Qantas hat aufgrund der Corona-Krise das vielbeachtete Project Sunrise auf Eis gelegt und denkt ausserdem über eine Ausmusterung der sich noch in der Modernisierung befindlichen A380 nach.
Die australische Fluggesellschaft Qantas hat jüngst eine Reihe von wichtigen Ankündigungen gemacht. Neben der Streichung der meisten internationalen Strecken bis Ende Juli, hat die Airline eine endgüötige Entscheidung über das “Project Sunrise” auf unbestimmte Zeit verschoben und leitet ausserdem eine Überprüfung ihrer Langstreckenflotte ein. Dabei fällt der Blick vor allem auf die Superjumbos.
Entscheidung über Project Sunrise wird pausiert
In einer Mitteilung an die Medien gab Qantas bekannt, dass der australische Flag-Carrier die andauernde Einstellung von Inlandsflügen bis Ende Juni verlängern werde. Die Annullierung internationaler Flugverbindungen wurde wiederum gar bis zum 31. Juli ausgeweitet. “Wir wissen nicht, wie lange die nationalen und internationalen Reisebeschränkungen andauern werden oder wie die Nachfrage aussehen wird, wenn sie nach und nach aufgehoben werden. […] Mit der möglichen Ausnahme von Neuseeland könnte es Jahre dauern, bis die internationale Reise-Nachfrage wieder so ist, wie sie war”, sagte Alan Joyce, CEO von Qantas gegenüber den Pressevertretern.
Qantas betreibt derzeit einen abgespeckten Inlandsflugplan und einen internationalen Rumpfflugplan zu für die Airline und Australien wichtigen Übersee-Drehkreuzen, wobei diese Verbindungen auch im Auftrag der australischen Regierung aufrechterhalten werden.
Gleichzeitig hat Qantas den Medien gegenüber erklärt, dass das Project Sunrise zunächst auf Eis gelegt wurde. Die Ultralangstrecken-Nonstop-Flüge sollten mit modifizierten, beziehungsweise verbesserten Airbus A350-1000 die Städte an der Ostküste Australiens, unter anderem mit London und New York verbinden. Nachdem es um das ambitionierte Projekt deutlich ruhiger wurde, waren im vergangenen März eigentlich endgültigere Ankündigungen diesbezüglich erwartet worden. Doch mit Aufkommen des Coronavirus blieben diese Ankündigungen zunächst aus.
“Wir glauben, dass es ein riesiges Potenzial für das Project Sunrise gibt, aber angesichts der Auswirkungen, die COVID-19 auf den weltweiten Reiseverkehr hatte, ist die Zeit dafür noch nicht reif”, kommentierte Joyce dazu. Die Verzögerung bedeutet auch, dass die A350-1000 vorerst nicht beim europäischen Flugzeugbauer bestellt werden. Die Order in Höhe von mehreren Milliarden Dollar hätte für Airbus einen ordentlichen finanziellen Schub bedeutet.
747 und A380 stehen vor dem Aus
Ausserdem teilte Qantas lokalen Medien mit, dass die gesamte Langstreckenflotte der Airline überprüft werden soll. Diese besteht zurzeit aus Airbus A380 und A330, sowie Boeing 747-400 und 787-9 Dreamlinern. Auf internationalen Kurz- und Mittelstrecken – etwa nach Neuseeland – setzt Qantas ausserdem Boeing 737-800 ein.
Im Rampenlicht stehen bei der Überprüfung – wenig überraschend – die insgesamt zwölf Airbus A380 und fünf Boeing 747-400. Die 747 sollten bereits in diesem Jahr ausgemustert werden. Als vor zwei Monaten die ersten Flüge aufgrund der Krise gestrichen wurden, gab es Spekulationen, dass die Ära der Qantas 747-400 noch deutlich früher vorbei sein könnte. Damals teilte Qantas jedoch mit, dass man erwarte die 747-400 später im Jahr wieder in der Luft zu sehen. Inzwischen scheint man sich dessen jedoch nicht mehr so sicher zu sein, denn wie Joyce nun erklärte, bestehe “immer noch die Möglichkeit, dass die Boeing 747 bis zum Ende des Jahres fliegen könnten, wenn es die Nachfrage danach gäbe” aber man plane, die Jumbos spätestens am Ende des Jahres aus dem Verkehr zu ziehen. Ergo bestehe auch “die Möglichkeit, dass sie nicht zurückkommen werden”.
Auch wenn die Nachricht über die 747 nicht besonders überraschend ist, schien die Zukunft der A380 bei Qantas zunächst eigentlich sicherer zu sein. Schliesslich investierte Qantas Millionen von Dollar in die Modernisierung der Kabinen, baute neue Sitze ein und rüstete die Superjumbos für viele weitere Jahre im Flugbetrieb um. Jetzt, in der Mitte des Modernisierungsprogramms, hat Qantas dieses Programm aber ebenfalls ausgesetzt.
Die Rennstrecken für die A380 von Qantas führen in die USA und nach Grossbritannien. Aber es besteht Stand jetzt kaum eine Chance, dass sich die Grenzen zu diesen Ländern alsbald öffnen werden. Qantas sieht entsprechend keine unmittelbare Zukunft für ihre zwölf Superjumbos. Weiter führte Joyce aus, dass durchaus die Möglichkeit bestehe, alle zwölf, oder zumindest einen Teil der A380 auszumustern. Das hänge ganz vom “Erholungsszenario” ab. Damit folgt Qantas dem allgemeinen Trend, wonach sich besonders in der aktuellen Krise mehr und mehr Airlines von ihren A380 verabschieden.
Weniger ungewiss ist die Zukunft der Boeing 787 in der Flotte der Australier. Der Platz der Dreamliner in der zukünftigen internationalen Qantas-Flotte scheint garantiert. Da die Fluggesellschaft jedoch nicht damit rechnet, in absehbarer Zeit wieder voll ins Geschäft einsteigen zu können, ist die Zukunft für ältere und weniger bedeutende Flugzeuge von daher unklar. Wie Alan Joyce weiter anmerkt, wird Qantas nach der Krise eine andere Fluggesellschaft sein als noch vor der Krise: “Wir müssen darüber nachdenken, wie die Qantas-Gruppe auf der anderen Seite dieser Krise aussehen sollte, um erfolgreich zu sein. Flotte, Netzwerk und Investitionsausgaben werden alle überprüft werden müssen.”
Fazit zum Umdenken bei Qantas
Wohl kaum eine der Airlines weltweit dürfte nach der Krise noch die gleich sein, wie zuvor. Das trifft in jedem Fall auch auf Qantas zu, wo nun sogar das viel beachtete und lang erwartete Project Sunrise auf dem Spiel zu stehen scheint. Ausserdem denken auch die Australier inzwischen über die Ausmusterung des Airbus A380 nach, sowie es bereits die internationale Konkurrenz vermehrt plant. Wie Qantas nach der Corona-Krise letztlich aussehen wird, bleibt mit Spannung abzuwarten.