In einem Gespräch, das im Rahmen des diesjährigen FAZ-Kongresses stattfand, zeigt der Lufthansa-Chef Angriffslustigkeit und spricht über die Zukunft der Luftfahrt.
Die Luftfahrt wurde durch die Pandemie stark beeinflusst, doch für Lufthansa-Chef Carsten Spohr ist die Pandemie lediglich eine Zäsur, die sich neben weiteren historischen Rückschlägen der Branche wie 9/11 einreiht. Dies liess er auf dem F.A.Z-Kongress im Gespräch mit Herausgeber Carsten Knop verlauten, berichtet das Blatt. Was er für die Zukunft der Luftfahrt und der Lufthansa plant, zeigen wir Euch im Folgenden.
Geschäftsreisende bleiben fern
Während sich Spohr im Hinblick auf die Begleichung aller Staatskredite seiner Fluggesellschaft und die steigenden Buchungszahlen für Freizeitreisen, die teilweise sogar das Vorkrisenniveau übersteigen, optimistisch äussert, kann die Lufthansa im Bereich der Geschäftsreisen keinen solchen Erfolg verkünden. Die Fluggesellschaft plant noch in diesem Jahr 75 Prozent der Flüge, die vor der Pandemie durchgeführt wurden, zu operieren, doch die Buchungszahlen der Business-Fluggäste scheinen dabei einen Strich durch die Rechnung zu machen.
Die Geschäftsleute fehlen weiterhin an den Flughäfen und dies mache sich auch für die Lufthansa bemerkbar. Durch neue technische Innovationen, die notgedrungen während der Pandemie implementiert wurden und sich als nützlich erwiesen oder auch ein generelles Umdenken wirkt sich auf den Geschäftszweig aus. Der Lufthansa-Chef ist der Meinung, dass jeder zehnte Geschäftsreisende nicht zurückkommen werde. 70 Prozent der früheren Zahlen sollen allerdings zum Jahresende wieder erreicht werden.
Fokus auf Nachhaltigkeit
Im Zuge seiner Vision für die Zukunft der Luftfahrt kam Carsten Spohr ebenfalls auf Nachhaltigkeit zu sprechen. Ihm zufolge seien synthetische Kraftstoffe für eine CO2-neutrale Zukunft der Branche unerlässlich. Bis diese in ausreichenden Mengen produziert werden, werden laut dem Lufthansa-Chef jedoch noch Jahre vergehen. Mit der heutigen weltweiten Produktion von Sustainable Aviation Fuel käme seine Airline gerade einmal eine Woche über die Runden. Gegenüber der von der Europäischen Union festgesetzten CO2-Abgaben für den Flugverkehr äussert er sich jedoch kritisch. Auch im Bezug auf den Frankfurter Flughafen gab es Kritik.
Die CO2-Abgaben, die von der Europäischen Union vorgesehen werden, seien für ihn ein klarer Wettbewerbsnachteil, sofern sie nur für Fluggesellschaften aus deren Mitgliedsstaaten und nicht weltweit erhoben würden. Der Flughafen Frankfurt sei dem grössten Kunden des Airports – der Lufthansa – länger schon ein Dorn im Auge. Den Anspruch, den Kunden auch am Boden ein Premiumerlebnis zu bieten, sehe er durch den akuten Personalmangel und weitere Einschränkungen in Frankfurt aktuell als nicht erfüllbar. Erst zuletzt hatte die Airline dort an Ostern knapp einhundert Verbindungen streichen müssen. Jedoch werden die Abstimmungen zwischen dem Flughafenbetreiber und der Lufthansa laut Spohr immer besser, seitdem die Billigfluggesellschaft Ryanair nicht mehr vor Ort vertreten ist. Man plane in Zukunft am Standort Frankfurt eine umfassende Modernisierung sowie eine verstärkte Zusammenarbeit mit der Deutschen Bahn.
Fazit zu Spohrs Interview
Auch wenn der Lufthansa-Chef beteuert, einen grossen Wert auf Nachhaltigkeit zu legen und während der Krise beispielsweise mit der Beschaffung von effizienterem Fluggerät viel für den Umweltschutz getan haben will, zeichnen die 20’000 Leerflüge der Airline ein gänzlich anderes Bild. Während ein starker Anstieg der Privatreisen, der sogar die Anzahl jener, die vor der Pandemie gebucht wurden, überstiegt, zu verzeichnen ist, kehren die Geschäftsreisenden zögerlicher zurück. Ob es sich hierbei nur um eine temporäre Nachwirkung der Krise handelt oder um eine grundlegende Veränderung im Reiseverhalten in diesem Geschäftszweig handelt, bleibt abzuwarten.