Der australische Flag Carrier Qantas hat sich – wenn auch noch nicht endgültig – entschieden: Für die im Rahmen des Project Sunrise geplanten längsten Flüge der Welt setzen die Australier wohl auf die A350-1000 von Airbus.
Auch wenn es sich dabei zunächst nur um eine Vorentscheidung handelt, bedeutet dies einmal mehr einen herben Rückschlag für Boeing, die mit einer modifizierten Version der Boeing 777X das Rennen machen wollten.
Unterstützung für Project Sunrise “stärker denn je”
Qantas absolvierte im Rahmen des Project Sunrise bereits zwei erfolgreiche Testflüge, die mit einer Boeing 787 jeweils von London und New York nonstop nach Sydney gingen. Ein dritter soll dabei in Kürze am 17. Dezember stattfinden. Laut Alan Joyce, dem CEO von Qantas, sei innerhalb seines Unternehmens der Rückhalt für die geplanten Ultralangstrecken “stärker denn je”. So trugen wohl vor allem die erfolgreichen Testflüge einen Grossteil zur neuerlichen und gestärkten Unterstützung bei, wie Joyce weiter ausführte. Ausserdem wisse man durch die inzwischen über anderthalb Jahre lang gesammelte Erfahrung bei den Flügen zwischen Perth und London um das Potenzial solcher Flüge. Und dennoch lässt sich Qantas noch ein wenig Zeit, bis die Airline eine endgültige Entscheidung über die Verwirklichung des Project Sunrise trifft. Der finale Entschluss soll im März kommenden Jahres getroffen werden.
In der Zwischenzeit war Qantas auf der Suche nach einem passenden Flugzeug, welches den hohen Anforderungen gerecht werden könnte. Dabei traten die Australier an die beiden grossen Flugzeugbauer Boeing und Airbus heran, ein neues Flugzeug zu entwickeln oder eines der vorhandenen entsprechend weiterzuentwickeln. Es dauerte nicht allzu lange, bis beide Hersteller ihre Ergebnisse präsentierten: Boeing schickte eine modifizierte Version ihres neusten Flugzeugs 777X ins Rennen, während sich Airbus letztlich dazu entschied, einfach die Standardausführung des A350-1000 soweit zu optimieren, dass dieser ohne allzu spezielle Modifizierungen die geplanten Strecken absolvieren kann. Und genau das hat scheinbar auch Qantas überzeugt, denn der australische Flag Carrier gab nun bekannt, dass man sich nach intensiver Prüfung für die A350-1000 entschieden habe.
Airbus plant die Standard-Version des A350-1000 mit Zusatztanks auszustatten und das maximale Abfluggewicht zu erhöhen, um den Anforderungen aus Australien zu entsprechen. Sollte die finale Entscheidung im März 2020 zugunsten des Project Sunrise ausfallen, möchte Qantas insgesamt zwölf A350-1000 bei Airbus bestellen.
Boeing schoss sich selbst aus dem Rennen
Joyce kommentierte die Entscheidung mit den Worten, dass der A350-1000 ein “fantastisches” Flugzeug sei und die “bestmögliche Kombination aus kommerziellen Bedingungen, Treibstoffeffizienz, Betriebskosten und Kundenzufriedenheit” biete. Ausserdem habe laut Joyce ein weiterer Faktor für den Airbus gesprochen. So habe sich die Kombination aus Flugzeug und Triebwerk, womit der Airline-Chef das Rolls-Royce Trent XWB meinte, in mehr als zwei Jahren in Sachen Leistung und Zuverlässigkeit im Einsatz “bestens bewährt”.
Die Boeing 777X hingegen machte erst kürzlich negativ von sich reden, als bei Statiktests ein grosser Riss im unteren Rumpf auftrat, wodurch eine Frachttür sich aus diesem löste. Dadurch pausierte der US-amerikanische Flugzeugbauer das Programm zur eigentlich für das Project Sunrise erdachten kleineren Version, der 777-8, bis auf weiteres. Folgend offerierte Boeing Qantas wohl eine Übergangslösung, mit der sich die Australier allerdings nicht zufrieden zeigten.
Piloten stehen Qantas noch im Weg
Wenngleich die Vorzeichen bereits gut stehen, gibt es für Qantas noch eine letzte Hürde zu überwinden: die eigenen Piloten. Von ihren Cockpitbesatzungen fordert die Airline Zugeständnisse, um die letzte Effizienzlücke schliessen zu können. Qantas fordert demnach, dass sich die Piloten flexibel hinsichtlich der Flugzeugmuster zeigen und je nach Bedarf sowohl die für das Project Sunrise gedachte A350 als auch die A330 fliegen. Das würde die Betriebskosten für die Airline erheblich senken. Im Gegenzug bietet Qantas drei Prozent mehr Lohn und bessere Beförderungschancen.
Fazit zum Fortschritt beim Project Sunrise
Zuletzt schien das Project Sunrise noch auf der Kippe zu stehen, doch nun haben die Australier nach den erfolgreichen Testflügen wohl wieder Blut geleckt und die Ultralangstreckenflüge zwischen Europa, den USA und der Ostküste Australien werden immer wahrscheinlicher. Auch die Wahl des Flugzeugs überrascht nicht wirklich, macht Airbus doch aktuell den deutlich aufgeweckteren Eindruck, was nicht zuletzt an den etlichen Sorgenkindern des Konkurrenten Boeings liegen dürfte. Mit grosser Spannung dürfen wir nun auf den kommenden März blicken, wenn die finale Entscheidung fallen wird.