Die Europäische Kommission hat am Mittwoch klargemacht, dass Gutscheine als einzige Lösung bei abgesagten Flügen nicht infrage kommen. Gegen nationale Alleingänge will die Kommission dabei nun aktiv vorgehen und somit die Verbraucherrechte stärken – stattdessen wird eine europaweite Lösung für Verbraucher und Unternehmen angestrebt, die auch für die Schweiz gelten würde.

Was sich in den letzten Wochen bereits angedeutet hatte, wurde am Mittwoch nun endgültig geklärt. Die Europäische Kommission lehnt jegliche Lösung für abgesagte Reisen ab, bei denen Verbraucher nicht zumindest die Wahl haben, eine vollständige Erstattung zu fordern. Gleichzeitig hat sie einen Kompromiss vorgeschlagen – Gutscheine mit einer Laufzeit von zwölf Monaten, die danach ausgezahlt werden sollen. Diese sollen aber nur eine Option neben der Erstattung sein. In der Schweiz war eine Überarbeitung der Rechtslage ebenfalls überlegt worden, die Swiss etwa schiebt auch wegen des nach Interpretation des Unternehmens schwebenden Verfahrens Rückzahlungen auf.

Vertragsverletzungsverfahren gegen mehrere Mitgliedsstaaten

Die rechtliche Situation in Hinblick auf die Fluggast- und Pauschalreiserechte ist klar: Die Kompetenz liegt bei der Europäischen Union und sie alleine kann bestimmen, ob es zu rechtlichen Änderungen kommt – dies ist für alle 27 EU-Mitgliedsstaaten bindend. Auch für die Schweiz und ausgewählte andere Länder, welche die Fluggastrechteverordnung übernommen haben, sind die EU-Regeln bindend. Nichtsdestotrotz wurde etwa in Deutschland zwischenzeitlich beschlossen, Gutscheine als eine Alternative zu Erstattungen zuzulassen – ein Gesetz wurde daraus allerdings nie. Andere Länder sind hier deutlich weiter gegangen und haben nationale Gesetze erlassen.

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In insgesamt zwölf Ländern haben die Regierungen eigenmächtig Regeln erlassen, wie Fluggesellschaften und Pauschalreiseanbieter Erstattungen durchführen können – nämlich auch in der Form von Gutscheinen. Der Fall ist das etwa in den Niederlanden oder auch in Bulgarien. Dagegen wird die EU-Kommission nun vorgehen und droht offen mit einem Vertragsverletzungsverfahren. Sollten die Mitgliedsstaaten die Regeln nicht wieder so anpassen, dass die Verbraucher ein Recht auf Erstattung haben, drohen hohe Strafen. Besonders kritisch sind die nationalen Alleingänge bei den Fluggastrechten, denn bei Verordnungen der Europäischen Union haben Mitgliedsstaaten keinerlei Spielraum für eigene Interpretationen – das gilt aufgrund der Übernahme der Verträge auch für die Schweiz.

Kommission strebt weiterhin eine gemeinsame Regelung an

Generell ist die Europäische Kommission weiterhin daran interessiert, eine gemeinsame Regelung für alle Länder zu finden. Teil dessen könnte zum einen eine freiwillige Gutscheinlösung mit Absicherung sein, wie sie von der Kommission unter der Woche vorgeschlagen wurde. Damit es dennoch nicht zu einem gefährlichen Geldabfluss für die Reiseveranstalter und Airlines kommt, ist darüber hinaus ein Reisesicherungsfonds in Planung – besonders das Vorbild von Dänemark, wo ein solcher Fonds schon aufgebaut wurde, schwebt der EU-Kommission hier vor.

Klar scheint mittlerweile, dass Erstattungen weiterhin eine Option bleiben werden. Ein kompletter Zwang zu Gutscheinen statt Erstattungen wird es auf europaweiter Ebene nicht geben – nationale Alleingänge dagegen bleiben verboten. Es bleibt entsprechend auch zu hoffen, dass die Mitgliedsstaaten einlenken und es bald eine verbindliche Lösung in der ganzen Europäischen Union sowie auch der Schweiz gibt, inklusive eines Sicherungsfonds für die Unternehmen und der Möglichkeit für Verbraucher, zwischen abgesicherten und attraktiven Gutscheinen sowie eine Erstattung zu wählen.

Fazit zur Entwicklung rund um Zwangsgutscheine

Das Thema Gutscheine statt Erstattungen bewegt die Reisebranche und Politik genauso wie Verbraucher. Die neuen Vorschläge der Europäischen Kommission sind zwar nichts rechtsverbindlich, allerdings kann man hoffen, dass die Mitgliedsstaaten diesen Kompromiss dennoch eingehen und Verbrauchern eine neue Art von Gutscheinen anbieten – allerdings nur als Alternative zu Erstattungen. Besonders dann, wenn auch noch ein Fonds zur Absicherung der Liquidität von Veranstaltern und Airlines folgt, und die Drohung der Vertragsverletzungsverfahren Wirkung zeigt, könnte es schon in wenigen Wochen eine passable EU-weite Lösung für alle Beteiligten geben, die dann auch in der Schweiz Verbrauchern und Unternehmen gleichermassen hilft.

Autor

Moritz liebt nicht nur Reisen, sondern auch Luxushotels in aller Welt. Auf der Suche nach neuen Erlebnissen hat Moritz schon dutzende Airlines getestet und mehr als 100 Städte erkundet. Auf reisetopia lässt er Euch an seinen Erlebnissen & Tipps teilhaben!

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