Omikron hat die Reisewelt in den letzten Wochen ziemlich durcheinander gebracht – doch nach einigen Schreckensmeldungen gibt es nun endlich wieder positive Tendenzen.

Das Coronavirus hält die Reisewelt in einer bisher unbekannte Art und Weise in Atem. Es ist nun mehr knapp zwei Jahre her, dass die ersten erschreckenden Meldungen aus China kamen und den Flugverkehr kurz darauf zuerst auf den Strecken ins Reich der Mitte zum Erliegen brachten. Danach sollten viele Monate folgen, in denen es eine zumindest für meine Generation unbekannte Welle der Grenzschliessungen gab. Auf einmal war es nahezu gar nicht mehr möglich zu verreisen. Das hat sich seitdem geändert, allerdings ist die Volatilität auch im zweiten Corona-Jahr sehr hoch geblieben. Nun aber könnte eine gewisse Kontinuität kommen – obwohl Omikron gerade erst wieder alles durcheinander gebracht hat.

Die USA werden zum neuen Vorbild

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass es gerade die USA sind, die in den nächsten Monaten zu einem Vorbild für die Welt werden könnten. Das Land, das unter Trump einen in vielerlei Hinsicht kuriosen Reisebann gegen ausgewählten Staaten – darunter die gesamte Europäische Union – ins Leben gerufen hat, ohne dass es mit Blick auf die betroffenen Ländern eine sinnvolle epidemiologische Logik gegeben hätte. Dieser Bann sollte fast eineinhalb Jahre anhalten und endete erst im November. US-Amerikaner dagegen konnten schon Monate zuvor wieder in die Europäische Union reisen, scharfe Quarantäne- oder Testbestimmungen kannten die USA für ihre eigenen Bürger und Menschen aus vielen anderen Staaten selbst zu Hochzeiten der Pandemie nicht. Ein einheitliches System mit Tests vor dem Abflug gibt es erst seit einigen Wochen.

New York

Doch trotz dieses auf den ersten Blick nicht unbedingt vertrauenerweckenden Kurses wirkt es mit Blick auf die Einreise mittlerweile so, als würden die USA eine Vorreiterrolle und gleichzeitig eine Vorbildfunktion einnehmen. Beim Ausbruch von Omikron wurden Einreise aus dem südlichen Afrika sehr schnell verboten, um eine Einschleppung zu verzögern. Einen Bann für andere Länder, die auch stark betroffen sind – etwa Grossbritannien oder die Niederlande – sollte nicht folgen. Warum? Weil die USA selbst bereits immer mehr Omikron-Fälle verzeichneten. Seit nun mehr wenigen Tagen ist der Einreisebann sogar komplett Geschichte, denn mit der Feststellung der Dominanz der neuen Variante haben die USA auch die Einreisesperre für das südliche Afrika aufgehoben. Die Logik erscheint stringent und dürfte im Laufe der Pandemie möglicherweise zum Vorbild werden – kurze Einreisebanns sind zwar weiterhin logistisch komplex, aber immerhin werden sie nicht zum Dauerzustand.

Weniger Hysterie bei Einreisebeschränkungen

Was die USA dabei zeigen ist auch, dass es mit Blick auf Einreisebeschränkungen in Zeiten der Pandemie eine gute Mitte zwischen Hysterie und Realismus gibt. Ist es sinnvoll, dass man mit Blick auf neue Varianten neue Einreisesperren hochfährt, wenn man eine gefährliche Variante noch nicht einschätzen kann? Definitiv. Ist es sinnvoll, dass man sie aufrechterhält, wenn die Dominanz der Variante sowieso schon feststeht? Keineswegs. Doch in Europa fährt man weiterhin genau diesen Schlingerkurs und achtet besonders in Deutschland darauf, eine Mischung aus Hysterie und blindem Aktionismus zu verbreiten. Das beste Beispiel dafür ist die Erklärung Grossbritanniens als Virusvariantengebiet. Gleichzeitig machten Virologen bereits klar, dass die Variante in Deutschland sowieso Mitte oder Ende Januar dominierend sein würde. Der Nutzen der Einreisesperre? Möglicherweise eine minimalste Verzögerung der Ausbreitung – wenn überhaupt.

