Der Flugverkehr bewegt sich wieder auf das Vorkrisenniveau zu. Airlines heben die Preise, aber auch die Zuschläge, wieder ordentlich an. Wo könnte dieser Wahnsinn enden?
Steigende Ticketpreise, aber immer weniger Verfügbarkeiten. Die Lage in der zivilen Luftfahrt gipfelt in diesem Sommer wohl in einer neuen Krise. Hinzukommen Ankündigungen einer europaweiten Kerosinsteuer sowie die Erhöhung der Treibstoffzuschläge. Und nein, einen Zusammenhang zwischen beiden Gebühren beziehungsweise Steuern gibt es nicht. Damit könnte die Anzahl der Airlines, die keine Treibstoffzuschläge erheben, weiter sinken.
Von Wahnsinn und Ignoranz
Ob regulär gekauftes Flug- oder ein mit Meilen bezahltes Prämienticket – beide Varianten beinhalten mitunter horrende Steuern und Gebühren. Dazu gesellen sich weitere optionale Zuschläge. Neben dem Ticketpreis, also dem reinen Flugpreis, sind hier auch Flughafenabgaben, Sicherheitsgebühren und Zuschläge aufgeführt. Prominentestes Beispiel dürften aber vor allem die Treibstoffzuschläge sein. Denn anders als der Name vermuten lässt, hat der Treibstoffzuschlag mittlerweile nicht mehr zwingend nur etwas mit dem Treibstoff zu tun. Viel mehr hat sich dieser Zuschlag in den letzten Jahren zu einer wahren Einnahmequelle für Airlines etabliert.
Doch die Corona-Pandemie hat zu einem Umdenken geführt. Ohnehin sind Treibstoffzuschläge regional festgelegt. So dürfen diese auf bestimmten Flügen gar nicht erhoben werden. Andere Fluggesellschaften gingen in den zwei Jahren der Pandemie aber einen Schritt weiter und haben die Treibstoffzuschläge allgemein reduziert. Emirates und Qatar Airways waren in dieser Hinsicht Vorreiter. Bis Anfang dieses Jahres waren die Treibstoffzuschläge kaum noch existent. Erst im Laufe des Frühjahrs 2022 kehrten die Treibstoffzuschläge zurück. Und genauso schnell, wie die Nachfrage nach Flugreisen wieder anstieg, wurden auch die Treibstoffzuschläge erhöht.
Was verbirgt sich hinter Treibstoffzuschlägen?
So richtig begonnen hat es mit dem Treibstoffzuschlag in den 2000er-Jahren. Als Konsequenz auf die steigenden Rohölpreise führten damals zahlreiche Airlines den Treibstoffzuschlag ein. Auch die Lufthansa beteiligte sich recht früh an dem Konzept. Ab dem Jahr 2004 gab es hier schon Treibstoffzuschläge. Allerdings waren diese noch vergleichsweise gering. Gerade einmal 2 Euro Treibstoffzuschlag zahlte man für innerdeutsche Flüge. Maximal waren es 7 Euro auf Interkontinentalflügen. Über die Anfangsjahre der 2000er führten zahlreiche Airlines diesen Zuschlag ein, bis er sich schliesslich etabliert hatte.
Doch diente der Treibstoffzuschlag anfangs noch tatsächlich in nachvollziehbarer Weise dazu, Verteuerungen des Öls auszugleichen, ist das heute nicht mehr unbedingt der Fall. Tatsächlich war der Rohölpreis tendenziell seit einigen Jahren wieder gesunken. Auf den Treibstoffzuschlag der meisten Airlines hat sich das allerdings nicht übertragen. Viel mehr bleibt dieser in vielen Fällen sehr konstant. Anstatt hier also den Passagieren etwas zurückzugeben, profitierten die Fluggesellschaft von den allgemein eher positiv zu wertenden Effekten.
Tatsächlich orientiert sich der Treibstoffzuschlag am Ölpreis – oder zumindest soll er das. Dass die Höhe des Treibstoffzuschlags trotz der sinkenden Ölpreise nicht ebenfalls sank, erklärten zahlreiche Airlines mit ihrem Modell zum Einkauf von Kerosin. Dahinter steckt das sogenannte Hedging. Hierbei geht es darum, einen Preis möglichst sichern zu können. Dazu kaufen Airlines grosse Mengen an Treibstoff im Voraus. Starken Schwankungen des Ölpreises war man so nicht mehr allzu stark ausgesetzt. Der grosse Vorteil für Airlines liegt auf der Hand: die Betriebskosten lassen sich recht präzise kalkulieren.
Wieso funktioniert das Modell nur in die eine Richtung?
Mittlerweile ist die Lage bei den Ölpreisen eine andere. Die hohe Nachfrage auf der einen, eine (künstliche Verknappung) auf der anderen Seite, und zwischendrin der Angriffskrieg Russlands in der Ukraine. Die direkten Auswirkungen bekommen die Verbraucher im Alltag mit. Die Preise an den Zapfsäulen tendieren um die 2 Euro je Liter Benzin beziehungsweise Diesel. Die Inflation stieg zuletzt bis zum Juni von Monat zu Monat. Lebensmittel werden genauso teurer, sodass die Treibstoffzuschläge hier nur eine untergeordnete Rolle in der Relevanz weltweit aktuell spielen dürften. Dementsprechend überrascht es auf den ersten Blick wenig, dass die Treibstoffzuschläge aktuell auch wieder erhöht werden.
