Die 69. Ordentliche Hauptversammlung der Lufthansa Group findet am 10. Mai rein virtuell statt. Die Rede vom CEO der Gruppe Carsten Spohr liegt den Aktionärinnen und Aktionären bereits vor.
Am 10. Mai findet die 69. Ordentliche Hauptversammlung der Lufthansa Group statt. Laut Lufthanas-Führung kommen die Aktionärinnen und Aktionäre rein virtuell zusammen, da die “Grossveranstaltung mit persönlicher Präsenz eine äusserst unsichere Option” wäre. Der Redetext von Lufthansa-CEO Carsten Spohr ist bereits veröffentlicht. Wir blicken auf die vermittelten Inhalte und sind auf die Zukunft der Lufthansa Group gespannt.
“Diese Krise haken wir jetzt – zumindest mental – ab”
Der Luftverkehr war, gerade in der Personenbeförderung, von der Pandemie sehr früh und sehr hart getroffen. Weltweit sind die Umsätze der Luftfahrtunternehmen zusammengebrochen und es wurde das Schlimmste prognostiziert. Gut zwei Jahre nach Ausbruch und der Verbreitung des Coronavirus schreibt die Lufthansa Group die Krise ab; zumindest mental, so der Lufthansa-CEO Carsten Spohr. Die Pandemiejahre hat die Airline-Gruppe in eine starke Krise geführt. Dennoch soll die Lufthansa Group besser als andere Airlines und DAX-Unternehmen gehandelt haben und die Krise als Chance genutzt, meint der CEO. Durch die gesamte Rede Spohr zieht sich der Vergleich mit der Konkurrenz, wo die Lufthansa Group entweder besser agiert hat oder die anderen schlechter dastehen als man selbst. Klar ist, dass es für den Konzern besser gelaufen ist als bei der Konkurrenz. Der Verdienst liegt aber zu einem nicht unwesentlichen Teil bei der ehemaligen Bundesregierung, welche dem Konzern immense staatliche Hilfen bereitgestellt hat. Diese sind allerdings grösstenteils früher zurückgezahlt worden als ursprünglich erwartet.
In Spohrs Rede werden ebenfalls ein paar Zahlen aus dem Geschäftsbericht 2021 erwähnt. Diese werden sehr positiv an die Aktionärinnen und Aktionäre vermittelt, da es in vielen Punkten prozentual zweistellige Zuwächse im Vergleich zum Vorjahr gab (Passagieraufkommen +30 %, Gesamtumsatz +25 %, etc.). Die Zahlen sind trotzdem kritisch zu betrachten. Einerseits kommt unterm Strich immer noch Verlust raus, weshalb auch keine Dividenden ausgezahlt werden können. Andererseits sind für das Umsatzwachstum auch die starken Tochterfirmen Lufthansa Technik und Lufthansa Cargo massgeblich mitverantwortlich.
Im Rahmen der notwendigen Restrukturierung mussten wir unseren Konzern mit vor der Krise weltweit rund 140.000 Mitarbeitern verkleinern. Jeder vierte Mitarbeiter musste die Lufthansa Gruppe verlassen. Diesen schmerzhaften Personalabbau haben wir im vergangenen Jahr abgeschlossen. Ich bin stolz darauf, dass wir diesen Abbau sozial verantwortlich bewältigen konnten. Unser Versprechen, 100.000 Arbeitsplätze zu erhalten, haben wir sogar übererfüllt und mehr als 104.000 zukunftsfähige Stellen im Konzern gesichert.
Carsten Spohr, Rede auf der 69. ordentlichen Hauptversammlung
Das Thema Mitarbeitende ist in Spohrs Rede nur von kurzer Bedeutung, obwohl knapp ein Viertel der Beschäftigten (rund 35.000) den Konzern verlassen mussten. Von 140.000 Beschäftigten sind noch 104.000 im Unternehmen. Damit ist zwar das Ziel von mehr als 100.000 Mitarbeitenden übertroffen, dennoch sind es rechnerisch nicht weniger Beschäftigte, welche aus Restrukturierungsgründen gehen mussten. Die zu positive Darstellung der Mitarbeitersituation werden die gekündigten Beschäftigten wohl weniger positiv aufnehmen.
