Die Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) schaltet sich zur kontrovers diskutierten Qualitätskontrolle bei Boeing ein. Könnte es sogar zu einem Vertrauensentzug der Anerkennung des FAA-Sicherheitssiegels kommen?

Der Vorfall mit einer Boeing 737 MAX 9 von Alaska Airlines, bei deren Start ein Panel herausgebrochen war, hat eine grosse Sicherheitsdebatte entfacht. Nachdem die Federal Aviation Administration (FAA) auf zahlreiche Verstösse gegen die Qualitätskontrolle bei Boeing aufmerksam gemacht hat, nahm auch das Justizministerium die Ermittlungen auf. Die Probleme bei Boeing reichen jedoch schon viel weiter und die Lage ist entsprechend zugespitzt. Schliesslich erwägt die europäische Luftfahrtbehörde (EASA), die Zulassung von Boeing Flugzeugen auszusetzen, was weitreichende Folgen mit sich ziehen könnte, wie airliners berichtet.

Qualitätskontrolle in der Produktion muss verändert werden

Grundsätzlich sind die Zuständigkeiten in der Qualitätssicherung zwischen FAA und EASA klar zugeteilt. Während die Federal Aviation Administration (FAA) über die Aufsicht bei Boeing verfügt, ist die Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) mit der Qualitätskontrolle bei Airbus beauftragt. Die jeweiligen Standards und Zertifikate werden dann beidseitig anerkannt. Das Vertrauen für dieses Sicherheitssiegel scheint indessen geknickt, da die EASA – angesichts der jüngsten Vorkommnisse bei Boeing – das Aussetzen der Boeing-Zulassung in Erwägung zieht. Dem transatlantischen Pakt wurde die Möglichkeit der Einberufung einer Konsultation einberaumt. Sollte diese Beratung in der Folge misslingen, kann die Anerkennung nach 30 Tagen ausgesetzt werden. Obschon ein solcher Schritt nicht unmittelbar bevorstehe, ergänzte Luc Tytgat, Exekutivdirektor der EASA, in einem Interview mit Reuters:

Alle Instrumente müssen einsatzbereit sein, sobald wir einen Grund oder eine Situation sehen, die entsprechende Massnahmen erfordert.

Luc Tytgat, Exekutivdirektor der EASA
Boeing 737 MAX 9
Boeing 737 MAX 9

Tytgat verlautbarte weiters, dass die Zusammenarbeit zur gemeinsamen Flugzeugzulassung anlässlich der aktuellen Krise hart auf die Probe gestellt werde. Wenn es sein muss, könnte die EASA die US-Sicherheitszulassungen für die Produktion von Boeing-Flugzeugen nicht weiter anerkennen. Er versicherte jedoch zeitgleich:

Wir sehen keinen Grund, warum sie heute nicht aufrechterhalten werden kann. Es ist eher eine Frage der Aufsichts- und Überwachungsbedingungen.

Luc Tytgat, Exekutivdirektor der EASA

Aus einem Gespräch mit hochrangigen Boeing-Managern ging Tygat allenfalls beruhigt heraus. Er habe die Veränderung im Management bemerkt. Man sei bereit, die Qualitätskontrolle in der Produktion zu verändern.

Politische Reaktionen wahrscheinlich

Sollte es schliesslich doch zu dem Szenario kommen, in dem die EASA die Anerkennung des FAA-Sicherheitssiegels bei Boeing aussetzt, dann könnte dies politische Folgen mit sich ziehen, wie Experten behaupten. Auf der anderen Seite fehlen der europäischen Luftfahrtbehörde schlicht die Möglichkeiten, auf die Boeing-Qualitätskontrolle Einfluss zu nehmen. Dahingehend steht – abgesehen vom Vertrauensentzug – wenig zur Auswahl. Das Aussetzen der Anerkennung der FAA-Sicherheitstests wäre allenfalls eine sehr drastische Variante.

Inspektion Flugzeug

Die FAA äusserte sich bislang nicht zu den jüngsten Erwägungen der EASA. Ein Sprecher der Federal Aviation Administration wiederholte jedoch fortlaufend, dass sich Boeing zu echten tiefgründigen Verbesserungen verpflichten müsse. Schliesslich wurde die EASA von Boeing in die Produktionsstätte eingeladen. Die europäische Luftfahrtbehörde lehnte die Einladung jedoch ab, da dies nicht mit dem transatlantischen Abkommen vereinbar sei.

Fazit zur harten Probe des transatlantischen Abkommens

Die Vereinbarung in der Zusammenarbeit zwischen der EASA und der FAA hat ein neues Level erreicht. Die angespannte Stimmung ist nicht zu verkennen. Insbesondere in Anbetracht der Tatsache, da zunehmend Beweismaterial verschwindet oder einfach nicht auffindbar ist, werden weitere Zweifel aufgeworfen. Auch wenn ein potenzieller Vertrauensentzug der EASA noch nicht spruchreif scheint, sollte alleine die Tatsache, diese Erwägung öffentlich kundzutun, alarmierend sein. Sollte der Fall tatsächlich eintreten, ist jedenfalls mit weitreichenden Folgen zu rechnen.

Autorin

Bereits zu ihrer Schulzeit an der Kärntner Tourismus Schule hat Beate das Reisen für sich entdeckt. So verbrachte sie jeden Sommer im Ausland. Auch während ihres Tourismusmanagement-Studiums in Wien war Beate viel unterwegs. Bei reisetopia kann sie nun ihre Leidenschaft zum Schreiben und Reisen perfekt miteinander kombinieren.

Fragen? In der reisetopia Club Lounge auf Facebook beantworten wir Eure Fragen.