Doch wieso funktioniert das Modell nur in die eine Richtung? Airlines profitierten in den vergangenen Jahren von vergleichsweise geringen Öl- und damit Kerosinpreisen. Eine Reduzierung der Treibstoffzuschläge wurde nicht veranlasst. Die Gründe für die aktuelle Erhöhung liegen auf der Hand. Doch das sogenannte Hedging funktioniert auch in die entgegengesetzte Richtung. Fluggesellschaften kündigten bereits allgemeine Ticketpreiserhöhungen an. Doch die groben Kerosinvorräte sind für dieses Jahr bereits gesichert, sodass eine umgehende Erhöhung der Treibstoffzuschläge nur bedingt Sinn ergibt.
Dabei hängt das Ärgernis nicht allein mit der fehlenden Anpassung des Zuschlags zusammen. Airlines versuchen vielmehr, die Gebühr zu verschleiern. Der Grossteil der Airlines fasst den Zuschlag nämlich unter dem Punkt “Steuern und Gebühren” zusammen. Eigentlich finden sich hier solche Kosten, die nicht an die Airline selbst fliessen, sondern von dieser an andere Stellen weitergeleitet werden. Das einfachste Beispiel sind hier etwa die Steuern, die man für ein Flugticket zahlt. Doch auch Sicherheitsgebühren für Flughäfen, Gebühren für Pass- und Zollkontrollen sowie teils Einreisesteuern werden unter diesem Punkt zusammengefasst. Eines haben alle Posten dabei wie gesagt gemeinsam: Sie werden von der Airline an andere Stellen weitergegeben. Nur der Treibstoffzuschlag fällt hier aus der Reihe.
Wo sollen die Preiserhöhung enden?
Neben der allgemeinen Ankündigung, dass sich die Ticketpreise schon bald erhöhen werden, setzen Airlines die Erhöhung der Treibstoffzuschläge also bereits um. Die Zuschläge für Prämienflüge bei Emirates steigen schon seit einiger Zeit wieder an. Jetzt scheint das Preisniveau einen neuen Höchstpunkt erreicht zu haben. Schon vor der Corona-Pandemie zählte Emirates zu den Airlines mit den höchsten Treibstoffzuschlägen. Die Preise sanken zu Beginn der Pandemie um bis zu 50 Prozent, teilweise war für einen Flug von Europa aus in die USA lediglich eine Zuzahlung von 200 Euro fällig. Mittlerweile sind die Preise höher denn je. Für einen Hin- und Rückflug in der Business Class von Frankfurt nach Dubai werden 90’000 Meilen inklusive 887 Euro an Zuzahlungen fällig.
Weiteres prominentes Beispiel aus der Region: Qatar Airways. Auch Qatar Airways sah sich gezwungen, die Zuschläge für Prämienflüge auf der Langstrecke zu erhöhen. Konkret bedeutet das, dass eine Einlösung für einen Prämien-Hin- und Rückflug in der Business Class auf der Langstrecke nun bis zu 1’000 Euro kosten kann, zuzüglich den zu leistenden Meilen beziehungsweise Punkten. Interessanterweise fällt die Erhöhung der Treibstoffzuschläge im Qatar Airways Privilege Club nicht ganz so hoch aus, wie bei anderen Airline-Partnern, die ebenfalls Prämienflüge mit Qatar Airways anbieten.
Ein Beispiel ist dafür Asia Miles, wie das Vielfliegerprogramm von Cathay Pacific aktuell noch heisst. Die Einlösung über dieses Vielfliegerprogramm war schon immer wegen geringerer Meilenwerte lohnenswert. In der aktuellen Situation gibt das Vielfliegerprogramm die erhöhten Treibstoffzuschläge jedoch vollständig an die Passagiere weiter. Ein Vorgehen, welches bei den oneworld-Airlines viel Anklang findet. Denn auch British Airways sah sich gezwungen, die Treibstoffzuschläge unter dem Deckmantel “Steuern und Gebühren” für Prämienflüge auf der Langstrecke zu erhöhen. Die Erhöhung der Preise beträgt dabei bis zu 15 Prozent. Konkret bedeutet das, dass eine Einlösung für einen Prämien-Hin- und Rückflug in der Business Class auf der Langstrecke zusätzlich 100 Pfund Sterling kostet.
Fazit zum Wahnsinn bei den Treibstoffzuschlägen
Dass die Erhöhung der Treibstoffzuschläge nicht die einzige Langzeitfolge der Corona-Pandemie sein wird, dürfte wohl den meisten bereits klar sein. Airlines wie Emirates, Qatar Airways, aber auch British Airways und Cathay Pacific haben bereits früh auf die Ölpreissteigerungen reagiert und dabei gekonnt ignoriert, dass man in den vergangenen Jahren von verhältnismässig niedrigen Preisen profitieren konnte, und zwar zulasten der Passagiere. Dass grundsätzlich eine Preissteigerung aufgrund der aktuellen Gegebenheiten nachvollziehbar ist, steht dabei ausser Frage. Lediglich der umgehende Entschluss dazu wirft Fragen auf. Ein grösserer Plan könnte dahinter vermutet werden. Denn Airlines reagieren auch mit anderen Mitteln. Neben Ticketpreiserhöhung werden Vielfliegerprogramme mitunter deutlich unattraktiver. Verfügbarkeiten für Prämienflüge lassen sich nur noch selten finden, die Anreize dafür reissen aber nicht ab. Gleichzeitig entscheidet Singapore Airlines beispielsweise, die Award Chart zu entwerten. Nur ein erster Schritt. Denn auch Miles & More dürfte nach jahrelangen Plänen nun endlich die angekündigte Umstrukturierung des Vielfliegerprogramms forcieren.