Wie bereits angekündigt möchten wir euch, mit uns zugesandten Lesergeschichten, einen Einblick in die jüngsten Reise- und Urlaubserfahrungen unserer Leser in Coronazeiten geben. Dazu veröffentlichten wir bereits abenteuerliche Leserbriefe von Reisen und (beinahe-)Strandungen in Kolumbien und Dubai.

In der heutigen Ausgabe nimmt euch Sebastian mit auf eine Reise nach Down Under und schildert, wie er und seine Reiebegleitung es grade noch so von einer abgelegenen Insel nach Sydney zurück schafften, nur um dort am Flughafen zu stranden und ungewillt exorbitante Ticketpreise für eventuell nicht stattfindende Flüge zu bezahlen.

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Australien und ein Formel1-Grand-Prix rufen

Ob in Australien Reisende ohne Rückkehrmöglichkeit nach Deutschland gestrandet sind, darüber herrschte wohl zwischen den vor Ort Betroffenen und dem Auswärtigen Amt Streit. Wir machten uns zu einer Zeit auf den Weg nach Down-Under, als sich die USA gerade von Europa abschottet und Australien einen Formel1-Grand-Prix austragen will. Wir beachteten zu diesem Zeitpunkt sämtliche Gesetze, Reisewarnungen und Hinweise unserer Regierung und sämtlicher Regierungen, der Länder, die wir besuchten oder deren Flughäfen wir nutzten. Für uns ist die Entscheidung aber auch eine wirtschaftliche: Das Nichtreisen mangels Reisewarnungen hätte bedeutet, auf eine hohe vierstellige Summe durch Stornierungsgebühren zu verzichten. Zu diesem Zeitpunkt sind anders als wir, schon viele Deutsche in Australien – viele sind zu einem Zeitpunkt nach Australien gereist, als das Land noch brannte und das Virus unbekannt war, manche sind seit Monaten auf dem Kontinent.

Bangen im Flugzeug – die Einreisebeschränkungen verschärfen sich

Wir reisen sehr viel, wir reisen weit – so einen Flug haben wir noch nicht erlebt: Wir trafen ein junges Paar, das nach Costa Rica zu fliegen beabsichtigt. In Abu Dhabi verlässt sie der Mut. Nachdem sie die Nachricht erhielten, Costa Rica würde einen Einreisestopp zwar erst knapp nach deren Ankunft verhängen, wird die Sorge zu gross, dass man das Land nicht mehr würde verlassen können – sie kehren in Abu Dhabi um. Beim Boarding in Abu Dhabi verbreitet sich dann die Nachricht wie ein australisches Buschfeuer, dass Neuseeland alle Ankömmlinge unter 14-tägige Quarantäne stellt. Ab wann das gelten soll – völlig unbekannt. Und so wird ein Duo, das dorthin weiterreisen wollte, zunehmend nervös. Beim Boarden weiss niemand was bei Ankunft in Sydney in rund 14 Stunden passieren würde. Wir rechnen damit, dass Australien nachzieht, nachdem über dem Indischen Ozean im Liveticker Europa als neues Epidemiezentrum ausgemacht wird. Ich bin schon einige Male in Australien gewesen – so einfach war die Einreise noch nie. Aber nur gut zwölf Stunden nach unserer Ankunft wurden alle neu ankommenden Nicht-Australier unter Quarantäne gestellt, was das Ende unseres Urlaubs bedeutet hätte, weitere zwei Tage später ist für Europäer insgesamt Schluss, auch jeder Australier darf sich selbst isolieren.

Somit hatten wir extremes Glück. Der Inlandsflug zum Great Barrier Reef war reine Formsache. Dort verbrachten wir eine Woche, als wäre nichts gewesen. Jedenfalls dort interessierte sich niemand auch nur ein wenig für das Thema.

Die Privatinsel schliesst – der Reiseveranstalter unerreichbar

Das sollte sich plötzlich ändern. Sonntag genossen wir noch Livemusik beim Sonnenuntergang, ab Montag offerierten die Restaurants nur noch Take-away. Eher zufällig hörten wir im Hotel, dass die im Privatbesitz befindliche Hamilton Island „geschlossen“ würde und wir das Zimmer verlassen müssten. Wir wussten zwar nicht genau was es bedeutet, wenn eine Insel geschlossen wird, aber wir wussten, dass wir das nicht erleben wollen. Wann der Flugverkehr eingestellt würde, konnte uns zwar niemand zuverlässig beantworten, aber das Ergebnis wäre für uns von dort katastrophal. Würden wir von der Insel nicht mehr herunterkommen, würde uns kein Rückholprogramm der Welt erreichen. Unser Reiseveranstalter beantwortete zu diesem Zeitpunkt schon seit Tagen keine E-Mails mehr, bei der telefonischen Notfallnummer liess eine Bandansage wissen, dass man bitte nicht mehr anrufen möge. Obwohl unsere bezahlten Flüge erst sechs Tagen später gingen, verliessen wir unser ebenso bezahltes Hotel, buchten einen Inlandsflug für den nächsten Tag nach Sydney und ergatterten die letzten Plätze. Wenige Stunden später war die Einreise in und aus dem Bundesstaat verboten.

