Deutsche Konzernbeteiligung am St. Petersburger Flughafen Pulkowo unter Beschuss: Recherchen decken militärische Nutzung während des Ukraine-Krieges auf.
Während des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine im Februar 2022 haben zahlreiche deutsche und internationale Konzerne ihre Geschäftsbeziehungen zu Russland beendet. Doch der Flughafenkonzern Fraport sorgt für Aufsehen, da er weiterhin an einem russischen Flughafen beteiligt ist. Wie die Tagesschau berichtet, haben Untersuchungen des WDR, NDR und der Süddeutschen Zeitung nun enthüllt, dass dieser Flughafen, der St. Petersburger Flughafen Pulkowo, auch von Militärmaschinen genutzt wurde. Hessen und die Stadt Frankfurt halten erhebliche Anteile an Fraport und stehen jetzt ebenfalls in der Kritik.
Heftige Kritik an der Anteilsbeteiligung
Fraport hält knapp ein Viertel der Anteile an der Betreibergesellschaft des Flughafens Pulkowo (LED) und ist infolge dieser Enthüllungen unter erheblichen Druck geraten. Der Konzern beteuerte, dass die Geschäfte mit dem russischen Flughafen ruhend gestellt wurden, nachdem Russland in die Ukraine einmarschiert war. Zusätzlich betont der Flughafenbetreiber, dass Pulkowo ausschliesslich ein ziviler Passagierflughafen sei. Doch die Aufdeckung durch die Pandora Papers, dem bis dato grössten Leak über sogenannte Steueroasen, hat eine heftige Debatte um die Beteiligung des Konzerns in der hessischen Landespolitik entfacht.
Als wichtiger Eigentümer von Fraport ist das Land Hessen mit mehr als 30 Prozent beteiligt, während die Stadt Frankfurt über ihre Stadtwerke rund 20 Prozent hält. Sowohl die Landesregierung als auch der Konzern haben mehrfach beteuert, dass sie keine Erkenntnisse über eine militärische Nutzung des Flughafens haben.
Satellitenbilder von Militärflugzeugen
Die jüngsten Recherchen von WDR, NDR und SZ zeigen jedoch, dass in den vergangenen 16 Monaten des andauernden Krieges eine Reihe von Militärmaschinen den Flughafen Pulkowo genutzt haben. Einige dieser Maschinen wurden später von den Vereinigten Staaten sanktioniert und der Wagner-Söldnertruppe zugeordnet.
Satellitenbilder belegen, dass wiederholt Militärflugzeuge in Pulkowo landeten. Noch am 5. März dieses Jahres wurde ein Tu-22M3-Bomber auf dem Airport via Satellit gesichtet. Ob diese Maschinen tatsächlich im Ukraine-Krieg eingesetzt wurden, konnte durch die Bilder allein jedoch nicht bewiesen werden.
Unwissenheit oder Verschlusssache?
Fraport selbst gibt an, nicht über Informationen zu verfügen, dass die Flughafenbetriebsgesellschaft NCG Militärflüge im Zusammenhang mit den laufenden Kriegshandlungen abwickelt. Eine unmittelbare Möglichkeit zum Ausstieg aus der Beteiligung durch eine Exit-Klausel bestehe daher, laut Fraport-Aufsichtsratschef Michael Boddenberg, der auch hessischer Finanzminister ist, nicht. Der Konzern argumentiert, dass Pulkowo ein Flughafen der zivilen Luftfahrt sei und in der Nähe auch militärische Flugplätze für die russische Armee existieren würden. Grundsätzlich könnten jedoch zivile Flughäfen weltweit im Sonderfall auch militärisch genutzt werden.
Die Stadt Frankfurt verweist auf Fraport und betont, dass sie als Anteilseigner nicht in das operative Geschäft eingebunden sei und daher keine Kenntnisse über diese Flugbewegungen habe. Allerdings wurde auf Anfrage beim Auswärtigen Amt bekannt, dass dieses über weiterreichende Informationen in diesem Belang verfüge, diese allerdings als Verschlusssache eingestuft wurden.
Fazit zu den Anteilen von Fraport am russischen Flughafen Pulkowo
Die militärische Nutzung des Flughafens Pulkowo, an dem Flughafenbetreiber Fraport rund 25 Prozent Anteile hält, wirft viele Fragen auf. Während Fraport versichert, die Geschäfte ruhend gestellt und nichts über die militärische Nutzung gewusst zu haben, bleibt die politische Debatte über eine mögliche Exit-Strategie und die Verantwortung der beteiligten Akteure hitzig. Die Enthüllungen setzen sowohl die hessische Landesregierung, als auch Fraport und die Stadt Frankfurt unter Aufklärungs- und Handlungsdruck. Wie gross der Kenntnisstand der involvierten Parteien wirklich war oder ist, lässt sich bis dato nur schwer abschätzen. Interessant wird allerdings zu sehen, wie ab jetzt auf die Offenlegung reagiert wird.