Die Androhungen werden wahr! Die Lufthansa muss wegen der Slot-Regelung der EU knapp 20’000 Leerflüge durchführen. Im Sinne der Nachhaltigkeit steht das nicht.
Die Corona-Pandemie hat zu mächtigen Einschnitten und Änderungen in der Airline-Branche geführt. Geschlossene Grenzen gaben der EU-Kommission Anlass genug, die Nutzungspflicht von Slots zu reduzieren. Mittlerweile wurde dieser wieder erhöht. Die Lufthansa sieht sich deshalb gezwungen, knapp 20’000 Leerflüge durchzuführen, um die Slots zu sichern. Das geht aus einem Interview von Lufthansa-Chef Carsten Spohr mit der FAS hervor.
Realität: Geisterflüge zum Billigtarif
Ein Flughafen-Slot, also die Start-Landing-Operation-Time, ist das Recht eines Flugzeugs, zu einer bestimmten Tageszeit auf einem Flughafen zu starten oder zu landen. Bislang galt die Regel, dass Luftfahrtunternehmen ihr Anrecht auf ihre Slots verlieren, wenn diese nicht zu mindestens 80 Prozent an einem bestimmten Flughafen genutzt werden. Im Rahmen der Corona-Pandemie wurde die Nutzungspflicht zwischenzeitlich aber auf 25 Prozent gesenkt. Zum Winterflugplan 2021/2022 wurde diese jedoch wieder verdoppelt. Trotz des Buchungsaufschwungs im Sommer sind die aktuellen Zahlen laut Aussagen der Lufthansa jedoch nicht vielversprechend. So würden vor allem Passagiere aus den Heimatmärkten in Deutschland, Österreich, der Schweiz sowie Belgien fehlen, da in diesen Ländern die Pandemiewelle besonders stark sei. Damit sei es für die Lufthansa auch unmöglich, die Slots zu halten. Leerflüge müssen also wie geplant her.
Wie aus einem Interview von Lufthansa-Chef Spohr mit der FAS hervorgeht, plant die Airline davon momentan 18’000 Flüge, die unnötigerweise durchgeführt werden. Und das in einer Zeit, in der die Lufthansa bereits etwa 33’000 Flüge beziehungsweise zehn Prozent ihres Flugplans annullieren muss. Dementsprechend fügt Spohr an, dass theoretisch noch mehr Flugstreichungen notwendig gewesen wären, jedoch nicht im Einklang mit dem Erhalt der Slots stand. Kritik äussert Spohr vor allem gegenüber der Politik. Die EU-Kommission hat im Sommer noch ihr Klimapaket “Fit for 55” verabschiedet. Dass Airlines nun Leerflüge durchführen müssen – und nicht weiterhin von Ausnahmeregelungen im Rahmen der Corona-Pandemie Gebrauch machen dürfen – steht wohl nicht im Einklang mit diesen Plänen.
Der grössten deutschen Fluggesellschaft drohte trotz gesunkener Nutzungspflicht der Verlust wichtiger Slots an ihren Drehkreuzen in Frankfurt und München. Diese wären unter Auflagen auch schon frei zur Übernahme gewesen – ein ernsthaftes Interesse bekundete jedoch keine Airline im Laufe dieses Jahres. Da sich bislang jedoch keine Interessenten für die Lufthansa-Slots in Frankfurt und München bemerkbar gemacht haben, darf Lufthansa bis zum Sommer vorerst 2022 alle Slots behalten, sofern sie diese auch nutzt. Dennoch besteht auch weiterhin die Möglichkeit, dass die Slots in Frankfurt und München im Winter 2022/2023 noch wechseln könnten. Dann dürfen auch Airlines, die diese beiden Airports bereits anfliegen, ihr Angebot für die Slots abgeben.
Fazit zu den Leerflügen
Was vor etwa einem Jahr noch eine Androhung war, wird nun konkret. Aufgrund der erhöhten Nutzungspflicht der Slots, sind Airlines dazu gezwungen, Leerflüge durchzuführen, um diese zu halten. Zumindest muss die Lufthansa jetzt diesen Schritt gehen, wie aus einem Interview mit Carsten Spohr hervorgeht. Gleichzeitig sieht sich die Airline gezwungen, jeden zehnten Flug zu streichen. Theoretisch wäre noch mehr notwendig, aber aufgrund der Slot-Regelung nicht möglich gewesen. Dabei kritisiert Spohr vor allem fehlende Ausnahmeregelungen. Die Leerflüge würden vor allem das Klima unnötig schädigen.