Die Europäische Kommission hat der staatlichen Rettung der Lufthansa endgültig eine Genehmigung erteilt. Die Lufthansa muss allerdings mit einigen relevanten Auflagen leben.

Die Rettung der Lufthansa geht heute in ihre letzten Züge. Die wichtigsten Hürden sind mittlerweile genommen, seit die Regierung und die Lufthansa-Geschäftsführung sich vor wenigen Wochen auf die Hilfen geeinigt hatten. Nachdem zuerst der Aufsichtsrat zugestimmt hat, gab es von der EU-Kommission bereits vor einigen Tagen vorläufig grünes Licht für die Übernahme. Nun ist klar: Die EU-Kommission billigt die staatlichen Beihilfen, wie aus einem Statement hervorgeht. Nun müssen nur noch die Aktionäre bei der virtuellen Hauptversammlung, die aktuell stattfindet, zustimmen. Nachdem Großaktionär Thiele am gestrigen Abend ein positives Votum in Aussicht gestellt hatte, gilt eine Zustimmung zu den staatlichen Beihilfen als gesichert.

EU-Kommission billigt Hilfen nur mit Konzessionen der Lufthansa

Im Rahmen der Coronakrise wurden die Beihilferegelungen der Europäischen Kommission verändert, wodurch eine solch große staatliche Intervention rechtlich überhaupt möglich geworden ist. Dennoch geht die Zustimmung der Kommission mit einigen Einschränkungen einher. Die Wettbewerbskommissarin Margarethe Vestager erklärte dazu:

Deutschland wird 6 Mrd. EUR zur Rekapitalisierung der Lufthansa beitragen und eine staatliche Garantie in Höhe von 3 Mrd. EUR für ein Darlehen übernehmen. Diese hohe Beihilfe wird der Lufthansa bei der Bewältigung der Coronakrise helfen, die den Luftverkehrssektor besonders hart getroffen hat. Sie ist jedoch mit Auflagen verknüpft, darunter die Gewährleistung einer ausreichenden Vergütung des Staates sowie weitere Vorkehrungen zur Begrenzung von Wettbewerbsverzerrungen. Insbesondere hat sich die Lufthansa verpflichtet, an ihren Drehkreuzen Frankfurt und München, an denen die Lufthansa über beträchtliche Marktmacht verfügt, Zeitnischen (Slots) und zusätzliche Vermögenswerte zur Verfügung zu stellen. Dadurch erhalten konkurrierende Luftverkehrsunternehmen die Möglichkeit, in diese Märkte einzutreten, wodurch faire Preise und eine größere Auswahl für die europäischen Verbraucher gewährleistet werden.

Margarete Vestager zur Genehmigung der Lufthansa-Hilfen

Begründet wird die positive Gewährung der Beihilfen durch die EU-Kommission mit der schweren Krise der Luftfahrt. Konkret begründet wird die Erforderlichkeit der Zustimmung zu den Hilfen damit, dass aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus in ganz Europa im zweiten Quartal schwerwiegende Reisebeschränkungen festgelegt wurden. Diese haben den Betrieb der Lufthansa sowie ihrer Töchter schwer getroffen und die Airline erst in eine finanziell komplexe Situation gebracht.

Ebenfalls erklärt die Europäische Kommission in dem Statement, dass die Lufthansa von entscheidender Bedeutung für den Standort Deutschland ist, sowohl was den Passagier- als auch den Luftfrachtverkehr. Diese systematische Relevanz ist ein wichtiger Faktor dafür, ob staatliche Beihilfen gewährt werden dürfen oder nicht.

Lufthansa muss Slots abgeben und darf keine Konkurrenten übernehmen

Bereits bekannt war, dass die Lufthansa im Gegenzug für ein positives Votum der Europäischen Kommission Start- und Landerechte, sogenannte Slots, abgeben muss. Hier hatten die Lufthansa und die Vertreter der deutschen Regierung sowie der Europäischen Union einen Kompromiss ausgehandelt. Dieser wurde nun noch einmal bestätigt. In Frankfurt und München müssen insgesamt 24 Slots an einen Konkurrenten abgeben werden, dasselbe gilt für dazugehörende Vermögenswerte, die einen Betrieb der Slots erst möglich machen. Dadurch soll ein Wettbewerber die Möglichkeit haben, an beiden Airports eine Basis mit vier Flugzeugen aufzubauen, um somit ernsthaft mit der Lufthansa in Wettbewerb treten zu können.

Ob die Lufthansa diese Slots allerdings in Anbetracht des deutlich reduzierten Flugbetriebs in und nach der Krise überhaupt brauchen wird, steht infrage. Auch ein entsprechender Konkurrent, der die Slots übernehmen will, muss erst gefunden werden. Gleichwohl handelt es sich aber nicht um die einzige Einschränkung für die Gewährung der Hilfen. Die Lufthansa muss auch mit einem Verbot von Übernahmen und einer Quersubventionierung zurechtkommen. Dazu heißt es konkret:

Um sicherzustellen, dass die DLH durch die Gewährung der staatlichen Rekapitalisierungsbeihilfe keinen ungerechtfertigten Vorteil erhält, der den fairen Wettbewerb im Binnenmarkt beeinträchtigt, darf sie die Beihilfe nicht zur Unterstützung der Wirtschaftstätigkeit integrierter Unternehmen verwenden, die sich bereits vor dem 31. Dezember 2019 in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befanden. Außerdem darf die DLH grundsätzlich keine Beteiligungen von mehr als 10 % an Wettbewerbern oder anderen im selben Geschäftsfeld tätigen Unternehmen erwerben, bis das Rekapitalisierungsinstrument zu mindestens 75 % abgelöst wurde.