Raffles London

Gleichzeitig dominiert Omikron längst auch in Dänemark und den Niederlanden – beides Nachbarländer mit regem Grenzverkehr nach Deutschland. Dass beide (genauso wie Grossbritannien) mehr Proben sequenzieren, dürfte wohl auch der Grund für diese Feststellung sein. Warum beide aber nicht auch Virusvariantengebiete geworden sind, vermag niemand zu erklären. Dass die Flüge aus Grossbritannien nur einige tausend Passagiere transportieren, während jeden Tag zehntausende die Grenze zu den Niederlanden und Dänemark passieren, zeigt die Unlogik der Massnahme noch stärker. Doch Symbolpolitik und Hysterie scheinen bei Einreisebestimmungen weiterhin das gängige Mass zu sein. Das ist übrigens keineswegs ein rein deutsches Thema, auch in Frankreich hat man sich – nicht zuletzt aus der bekannten Rivalität – dazu entschieden, besonders Grossbritannien als Gefahr auszumachen.

Hoffnungsmeldungen verdrängen die Schreckensmeldungen

Eines hat die Pandemie dabei sicherlich gelehrt: Man weiss nie, was kommt und darf auch gerne etwas zu vorsichtig sein. Doch langsam aber sicher macht sich zumindest international eine gewisse Tendenz breit, dass die nächsten Monate tatsächlich besser werden könnte. Da ist zum einen der Blick auf viele Studien zur Krankheitsschwere von Omikron, welche zwar keine endgültigen Ergebnisse zulassen, aber zumindest darauf hindeuten, dass die Variante deutlich weniger gefährlich sein könnte. Zum anderen kommt auch in Europa in den nächsten Wochen wohl erstmals ein Pfizer-Medikament zum Einsatz, das die Wahrscheinlichkeit eines Krankenhausaufenthalts laut Zulassungsstudie um 90 Prozent reduziert – sofern es innerhalb von fünf Tagen nach Symptombeginn eingenommen werden. Die Rede ist teilweise von einem “Game Changer”, der selbst eine Impfpflicht unnötig machen könnte.

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Nun sollte man nicht auf Wundermittel hoffen und im Blick behalten, dass das Medikament nicht von heute auf morgen jede Erkrankung verhindern kann und erst einmal nicht vollumfänglich verfügbar (geschweige denn in Europa zugelassen) ist. Doch statt düsteren Vorhersagen wie noch Anfang Dezember zeigt sich zumindest aktuell ein Bild, das positive Tendenzen erhält und mehr von Hoffnungs- als von Schreckensmeldungen dominiert wird. Die sinkenden Fallzahlen in Deutschland tun ihr Übriges, auch wenn ein erneuter Anstieg im Januar erwartet wird. Für Reisen sind das grundlegend positive Neuigkeiten, denn die Entwicklungen könnten zumindest das Reisejahr 2022 insgesamt deutlich ruhiger machen. Wenngleich wir uns sicher sein können: Januar und Februar werden auf jeden Fall noch einmal turbulent.

Schritt für Schritt zu mehr Reise-Normalität

Wunderpille, Vorbildfunktion der USA und eine Pandemie, die möglicherweise endemisch wird. Das klingt im ersten Moment alles so, als wären wir der Normalität auf einmal sehr nahe – auch hinsichtlich Reisen. Doch so schnell wird es nicht gehen, denn zum einen mahlen die politischen Mühlen seit jeher langsamer und zum anderen bleibt die Pandemie jederzeit für eine negative Überraschung gut. Bedenken sollte man zudem, dass nicht überall alles so rosig ist, wie es sich in den Industrieländern möglicherweise entwickeln mag. Ähnlich wie bei den Impfstoffen wird es auch bei den Medikamenten laufen, sodass man davon ausgehen darf, dass diese zuerst einmal nur in den reichen Ländern verfügbar sind. Ärmere – und oft vom Tourismus abhängige – Länder, werden die Grenzen dagegen potenziell länger geschlossen oder besonders geschützt (mit verschiedenen Testkriterien) lassen.

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Generell hat sich in den letzten Monaten gezeigt, dass die meisten Regeln wohl eher bleiben werden, denn aufgebaut sind Barrieren immer schnell als wieder abgebaut. Selbst wenn sich die Lage also weiter entspannen sollte und die Pandemie wirklich endemisch wird sowie gleichzeitig ein Medikament die meisten Erkrankungen verhindert, dürften die verschieden neuen Kriterien für Tests erst einmal bleiben. Eine Impfung wird für die meisten Reisen eine Voraussetzung bleiben und auch die eine oder andere Grenze wird im Jahr 2022 wohl verschlossen bleiben. Doch generell darf man zum Abschluss des Jahres ernsthaft hoffen, dass sich die Lage im neuen Jahr relevant verändert – wenn auch nur Schritt für Schritt.

Autor

Moritz liebt nicht nur Reisen, sondern auch Luxushotels in aller Welt. Auf der Suche nach neuen Erlebnissen hat Moritz schon dutzende Airlines getestet und mehr als 100 Städte erkundet. Auf reisetopia lässt er Euch an seinen Erlebnissen & Tipps teilhaben!

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