell noch aussteht. Erst vor wenigen Wochen hatte diese der strauchelnden Airline umgerechnet knapp 512 Millionen Franken als staatliche Unterstützung zugespielt, und sich damit die Beteiligungsrechte an künftigen Kauf-Prozessen gesichert.
Preissenkung auch zur Besänftigung der IAG-Gewerkschaften
Eine weitere Problematik in den Verkaufsgesprächen ergibt sich für die IAG aus den Gewerkschaften ihrer Tochtergesellschaften wie British Airways, die sich zuletzt immer wieder vehement gegen die Übernahme ausgesprochen hatten. Eine erste Preissenkung auf circa 540 bis 647 Millionen Franken im Juli dieses Jahres hatte an dieser Situation wenig verändert. Nun hofft die IAG auf eine Besänftigung der Gewerkschaften durch diese erneute und drastische Preisreduktion. Sollte die IAG aus dem Geschäft aussteigen wollen, würde nun eine Strafgebühr von umgerechnet 43 Millionen Franken fällig.
Dies ist von strategischer Bedeutung für das Drehkreuz Madrid, das in den letzten Jahren hinter anderen europäischen Drehkreuzen zurückgeblieben ist. Nach diesem Abkommen wird Madrid in der Lage sein, zu gleichen Bedingungen mit anderen europäischen Drehkreuzen zu konkurrieren, mit einer besseren Position auf den Routen von Europa nach Lateinamerika und der Möglichkeit, ein Gateway zwischen Asien und Lateinamerika zu werden.
Louis Gallego, CEO IAG
Während die IAG bereits die spanische Fluggesellschaft Iberia und deren Günstig-Carrier Vueling besitzt, soll mit der Übernahme von Air Europa die Reichweite der IAG auf Südamerika und die Karibik ausgeweitet werden. Zudem hoffe die Gruppe auf eine Stärkung ihrer Basis in Madrid, um diese langfristig in ein europäisches Drehkreuz zu verwandeln, dass mit wichtigen europäischen Standorten wie Amsterdam, Frankfurt, London Heathrow und Paris Charles de Gaulle konkurrieren kann.
Fazit zum möglichen Kauf der Air Europa durch die IAG
Trotz anhaltender Krise möchte die Holdinggesellschaft International Airline Group die spanische Fluggesellschaft Air Europa weiterhin erwerben – allerdings für nurmehr die Hälfte als ursprünglich geplant. Ob die spanische Regierung der bevorstehenden Übernahme nach dieser neuen Preisverhandlung zustimmen wird, ist nach aktuellem Informationsstand unklar. Zudem wird sich zeigen müssen, wie die Gewerkschaften der Tochtergesellschaften der IAG im Falle einer finalen Entscheidung reagieren, und ob diese den Prozess weiter verkomplizieren.