Statement der Europäischen Kommission

Konkret darf die Lufthansa also keine anderen Wettbewerber oder auch andere Unternehmen aus der Luftfahrtbranche übernehmen bis die staatlichen Hilfen mindestens zu 75 Prozent zurückgezahlt sind. Damit sind Szenarien wie eine Übernahme von Alitalia oder Condor vom Tisch.

Was das Thema Quersubventionierung angeht, ist die Sache komplexer. Hier heißt es konkret, dass die Beihilfen nicht für integrierte Unternehmen – also etwa Eurowings oder die Swiss – verwendet werden dürfen. Eingeschränkt wird dies allerdings dadurch, dass die entsprechenden Unternehmen zum 31. Dezember 2019 in “wirtschaftlichen Schwierigkeiten” gewesen sein müssen, damit eine Quersubventionierung verboten ist. Das würde konkret bedeuten, dass die Verwendung der Beihilfen für die Swiss und Austrian (beide haben 2019 Gewinn gemacht) möglich wäre, nicht aber für Eurowings und Brussels Airlines. Wie weit der Begriff “wirtschaftliche Schwierigkeiten” allerdings ausgelegt wird, bleibt abzuwarten – gerade mit Blick auf Eurowings.

Keine Dividenden, keine Bonuszahlungen und Exit des Staates bis 2026

Die Einschränkungen der staatlichen Beihilfen gehen allerdings noch weiter, wobei dies weniger mit dem konkreten Fall der Lufthansa zu tun hat. Vielmehr sind ähnliche Einschränkungen mit Blick auf Aktionäre sowie die Geschäftsführung bei staatlichen Beihilfen oder etwa auch aktuellen Krediten der KfW die Regel. Konkret schreibt die Europäische Kommission der Lufthansa vor:

Bis zum vollständigen Ausstieg des Staates unterliegt die DLH einem Dividendenausschüttungs- und Aktienrückkaufverbot. Außerdem gilt bis zur Ablösung von mindestens 75 % des Rekapitalisierungsinstruments eine strenge Beschränkung der Vergütung der Geschäftsleitung, einschließlich eines Verbots von Bonuszahlungen. Diese Voraussetzungen sollen auch Anreize für die DLH und ihre Anteilseigner schaffen, die Anteile des Staates zurückzukaufen, sobald die wirtschaftliche Lage dies zulässt.

Statement der Europäischen Kommission

Sowohl für den Vorstand als auch für die Aktionäre, deren Anteile aufgrund des staatlichen Einstiegs zudem verwässert werden, sind diese Einschränkungen von großer Relevanz und sorgen entsprechend dafür, dass ein besonderes Interesse dafür geschaffen wird, die Beihilfen schnellstmöglich wieder zurückzuzahlen. Mit Blick auf die Rückzahlung gibt es seitens der Kommission zudem einen klaren Plan, was den Zeitrahmen angeht:

Deutschland legte einen von der DLH ausgearbeiteten Geschäftsplan vor, dem zufolge die DLH sowohl das Darlehen als auch die Rekapitalisierungsinstrumente bis 2026 ablösen wird. Deutschland hat sich ferner verpflichtet, innerhalb von 12 Monaten nach Gewährung der Beihilfe eine glaubwürdige Ausstiegsstrategie auszuarbeiten, es sei denn, der Umfang der staatlichen Maßnahmen wird bis dahin auf unter 25 % des Eigenkapitals zurückgeführt. Wenn sechs Jahre nach Erhalt der Rekapitalisierungsbeihilfe der Ausstieg des Staates nicht feststeht, wird ein Umstrukturierungsplan für die DLH bei der Kommission angemeldet.

Statement der Europäischen Kommission

Auch diese Einschränkung hat nicht grundlegend mit der Lufthansa zu tun, sondern ist Teil des überarbeiteten Beihilferechts für staatliche Beihilfen im Rahmen der Coronakrise. Es bleibt allerdings in Anbetracht der unklaren Entwicklungen des Luftfahrtmarktes in den nächsten Jahren unsicher, ob eine Ablösung der verschiedenen Kredite und Hilfen bis ins Jahr 2026 tatsächlich realistisch ist.

Fazit zur Genehmigung der Lufthansa-Rettung durch die EU-Kommission

Es sind gute Nachrichten aus Brüssel, dass die Lufthansa-Rettung nun endgültig genehmigt ist. Im Laufe des Abends dürfte ein positives Votum der Aktionäre folgen, womit sich die Lufthansa endgültig über staatliche Hilfen freuen darf. Klar ist aber auch, dass die Einschränkungen der Europäischen Kommission für die Lufthansa nicht gerade milde sind. Besonders das Verbot der Quersubventionierung von defizitären Töchtern könnte mit Blick auf Eurowings und Brussels Airlines noch zu einem interessanten Politikum werden.

Autor

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