Verspätungen oder Ausfälle bei einem Flug sind eine unangenehme Sache. Doch der Himmel über Europa ist einfach so voll und eng getaktet, dass es unweigerlich dazu kommen muss. Doch welche Rechte habe ich als Passagier in diesem Fall?

Auch wenn ich trotz meiner zahlreichen Flüge wirklich selten davon betroffen bin, erwischt es grundsätzlich jeden Vielflieger einmal. Vor allem in der aktuellen Zeit sind viele Reisende von Flugplananpassungen und -annullierungen europaweit betroffen. Auch ich durfte das aktuelle Chaos erst vorletztes Wochenende erleben. Damit Ihr in solchen Fällen nicht leer ausgeht, erfahrt Ihr in diesem Artikel, wie die Fluggastrechte aussehen und ob es eine Entschädigung bei Flugverspätungen gibt.

Fluggastrechte bei Verspätungen – Details

Fluggäste müssen bei Flugverspätungen geschützt sein, entschied das Europäische Parlament 2004 und erliess somit die Verordnung Nr. 261/2004. Diese schützt alle Passagiere, die entweder mit einer beliebigen Airline in der EU abfliegen oder mit einer Airline unterwegs sind, die Ihren Sitz innerhalb der Europäischen Union hat – unabhängig von Ziel- und Abflugort. Dementsprechend gilt diese Regelung seit dem Jahr 2006 auch für Reisende aus der Schweiz, dies jedoch nur, wenn ein europäischer Bezug gegeben ist. Der Flug muss also in der Schweiz oder in der EU starten oder landet und von einer Schweizer oder europäischen Airline durchgeführt werden. Bei allen anderen Strecken findet diese Verordnung leider keine Anwendung und Ihr seid hier auf das jeweilige Landesgesetz oder die Kulanz der Airline angewiesen. Auch wenn Ihr aus eigenem Verschulden zu spät kommt oder auf einem sogenannten Standby-Ticket für Airline-Angehörige unterwegs seid, gilt die EU-Verordnung für Euch nicht. 

Flugzeug Start Sonnenuntergang

Doch was genau regelt die Verordnung eigentlich? Die Verordnung regelt genau, welche Rechte Ihr bei Nichtbeförderung gegen Euren Willen, Annullierung des Fluges oder eben auch bei Verspätung des Fluges habt und wann eine Ausgleichszahlung seitens der Airline gewährt werden muss. Wichtig ist, dass die Airline bei aussergewöhnlichen Umständen keine Entschädigung leisten muss. Dieser Umstand liegt beispielsweise bei einem plötzlichen Streik (wilde Streiks sind ausgenommen), einem Notfall an Bord des Flugzeugs (zum Beispiel Vogelschlag) oder besonderen Wetterphänomenen, wie einem Vulkanausbruch oder plötzlichem Schneefall in unüblichen Regionen vor.

Wie viel Entschädigung gibt es für einen verspäteten Flug?

Ist Euer Flug mehr als drei Stunden verspätet und die Fluggesellschaft ist für die Verspätung verantwortlich, so steht Euch eine Entschädigung zu. Die Höhe der Zahlung ist dabei von der Flugdistanz abhängig und für die Flugverspätung ist die Zeit der Ankunft entscheidend. Seid Ihr also mit mehr als 3 Stunden Verspätung gestartet, es sind bei Ankunft allerdings nur noch 2 Stunden und 50 Minuten, so gibt es keinerlei Entschädigung. Zudem ist nicht der Zeitpunkt der Landung oder des Verlassens des Flughafens, sondern der Zeitpunkt der Öffnung der Flugzeugtüren relevant. Im Fall einer Verspätung solltet Ihr Euch also den Zeitpunkt der Türöffnung bestätigen lassen oder aber dokumentieren. Für jeden Passagier, der seine rechtmässigen Ansprüche innerhalb von drei Jahren anmeldet, gibt es:

  • 250 Euro, wenn die Strecke bis zu 1’500 Kilometer beträgt
  • 400 Euro, wenn die Strecke nicht innerhalb der EU liegt oder bis zu 3’500 Kilometer beträgt
  • 600 Euro, wenn die Strecke grösser als 3’500 Kilometer ist und Start oder Ziel ausserhalb der EU liegt

Diese Entschädigung muss in Bar ausgezahlt werden, ein Gutschein ist nicht ausreichend. Die Entschädigung steht immer dem Passagier zu. Sprich: bei einer Dienstreise geht dieses Geld auch direkt an Euch und nicht etwa an den Arbeitgeber. 

Gibt es noch zusätzliche Leistungen bei Verspätungen?

Meist seid Ihr ja noch am Boden, wenn Ihr von der Flugverspätung erfahrt. Doch Getränke und Mahlzeiten sind in Flughäfen nicht immer ganz günstig und nicht jeder kommt in den Genuss einer Lounge. Auch hier müssen Airlines bei grösseren Verspätungen handeln. So gibt es nach einer bestimmten Zeit bereits bestimmte Versorgungsleistungen der Airline. Ihr erhaltet kostenlose Getränke, Mahlzeiten und die Möglichkeit kostenfrei zwei Telefonate zu führen oder Mails abzuschicken, wenn Euer Flug mit einer Distanz bis maximal 1’500 Kilometern mehr als zwei Stunden verspätet ist. Liegt Eure Flugdistanz zwischen 1’500 und 3’500 Kilometer gibt es diese Leistungen nach drei Stunden Wartezeit und bei Flügen mit mehr als 3’500 Kilometer erst ab vier Stunden Wartezeit.