Neben der Darstellung allgemeiner Informationen und des Geschäftsberichts 2021 geht Carsten Spohr auch auf die Zukunftspläne für die Lufthansa Group ein, welche für die Anteilseigner von besonderer Bedeutung sind. Sehr optimistisch präsentiert er die drei Prioritäten, die sich die Gruppe für die Zukunft gesetzt hat.
1. “Das Reiseerlebnis für unsere Kundinnen und Kunden wieder auf das Premium-Level bringen, das sie zu recht von uns erwarten.”
Die Lufthansa hat in vielen Punkten stark nachgelassen; das aber schon weit vor der Pandemie. Viele von Euch werden vermutlich bemerkt haben, dass der Service nachgelassen hat und auch die Sitzprodukte nicht mehr mit der Konkurrenz mithalten können. Es ist verständlich, dass es sich schwer mit den Golf-Airlines mithalten lässt, da sie über andere Mittel verfügen. Aber auch im Vergleich zu europäischen Fluggesellschaften, wie zum Beispiel die niederländische KLM, schneidet der Konzern schlechter ab.
Demnach wird es Zeit, dass die Lufthansa Group etwas ändert und wieder zu der Premium-Airline wird, die sie früher war. In zwei Punkten wird es nun massive Veränderungen geben. Der erste Punkt ist die Innenausstattung. Der Konzern plant, “in den nächsten 18 Monaten neue Sitze in allen Reiseklassen” einzubauen. Vor rund zweieinhalb Monaten präsentierte die Swiss ihr erstes Flugzeug mit neuer Premium Economy Class. Diese wird auch in den Lufthansa-Maschinen zukünftig verbaut werden. Weiter geht es mit der Business Class der Lufthansa. Diese kann aktuell nicht mehr mit der Konkurrenz mithalten. Eine 2-2-2 Konfiguration mit kurzer, enger Liegefläche und wenig Privatsphäre ist outdated. Demnach ist es an der Zeit, dass die neue Business Class verbaut wird. Diese wird aber erst ab dem Sommer 2023 in den neu ausgelieferten Airbus A350 sowie Boeing 787-Modellen zu finden sein.
Wir werden daher nicht nachlassen, dieses Problem mit Hochdruck anzugehen. Auch mit verbesserten Self-Service-Angeboten, die einen Anruf im Call Center überflüssig machen.
Denn unser Ziel ist das bestmögliche Erlebnis für unsere Kundinnen und Kunden entlang der gesamten Reisekette.
Carsten Spohr, Rede auf der 69. ordentlichen Hauptversammlung
Der zweite Punkt ist der Kundenservice. Aktuell kommt es für Kundinnen und Kunden beim Kontakt mit Call-Centern zu längeren Wartezeiten. Diese sollen sich einerseits verkürzen, andererseits soll auch der Anruf durch einfache und unkompliziertere Self-Service-Angebote überflüssig gemacht werden. Die Gruppe hat zwar schon die Call-Center-Kapazitäten um 500 weitere Beschäftigte ausgebaut; dies reiche allerdings nicht, so Spohr. Durch eine weitere Aufstockung sollen alle Passagiere der Airlines zufriedngestellt werden.
2. “Unsere Nachhaltigkeitsinitiativen kraftvoll stärken, damit wir unsere ambitionierten Ziele einer umweltfreundlicheren Luftfahrt erreichen.”
Die zweite Priorität des Konzerns ist das Thema Nachhaltigkeit. Dazu bringt der Konzern in letzter Zeit einige positive Nachrichten, wie zuletzt der nachhaltige Flugzeugtreibstoff bei Austrian Airlines oder die erleichterte CO₂-Kompensation auf Lufthansa-Flügen. “Schon nach wenigen Tagen ist dadurch der Buchungsanteil von CO₂-neutralen Flügen auf lufthansa.com deutlich gestiegen”, so Carsten Spohr.
