Schon in wenigen Tagen soll das neue COVID-Zertifikat Geimpften, Genesenen und Getesteten Zugang zu Grossveranstaltungen und Reisen in Europa ermöglichen. Die schnelle Bereitstellung der Zertifikate stellt nun allerdings eine enorme Herausforderung dar – vor allem für grosse Kantone.
Ab dem 7. Juni soll er endlich fertig werden: der digitale Test- und Impfnachweis für die Schweiz. Dieser soll einheitlich, fälschungssicher, überprüfbar und international kompatibel sein und allen Geimpften, Genesenen sowie zeitnah negativ Getesteten zugänglich sein. Spätestens bis zum Sommer wollte das Bundesamt für Gesundheit das international anerkannte Impfzertifikat fertig haben – und nicht erst auf die Entwicklungen innerhalb der EU warten. Nun scheint die rasche Bereitstellung der COVID-Zertifikate vor allem grosse Kanton vor enorme Herausforderungen stellen, wie das SRF berichtet.
Komplexe Strukturen erschweren Umsetzung
Die Corona-Pandemie hat Europa noch immer voll im Griff. Derzeit erfasst die dritte Infektionswelle den gesamten Kontinent – dennoch sollen Reisen im Sommer wieder vereinfacht möglich sein. Denn ab dem 7. Juni soll ein digitaler Impfpass in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Informatik und Telekommunikation pünktlich zu den Sommerferien fertiggestellt werden. Die Umsetzung scheint nun aber nicht so einfach wie gedacht.
„Ich glaube, man hat es verschlafen. Vor allem beim Bund hat man die Probleme erst gesehen, als sie schon da waren“, soll sich der Präsident der Zürcher Ärztegesellschaft dem SRF gegenüber geäussert haben. „Wir von der Ärzteschaft haben immer wieder darauf hingewiesen: Denkt daran, was alles noch kommt. Dann hat man uns vertröstet und gesagt, man sei so unter Druck, man könne jetzt nicht mehr tun.“ Besonders ärgert sich Widler über das horrende Tempo, das die Kantone nun anschlagen müssen, um die technischen Vorgaben des Bundes zu erfüllen. Und die sollen es in sich haben: Denn die Kantone müssen als Erstes sogenannte Aussteller benennen – Fachleute in den Impf- und Testzentren, Spitälern, Arztpraxen und Apotheken, die die COVID-Zertifikate ausstellen. Dort müssen von den kantonalen Servern die Impfdaten oder von den Servern des BAG die Daten eines allfälligen positiven Tests, die eine Genesung von COVID-19 belegen, in ein neues Dokument eingetragen werden. Dieses wird wiederum in einem neuen IT-System codiert, das das Bundesamt für Informatik und Telekommunikation in Auftrag gegeben hat.
Wenn alle Daten erfasst und an die Swiss COVID-App angepasst sind, erhält der Aussteller im Kanton das „Go“ und kann das Zertifikat übergeben. Falls diese Vorgänge digital nicht effizient eingerichtet sind und pro Antragsteller mehr als vier Minuten dauern, sollen vor den Sommerferien längst nicht alle ein Zertifikat erhalten, die dies benötigen. Die Probleme bei den Kantonen – vor allem bei den grossen – hat Rudolf Hauri, Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte, in einer Medienkonferenz des BAG in Bern bestätigt:
Ja, die Herausforderungen für die Kantone sind da, weil wir noch viele Details nicht kennen. Wir erfahren laufend Neues in Zusammenhang mit der Technik. Es liegt in der Natur der Sache, dass ein bevölkerungsreicher Kanton wesentlich mehr Aufwand betreiben muss, organisatorischer Art, als ein kleiner Kanton. Das wissen die Kantone aber, und sie werden natürlich alles daran setzen, möglichst schnell zu sein. Aber wir können das nicht garantieren. Und wir hoffen nicht, dass man wieder einen Wettbewerb daraus macht.
Rudolf Hauri, Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte
Zum ambitionierten Fahrplan beim COVID-Zertifikat will Virginie Masserey vom BAG ebenfalls keine Garantie abgeben: „Wir können es nicht garantieren. Aber ich kann Ihnen versichern, dass es unsere Absicht ist, die Abläufe so einfach wie möglich einzurichten, um die Zertifikate erstellen zu können”, soll die Leiterin der Sektion Infektionskontrolle gesagt haben.
Fazit zur eventuellen Verzögerung der COVID-Zertifikate
Um wieder zur Reisefreiheit zurückzugelangen, sind einheitliche Bestimmungen und Gesundheitsnachweise essenziell. Die Schweiz arbeitet seit Monaten mit Hochdruck daran, ein COVID-Zertifikat zu entwickeln, das mit dem „Digital Green Certificate“ der EU kompatibel ist. Dass dieses nun für alle vor den Sommerferien zugänglich ist, soll nicht garantiert sein. Vor allem für grosse Kantone sollen die komplexen Strukturen eine enorme Herausforderung für die schnelle Umsetzung darstellen.