Von der Außenwelt abgeschnitten

In der Nacht zuvor brachen die Transitflughäfen weg. Die Vereinigten Arabischen Emirate verboten ihren Flughäfen den Betrieb, damit sind Durchreisen an den so wichtigen Drehkreuzen Abu Dhabi und Dubai vorbei, die Fluggesellschaften Emirates und Ethiad wurden zum Zugucken verbannt. Wir wussten damit, dass unser Flug am kommenden Wochenende nicht mehr stattfinden konnte. Singapur und Hongkong gestatten den Transit ebenso nicht mehr für Deutsche; Indonesien und die USA jedenfalls nicht für Deutsche, die in der letzten Zeit in der EU gewesen waren. Wir hätten in Sydney genügend Zeit, Abu Dhabi noch vor Torschluss zu erreichen, wir hofften auf Kulanz, Verständnis, den Einsatz von Geld, um irgendwie raus zu kommen, den Flug vorzuziehen – das alles vergeblich. Die Flüge an dem Tag flogen zwar, die Regierung der VAE hätte aber entschieden, dass nur noch Einheimische mitfliegen dürften. Die Meldung, dass das so stimmt, ist bis heute nicht veröffentlicht. Man riet uns, eine Unterkunft zu suchen und sich auf eine lange Zeit einzustellen.

Am Flughafen herrschte Chaos. Tränen, Verzweiflung, alles Europäer, ganz überwiegend Deutsche. Man kann zu diesem Zeitpunkt, wie zu jedem späteren derart viele  Flüge buchen, dass man sich aussenstehend die Frage stellen könnte, wo denn das Problem der Menschen sei. Das Problem ist: Diese Flüge flogen nicht! Jedenfalls nicht für Deutsche! Über alle Airlines, Flugvergleichsportale, Reiseveranstalter und Reiseanbieter wurden Flüge von Airlines angeboten, die schon überhaupt nicht mehr flogen, über Flughäfen, die schon überhaupt nicht mehr geöffnet waren oder die aufgrund ihrer Nationalität oder ihrer Herkunft die Routen nicht mehr nutzen dürfen. In normalen Zeiten hiesse so etwas wohl Betrug, aktuell ist es normal. Wer nicht den Überblick behält und im Internet nicht firm ist, war chancenlos.

Voucher? – keine guten Aktien

Die Sorge der Menschen war und ist, dass die Airlines zu diesem Zeitpunkt für nicht stattfindende Flüge das Geld nicht rückerstatten, sondern Voucher in Aussicht stellen – Gültigkeit je nach Airline 9 bis 12 Monate. Ob die Airline zu diesem Zeitpunkt überhaupt schon wieder fliegt, völlig ungewiss, ob es sie überhaupt noch gibt, ebenfalls. Vor allem sind Gutscheine von Fluggesellschaften sicher aktuell schlechte Aktien, sie eignen sich überdies gänzlich nicht beim Bestreiten eines wie lang auch immer andauernden Lebens im fremden Land. Wir trafen einen Schweizer, der über die letzten Tage drei Voucher von drei verschiedenen Gesellschaften im Gesamtwert einiger tausend Euro angesammelt hat. Ob er in dem Jahr denn überhaupt noch einmal verreisen wolle, wenn es denn ginge, hat ihn keiner gefragt. Ob das alles hier vor Ort rechtlich in Ordnung ist, weiss keiner.

Die Unbeugsamen – das gallische Dorf

Ein Fleckchen am Airport stand da, wie ein gallisches Dorf: Qatar Airways. Die staatliche Fluggesellschaft Katars fliegt weiterhin über Doha als wäre nichts gewesen. Zu einer Zeit, zu der alles Verbindliche in Sekundenschnelle unverbindlich wird, wissen wir zwar nicht wie lange, aber in diesem Moment teilen sich die Rückreisewilligen in die Glücklichen, die – zufällig – über diese Airline gebucht haben und jene, die nicht.

Am Abend war an der Oper eine zwar verpöhnte, aber noch nicht verbotene Versammlung von Deutschen, die alle zufällig zusammen gekommen sind. Panik machte sich breit, Begriffe wie „lock down“ nahmen Gestalt an. An diesem Abend offenbarte die australische Regierung ihren Bürgern, dass das hier beliebte Grillen nicht mehr möglich sei. Zu diesem Zeitpunkt ist es neun Tage her, dass ein Formel1-Rennen hätte stattfinden sollen.

