Eine Einigung zwischen Grossbritannien und der Europäischen Union steht in vielen Bereichen auf der Kippe – für drei Fluggesellschaften könnte das endgültige Ausscheiden zu einer handfesten Krise werden.

Es sind besondere Zeiten für die Luftfahrt in Europa. Das liegt natürlich primär an den Folgen des Coronavirus, welche die Branche in eine schwere Krise gestürzt haben. Doch gleichzeitig sind auch die Folgen des Brexits nicht zu unterschätzen, denn der Bruch zwischen Grossbritannien und der Europäischen Union hat schwere Folgen. Das gilt besonders mit dem Ende der Übergangsfrist zum Ende des Jahres, denn dann dürften geltende Regeln zu Besitzrechten von Fluggesellschaften besonders für drei Airline-Gruppen zu einem Problem werden, wie Reuters berichtet.

IAG, Wizz Air und Ryanair vor Problemen

Betroffen sind von den aktuellen Entwicklungen primär die International Airlines Group (IAG), die ungarische Wizz Air sowie die irische Ryanair. Hintergrund sind die Besitzverhältnisse der Fluggesellschaften, denn damit eine Airline zwischen zwei Städten innerhalb der Europäischen Union fliegen kann, muss sie sich mehrheitlich im Besitz von Investoren aus der Europäischen Union befinden. Das bedeutet konkret, dass die Problematik nicht etwa mit Flügen von Grossbritannien in die EU zu tun, sondern nur mit Strecken innerhalb der Europäischen Union, also etwa von Budapest nach Madrid. Als EU-Besitz galten bislang und auch in der Übergangsphase bis zum 31. Dezember 2020 auch Investoren aus Grossbritannien – das würde sich ohne ein entsprechendes Abkommen ändern. Zwar ist durch Übergangsregeln davon auszugehen, dass die Airlines nicht sofort die entsprechenden Strecken einstellen müssten, es ist aber gleichzeitig Handlungsbedarf gegeben.

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Bei Wizz Air und Ryanair ist die Situation etwas weniger gravierend als bei IAG, dennoch besteht Handlungsbedarf. Die in London und Budapest gelistete Wizz Air hat genauso wie Ryanair schon jetzt nur knapp mehr als 50 Prozent Investoren aus der Europäischen Union, obwohl Hauptaktionär Indigo Partners aus den USA zuletzt bereits einen relevanten Anteil verkauft hat. Durch den Brexit würden weitere wichtige Investoren, darunter Blackrock und FIL Investment Advisors ebenfalls nicht mehr der Europäischen Union zugeordnet, womit der Anteil unter 50 Prozent fallen würde. Bei Ryanair ergibt sich dieselbe Situation, womit für beide Fluggesellschaften die wichtigen Streckenrechte für Flüge innerhalb der Europäischen Union – jeweils der deutlich grössere Markt als Flüge zwischen Grossbritannien und den Unionsstaaten – in Gefahr sind. Dennoch scheint durch Anteilsverkäufe und Verschiebungen eine Lösung zumindest innerhalb von einigen Monaten absehbar – anders als bei IAG.

Veränderung der Regeln ist nicht absehbar

Für die International Airlines Group, zu der neben British Airways auch Iberia, Aer Lingus und zukünftig auch Air Europa gehört, sind die Probleme noch deutlich grösser. Nicht nur sind die drei Fluggesellschaften neben British Airways allesamt primär auf Strecken zwischen Ländern der Europäischen Union unterwegs, die Mehrheiten liegen aktuell deutlich unterhalb der Schwelle von 50 Prozent, sofern britische Investoren in diesem Sinne nicht mehr zur Europäischen Union gehören. Das liegt primär daran, dass mit Qatar Airways ein Anteilseigner mittlerweile über 25 Prozent der Gruppe hält. Daneben ist das Feld der Anteilseigner zwar sehr zersplittert, viele Investoren sitzen allerdings in Grossbritannien. Die Schwelle von 50 Prozent zu erreichen, dürfte für die IAG entsprechend enorm schwer werden. Entsprechend versucht die Airline es auch über andere Wege – zuletzt war etwa die Abgabe eines großen Anteils der Stimmrechte bei Iberia an den spanischen Konzern Corte Ingles im Gespräch. Noch allerdings hat IAG keine Lösung für das Problem präsentiert, die auch von den Regelhütern gutgeheissen wird.

iberia airbus a320 start

Dabei beruhten die Hoffnungen wohl bis zuletzt auf einem politischen Vorstoss aus Irland, Ungarn und Spanien. Die drei Länder hatten versucht bei der Europäischen Kommission Druck auszuüben, die geltenden Regeln zu lockern und somit den Status Quo beizubehalten – britische Investoren würden dann weiter als EU-Investoren zählen. Eben jene Forderungen wurden nun allerdings zurückgewiesen, wohl primär durch Druck aus Deutschland und Frankreich. Eine Lösung deutet sich laut informierten Kreisen aktuell nicht an, sodass die Uhr für die drei paneuropäischen Airline-Konzerne tickt. Zwar dürften die Folgen den Flugverkehr erst einmal nicht immanent betreffen, sollte sich aber in den nächsten Monaten auch keine Lösung abzeichnen, droht eine Zerschlagung. Während Wizz Air und Ryanair das Problem wohl durch Anteilsverschiebungen lösen können, müsste IAG möglicherweise aufgeteilt werden. Statt gemeinsam als ein Unternehmen zu agieren, könnten Air Europa, Iberia und Aer Lingus dann möglicherweise in eine andere Firma mit mehrheitlich EU-zentriert Eignerstruktur ausgelagert werden.

Fazit zu den Brexit-Probleme für IAG, Ryanair und Wizz Air

Als hätte die Flugindustrie nicht schon genug Probleme, wird nun auch der Brexit nach Ende der Übergangsperiode wieder mehr zum Thema. Besonders für IAG und damit für British Airways und Iberia ziehen sehr dunkle Wolken auf, sofern sich nicht bald eine politische Lösung andeutet – selbst eine Zerschlagung steht im Raum. Ryanair und Wizz Air haben es vermeintlich etwas leichter, die Probleme zu lösen, doch auch für die beiden Günstigfluggesellschaften drohen im neuen Jahr zusätzliche Schwierigkeiten.

Autor

Moritz liebt nicht nur Reisen, sondern auch Luxushotels in aller Welt. Auf der Suche nach neuen Erlebnissen hat Moritz schon dutzende Airlines getestet und mehr als 100 Städte erkundet. Auf reisetopia lässt er Euch an seinen Erlebnissen & Tipps teilhaben!

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