Eine weitere Möglichkeit, wie die Lufthansa Group nachhaltiger werden kann, ist die Modernisierung der Flotte. Obwohl noch über 20 Jahre alte Maschinen im Einsatz sind, läuft diese gut voran. Bis ins Jahr 2030 wird es mindestens 180 neue Maschinen bei der Lufthansa Group geben. Die neuen Flugzeugmodelle Airbus A350, Boeing 787 und Boeing 777X, welche aktuell immer noch Probleme macht, werden den CO₂-Ausstoss um bis zu 30 Prozent reduzieren. Auch der Lärm wird reduziert. Die neuen Jets sollen bis zu 50 Prozent leiser sein als ihre Vorgänger.
Der Konzern investiert neben der Flottenmodernisierung auch in Forschung und Entwicklung. Im Vordergrund hierbei steht der im letzten Jahr von Lufthansa gegründete CleanTech Hub, welcher als Kompetenzzentrum und Think Tank fungieren soll. Wir sind gespannt, welche Ergebnisse daraus folgen.
Das sehen wir in diesen Tagen deutlicher denn je. Europa braucht starke Airlines. Wir dürfen sie nicht durch weitere unfaire Regulierungen schwächen. Deshalb fordern wir eine europäische Klimapolitik, die Emissionen wirksam reduziert, Carbon Leakage vermeidet und fairen internationalen Wettbewerb gewährleistet. Nur so hat Europa die Chance, ein weltweites Vorbild für die Dekarbonisierung des Luftverkehrs zu werden.
Carsten Spohr, Rede auf der 69. ordentlichen Hauptversammlung
Interessant ist die kritische Auseinandersetzung Spohrs mit der aktuellen Klimapolitik der Bundesregierung und der Europäischen Union. Diese hindert die Lufthansa Group daran, international wettbewerbsfähig zu bleiben. Es sind mahnende Worte des CEOs an die Politik: “Es kann in unserer Demokratie auch politisch nicht gewollt sein, dass ausgerechnet autokratisch geführte Staaten Profiteure europäischer Regulierung werden.”
3. “Unsere Transformation forcieren, um auf dem Weg zu einer effizienteren und fokussierteren Lufthansa Group weiter voran zu kommen.”
Dritter Punkt der Prioritätenliste für die Zukunft ist, dass sich die Lufthansa Gruppe auf ihre Kernkompetenzen fokussiert. Im Konkreten meint Spohr damit “als Airline-Gruppe Menschen und Güter sicher an Ihre Ziele fliegen.” Zum ganzen Konzern gehören zum aktuellen Stand zahlreiche Tochterfirmen in sämtlichen Geschäftsfeldern.
Wir werden auch in Zukunft in profitablen Geschäftsfeldern aktiv bleiben, die hohe Synergien mit unseren Fluggesellschaften aufweisen.
Wo diese Synergien gering sind, suchen wir nach besseren Eigentümern.
Carsten Spohr, Rede auf der 69. ordentlichen Hauptversammlung
Die Gruppe plant einige der Tochterfirmen zu veräussern oder unabhängiger vom Konzern zu machen. Spohr nennt als Beispiel drei Tochterfirmen: Das Kreditkartengeschäft AirPlus soll einen Käufer finden, das internationale Geschäft der Cateringtochter LSG Group soll veräussert werden und die Lufthansa Technik soll unabhängiger werden. Wir werden die Hauptversammlung intensiv verfolgen, um zu sehen, um welche Tochterfirmen es sich noch handelt und welche Schritte in der Zukunft eingeleitet werden.
Fazit zum Redetext Spohrs auf der Hauptversammlung der Lufthansa Group
Die 69. Ordentliche Hauptversammlung wird eine wichtige Veranstaltung für Zukunft der Lufthansa Group sein. Durch die veröffentlichte Rede des CEOs Carsten Spohr erhielten wir einen ersten Einblick in die zukünftige Ausrichtung des Konzerns. Es ist klar, dass sich das Unternehmen gegenüber seinen Aktionärinnen und Aktionären gut verkaufen muss, damit diese weiterhin Anteilseigner bleiben und die Gruppe fördern. Dennoch werden in meinen Augen einige Punkte zu verschönt dargestellt. Wir sind gespannt, ob die Lufthansa Group ihre drei grossen Zukunftsprioritäten erfüllen wird, weiterhin weltweit wettbewerbsfähig bleibt und welche Ergebnisse auf der Hauptversammlung am 10. Mai präsentiert werden.