Anstehen bei Boarding
Grosse Verspätung bei Eurem Flug? Dann könnt Ihr Euch eine Entschädigung sichern!

Wartet Ihr mehr als fünf Stunden, so könnt Ihr vom Beförderungsvertrag zurücktreten und Euch den Flugpreis erstatten lassen. Sollte der Flug sogar auf den nächsten Tag verschoben werden, so muss die Airline für eine Übernachtung im Hotel sowie den Transfer in dieses Hotel aufkommen.

Wie kann ich meine Entschädigung für eine Flugverspätung einfordern?

Grundsätzlich habt Ihr hier verschiedene Möglichkeiten. Ihr könnt Euch beispielsweise direkt an die Airline wenden. Hier solltet Ihr unbedingt auf die EU-Verordnung verweisen, eine angemessene Zahlungsfrist setzen und hartnäckig bleiben. Viele Airlines versuchen um die Ausgleichszahlungen herumzukommen und werden Euch erst einmal vertrösten wollen, oder direkt ignorieren. Durch das Setzen einer Frist habt Ihr die Möglichkeit, nach Ablauf dieser Frist, eine Mahnung zu versenden. Dies ist der Zeitpunkt, wo die meisten Airlines einknicken. Tut sie das nicht, wäre der nächste Schritt das Einreichen einer Klage. Wenn Ihr Euch den Aufwand sparen wollt, solltet Ihr Euer Geld dennoch nicht abschreiben. Hier empfehlen wir Euch, dass Ihr Euch mit dem Anliegen an Fluggastrecht-Portale wendet.

Cathay Pacific Airbus A350 Flugzeug Sonnenaufgang

Das Praktische daran: Ihr zahlt bei den meisten Anbietern nur im Erfolgsfall. Ihr tragt online Eure Flugdaten ein und Euch wird sofort die Entschädigung angezeigt, die Ihr erzielen könnt. Den Rest erledigt nach Eingabe Eurer Daten das jeweilige Portal für Euch, sodass Ihr nach einiger Zeit eine Entschädigung ausgezahlt bekommt. Hiervon nimmt sich der jeweilige Anbieter zumeist zwischen 20 und 30 Prozent der erzielten Entschädigung als Provision heraus, sodass Ihr aus einer ursprünglichen Entschädigung von 600 Euro am Ende 414 Euro ausgezahlt bekommt. Dies ist natürlich ein stattlicher Anteil, jedoch gebt Ihr mit dem Geld auch sämtliche Arbeit ab.

Fazit zu Fluggastrechten bei Verspätungen

Durch die EU-Verordnung wurden die Fluggastrechte bei Verspätungen wirklich gestärkt. Leider halten sich viele Airlines immer noch nicht daran und versuchen durch Ignoranz und Falschaussagen die Zahlung der Entschädigung bei Flugverspätung zu umgehen. Bleibt man jedoch hartnäckig oder nutzt Online-Anbieter oder Anwälte, so sind die Chancen auf eine Erstattung sehr gut!

Welche Rechte haben Passagiere im Falle einer Annullierung?   +

Wenn die Fluggesellschaft einen Teil Ihrer Reiseroute aus der Europäischen Union (EU) annulliert oder wenn die Fluggesellschaft, die den Flug durchführt, eine EU-Fluggesellschaft ist, habt Ihr Anspruch auf Erstattung des nicht genutzten Teils Ihres Flugtickets.

Welche Rechte haben Passagiere bei Verspätungen?   +

Bei einer Verspätung von mehr als drei Stunden muss die Fluggesellschaft dem Fluggast eine Entschädigung in Höhe von 250 Euro für Flüge unter 1 500 km, 400 Euro für Flüge zwischen 1 500 und 3 500 km und 600 Euro für Flüge darüber hinaus zahlen. Die Fluggäste haben ausserdem Anspruch auf Mahlzeiten und Getränke, zwei Telefonate, Faxe oder E-Mails und eine Unterkunft, wenn der Ersatzflug erst am nächsten Tag abhebt.

Wie erhält man die Erstattung seines Flugtickets?   +

Wenn die Fluggesellschaft nicht von sich aus eine Erstattung Ihres Flugtickets anbietet, verwenden Sie am besten das Beschwerdeformular auf der jeweiligen Website oder wenden Sie sich an den Kundenservice. Darüber hinaus können Passagiere auch rechtliche Schritte einleiten und sich dabei an einen Anwalt oder Online-Plattformen für Fluggastrechte wenden.

Autor

Seit Alex zum ersten Mal im Alter von 3 Jahren geflogen ist, wollte er das Flugzeug eigentlich nicht mehr verlassen. Bis heute riss seine Faszination fürs Fliegen nicht ab, weshalb er sich entschlossen hat, Euch an seinen Erfahrungen und Tipps teilhaben zu lassen.

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