Velocity, dem Vielfliegerprogramm von Virgin Australia, steht eine ungewisse Zukunft mit mehreren Möglichkeiten entgegen, nachdem der Airline das Aus droht.
Die Zukunft von Virgin Australia sieht ungewiss aus, nachdem das Unternehmen diese Woche in die freiwillige und selbstverwaltete Insolvenz eingetreten ist. Während die beauftragten Insolvenzverwalter nun versuchen herauszufinden, wie die Fluggesellschaft gerettet werden kann, fragen sich zehn Millionen Australier, was mit den Punkten, beziehungsweise Meilen geschieht, die sie über das “Velocity”-Meilenprogramm der Airline gesammelt haben. Am Dienstag teilte Virgin den Velocity-Mitgliedern dazu mit, dass die gesammelten Punkte auf unbestimmte Zeit eingefroren werden.
Parallelen zu Ansett Australia und Air Berlin
“Wir haben die schwierige Entscheidung getroffen, alle Einlösungen mit sofortiger Wirkung für einen Zeitraum von vier Wochen auszusetzen. Das bedeutet, dass Mitglieder während der Pause nicht in der Lage sein werden, ihre Punkte gegen Prämien einzulösen”, sagte Virgin in einem auf ihrer Website veröffentlichten Statement. Zwar wurde klargestellt, dass die Punkte “nirgendwo hingehen” und ihre Gültigkeitsdauer verlängert wird um die Einfrierung auszugleichen, aber die Nachricht hat die Mitglieder nicht gerade mit Zuversicht erfüllt. Angesichts des COVID-19-Ausbruchs wurden auch in Australien sowohl Inlands- als auch internationale Flüge nahezu komplett gestrichen.
Wenn die Fluggesellschaft tatsächlich in Gänze zusammenbricht, befürchten Kunden, dass sie die gesammelten Punkte, beziehungsweise Meilen, aufgeben müssen, etwa wie nach der Pleite von Air Berlin und dem Vielfliegerprogramm “topbonus” geschehen. Die Australier sehen indes besondere Ähnlichkeiten zur ehemaligen australischen Airline “Ansett Australia”, die bereits 2002 ihren kompletten Flugbetrieb einstellte. Und in der Tat gibt es einige Ähnlichkeiten zwischen dem, was damals mit Ansett geschah und dem, was Virgin jetzt durchmacht. Beide hatten, beziehungsweise haben grosse grundlegende Probleme mit ihren Bilanzen, wobei Virgin ganze sieben Jahre in Folge Verluste einflog. Beiden wurde von der australischen Regierung finanzielle Hilfen verweigert und beide Airlines wurden schliesslich von ihrer jeweiligen Muttergesellschaft unter Verwaltung gestellt.
Auch in einem weiteren Punkt gibt es eine Gemeinsamkeit: Ansett geriet unmittelbar nach “9/11” in die Krise und musste sich letztlich geschlagen geben, während Virgin Australia nun zurzeit der Corona-Pandemie kurz vor dem Zusammenbruch steht. Im Falle eines Zusammenbruchs würden die Prioritäten des Unternehmens die gleichen bleiben. Da die Fluggesellschaft Vermögenswerte liquidieren und so ihre Schulden begleichen möchte, wird es eine lange Reihe von Gläubigern geben, darunter 16.000 Beschäftigte sowie Kreditgeber, die bevorzugt behandelt werden. Ganz zu schweigen von den Australiern, die über gültige Flugtickets verfügen, nachdem sie ihre Urlaubspläne und gebuchten Reisen wegen der Pandemie stornieren mussten.
Angesichts der Höhe der Schulden von Virgin Australia würde ein Zusammenbruch bedeuten, dass ein Grossteil des Unternehmens verkauft und in die Annalen einer von Misserfolgen übersäten Luftfahrtgeschichte eingehen würde. Virgin hat australischen Medien jedoch versichert, dass das Velocity-Programm durch einen geheimen Treuhandfonds abgesichert sei, der dafür sorgen würde, dass die Betroffenen geschützt und im Falle einer Liquidation ausgezahlt würden.
Kriegt Virgin Australia die Kurve, droht eine Meilen-Entwertung
Natürlich ist noch unklar, ob Virgin Australia das gleiche Schicksal wie Ansett oder auch Air Berlin ereilt. Die Fluggesellschaft mag im Moment am Boden sein, aber das bedeutet nicht, dass sie komplett erledigt ist. Australiens Finanzminister Matthias Cormann sagte am Dienstagmorgen einem Radiosender, dass die Regierung der Fluggesellschaft in begrenztem Umfang Hilfe anbieten könnte, wenn die Airline private Investitionen an Land ziehe, obwohl der Staat nach wie vor gegen die Idee einer Rettungsaktion in Höhe der benötigten 1.4 Milliarden Dollar sei.
Wenn Virgin Australia es aus der selbstverwalteten Insolvenz herausschafft, müsste die Airline ihren Betrieb gründlich überarbeiten und die Kosten drastisch senken. Zwar ist das Meilenprogramm derzeit rentabel, doch könnte die Fluglinie versuchen, die Velocity-Punkte abzuwerten, so dass die Mitglieder mehr davon ausgeben müssten, um diese beispielsweise für Flugprämien einzutauschen.
Velocity könnte an Airline-fremdes Unternehmen gehen
Was sich jedoch seit dem Zusammenbruch von Ansett geändert hat, ist, dass Treueprogramme immer mehr zu einem der profitabelsten Teile des Geschäfts einer Fluggesellschaft werden. Selbst wenn Virgin Australia zusammenbrechen sollte, könnte ihr Velocity-Programm ein attraktiver verbleibender Part sein, da die Datenbank zum Beispiel einen beträchtlichen Teil der australischen Verbraucher enthält. “Mit über 10 Millionen Mitgliedern ist das Velocity-Frequent Flyer-Programm ein hochprofitabler Zweig von Virgin Australia. Es wird nicht unbedingt verschwinden, selbst wenn die Fluggesellschaft pleite geht”, sagte Adele Eliseo, Gründerin der Flugmeilen-Website “The Champagne Mile”, gegenüber Medien.
Es ist möglich, dass ein komplett Airline-fremdes Unternehmen oder eine grosse Bank diesen Teil des Geschäfts übernehmen könnte, auch wenn es wiederum unwahrscheinlich ist, dass die Punkte nachher dann noch die gleichen seien werden. “Die Mitglieder sollten darauf vorbereitet sein, dass es zu einer Abwertung der Punkte und zu Änderungen der Einlösungsoptionen kommt”, sagte Eliseo. Dann könnten die Mitglieder ihre Punkte natürlich nicht mehr für attraktive Flugprämien einlösen.
Fazit zur Situation bei Virgin Australias Meilenprogramm
Nicht nur hierzulande fragen sich etliche Vielflieger und Meilensammler, was aus den grossen Treueprogrammen der namhaften Airlines nach der Krise werden wird. In Australien erleben wir mit Virgin Australia nun ein mögliches Beispiel, wobei es mehrere Optionen gibt, wie die ganze Sache ausgehen könnte. In jedem Fall steht fest, dass sich Velocity in irgendeiner Weise verändern wird. Hoffen wir nur weiter, dass wir von solchen Dingen hier verschont bleiben, mit Blick auf “unsere” Meilenprogramme.