Die Preise steigen ins Astronomische

Wir registrierten uns wie alle anderen Mitstreiter für ein Rückholprogramm. Wir mussten dafür drei verschiedene Portale mit Informationen füttern. Es waren immer dieselben Informationen. Warum wir das mehrfach ausfüllen mussten, wissen wir nicht. Ab da bekamen wir Briefe von der Botschaft in Australien, die mit der Anrede „Liebe Landsleute“ begonnen. Man riet uns, kommerzielle Möglichkeiten zu nutzen – als hätten wir das nicht versucht. Diese dringende Bitte führte dazu, dass mancher Mitstreiter Routen buchte, die schon nicht mehr möglich waren. Ein älteres Ehepaar schlug bei Hongkong zu – schon zu diesem Zeitpunkt ein teurer Fehler. Später riet man, die Route über Doha mit Qatar zu nutzen. Zu diesem Zeitpunkt waren die Tickets innerhalb der nächsten Tage ausgebucht. Ab und an tauchte ein Einzelticket auf, was für 8.000 Euro aufwärts angeboten wurde. Ob die Verbindung in ein paar Tagen noch geöffnet sind, wusste keiner, denn die Menschen vor Ort haben inzwischen zu viel gesehen. Wir selbst sahen die Flüge später ab 10.000 Euro, andere berichten, sie haben sie ab 15.000 Euro aufwärts gesehen. Die Botschaft erkannte, dass „Preise schnell steigen“, das ist für uns nichts Neues, kaufen sollten wir sie trotzdem.

Wo ist die Moral von Qatar? – Intervention von Deutschland

Deutschland fuhr dabei eine bemerkenswerte Strategie. Das Land musste, in wie auch immer gearteter und uns unbekannter Weise, Kontakt zu Qatar Airways und/oder Katar aufgenommen haben. Qatar kündigt an, die Flugkapazitäten zu erhöhen. Qatar schaltet eine gross aufgelegte Werbekampagne, mit dem Inhalt, dass man die Welt nach Hause bringe. Mehr noch: Es wird ein Promotioncode angeboten in Höhe von 10 Prozent auf die vorgenannten Preise: „Travelhome“! Man kann das als geniales Marketing bezeichnen, man kann es mit Humor nehmen, man kann es aber auch als zynisch bezeichnen.

Anders als wir, sind viele Deutsche ins Land gekommen, als an das Virus nicht zu denken war. Viele sind Backpacker, Au-Pairs, Work-and-Traveller. Der Rat der Botschaft an die, die angeben, über keine liquiden Mittel zu verfügen, ist der, notfalls einen Kredit aufzunehmen. Ob das in Deutschland oder in Australien erfolgen solle, ob Deutschland das für einen Kreditvertrag erforderliche Schriftformerfordernis aufgehoben hat, beantwortet keiner, auch nicht über welche Sicherheiten ein Backpacker verfügen solle. Man kann wenigstens das mit Humor nehmen. Wir schlugen zu als der Preis eines One-Way-Tickets zu einem Preis zu bekommen ist, für den wir in Normalzeiten 2-3 mal hin- und zurück gekommen wären. Ein guter Kurs in diesen Zeiten. Sieben Stunden später sanken die Preise auf die Hälfte. Jedenfalls diese Börse hat nicht geschlossen. Ob es zwischenzeitlich Gespräche gegeben hat, kann man nur vermuten. Der FC Bayern München, den Qatar Airways sponsort, zeigt sich von seinem Geldgeber jedenfalls auf Twitter begeistert. Wir können nicht sagen, dass wir nicht begeistert wären.

Aufbruch ins Ungewisse

Unser Flug geht nun am Dienstag. Unser Online-Check-In funktioniert nicht. In der Hotline erreichen wir niemanden. Wir vermuteten eine Überlastung. Unsere Nachbarn können sich problemlos einwählen. Wir vermuten Überbuchung. In normalen Zeiten würden wir auf ein Upgrade hoffen und uns entspannen. Heute machen wir uns auf den Weg zum Flughafen. Von hier aus begeben wir uns in eine ca. 3-stündige Warteschlange, alle im Abstand von 1,5 Meter zueinander. Ob für uns das Werbeversprechen wahr wird, ist aktuell offen.


Wir danken Sebastian für diese spannende Geschichte. Aus späteren Mail Kontakt weiss ich inzwischen, dass die von Ihm gebuchte Qatar Airways Option sich als richtig herausstellte und er und seine Reisebegleitung sich nun wieder in Deutschland befinden. Insgesamt lässt sich deswegen sagen: Glück gehabt! Dieses Erlebnis wird er wohl nicht mehr so schnell vergessen!

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Autorin

Seit Lena ihren ersten Langstreckenflug bestritt, ist das Thema Reisen nicht mehr aus ihrem Alltag wegzudenken. Sie liebt es neue Länder zu erkunden und dabei ebenso die besten und außergewöhnlichsten Unterkünfte zu testen. Bei Reisetopia nimmt sie Euch mit auf ihre Reisen und teilt neben ihren eigenen Tipps & Erfahrungen auch die neusten Deals.

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