Bei immer mehr Fluggesellschaften und in immer mehr Ländern fällt die Maskenpflicht im Flugzeug weg, was zu sehr erhitzten Debatten führt. Die Frage ist: Warum eigentlich?

Der Kampf um Freiheitsrechte war noch nie einer, der ohne harte Bandagen geführt worden wäre. So richtig merkt man das als jüngerer Bürger allerdings erst in der Corona-Pandemie, in der es vielfach nur schwarz und weiss zu geben scheint. Ob bei der Impfung, bei den Beschränkungen oder der Maskenpflicht: Die Debatte scheint keinen Mittelweg mehr zu kennen, was man hinsichtlich der Veränderungen im Luftverkehr aktuell in grosser Deutlichkeit sieht. Ob in den USA, der Schweiz oder auch in Deutschland – über die Maskenpflicht bei Fluggesellschaften wird fürstlich diskutiert, manchmal sogar mit Fäusten statt mit Worten. Rational ist das schon lange nicht mehr.

Gewohnheit muss nicht immer richtig sein

Das Besondere an der Diskussion über die Maskenpflicht im Flugzeug ist, dass die Studienlage zu Infektionen in kommerziellen Flugzeugen relativ unübersichtlich ist. Am Anfang der Pandemie hiess es noch, dass Ansteckungen durch die Belüftung mehr oder weniger unmöglich wären, dann tauchten viele anderslautende Berichte auf. Bis heute scheint gewissermassen unklar: Ist es nun gefährlicher sich im Flugzeug anzustecken als anderswo oder nicht? Argumente dafür und dagegen gibt es jeweils mehr als genug, sodass man sich sparen kann, noch einmal darauf einzugehen.

Im Flugzeug geht es fraglos enger zu als anderswo

Klar scheint vielmehr, dass wir uns alle daran gewöhnt haben, im Flugzeug – wie auch in vielen Alltagssituationen – eine Maske zu tragen. Diese Gewohnheit nun zu verändern, scheint manch einen dazu zu bewegen, falsche Schlüsse zu ziehen. Die Maskenpflicht im Flugzeug gab es nicht unbedingt deshalb, weil bewiesen ist, dass Ansteckungen wahrscheinlich(er) sind, sondern weil sie im Prinzip in allen Bereichen eingeführt wurde. Es erscheint daher zumindest auf den ersten Blick nur stringent, dass die Maskenpflicht im Flugzeug dann wegfällt, wenn sie auch in anderen Alltagssituationen nicht mehr existiert. 

Ein gutes Beispiel dafür ist die Schweiz, wo die Maskenpflicht im Flugzeug zu dem Zeitpunkt weggefallen ist, als die Pflicht auch in allen anderen Bereichen zurückgenommen wurde. In Deutschland ist die Situation insofern eine andere, als mit dem Basisschutz die Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr – zu dem gewissermassen auch das Flugzeug gehört – bestehen geblieben ist. Ob diese Differenzierung, Maskenpflicht im ÖPNV ja, aber in öffentlichen Gebäuden und bei Menschenansammlungen nein, sinnvoll ist, steht auf einem anderen Blatt Papier.

Selbstschutz trifft auf Fremdschutz

Beim Fliegen ergibt sich dabei ein besonderes Paradox, denn am Flughafen muss man etwa in Deutschland beim Boarding in einer Menschenmenge keine Maske tragen, im Flugzeug dann allerdings schon – selbst dann, wenn der Jet komplett leer ist. Nun gab es solche diffusen Situationen in der Pandemie natürlich eine ganze Zeit lang, sodass man sich auch daran gewöhnt hat. Was dagegen bislang noch nicht zur Gewohnheit geworden ist, scheint das Zweckverhältnis zwischen Selbstschutz und Fremdschutz, der sich bei der Diskussion um die Maskenpflicht besonders stark zeigt.

An die Maskenpflciht im Flugzeug haben sich die meisten gewöhnt

Gerade in den USA wird darüber besonders stark debattiert, denn verschiedene Studien belegen, dass eine FFP2-Maske einen sehr hohen Selbstschutz bietet. Das bedeutet im entsprechend auch: Jeder hat im Flugzeug und allen anderen Situationen immer die Chance, sich selbst zu schützen. Diese Möglichkeit wird durch die Wegnahme der Maskenpflicht niemandem genommen. Ein guter Vergleich dazu ist das Tragen eines Helmes auf dem Fahrrad: Schützen kann sich jeder selbst, eine Pflicht dazu gibt es allerdings nicht – obwohl eine solche Pflicht jedes Jahr viele Menschenleben retten könnte.

Doch in der emotionalen Debatte um die Maskenpflicht im Flugzeug (wie auch generell) wird immer wieder auch um den Fremdschutz gerungen – mit einem Fahrradhelm schützt man eben nur sich selbst und nicht andere. Dabei stellt sich also die Frage, ob auch andere eine Maske tragen sollten, um diejenigen zu schützen, denen der Selbstschutz sehr wichtig ist. Nun ist es zweifelsfrei so, dass die Übertragungswahrscheinlichkeit noch geringer ist, wenn alle Personen eine Maske tragen und damit nicht nur sich selbst, sondern auch andere schützen. Doch hier stellt sich eben auch die Frage: Wie viel mehr Schutz bedeutet das am Ende und wie gefährlich ist eine Infektion im Verhältnis zu anderen Krankheiten und Gefahren des Lebens noch?

Dass eine Ansteckung im Flugzeug möglich ist, steht ausser Frage

Genau hier kann man wieder das Beispiel des Fahrradhelmes bemühen: Dieser bietet einen Selbstschutz, schützt aber noch lange nicht davor, dass man in einem Unfall verletzt wird oder sogar stirbt. Dieses Lebensrisiko trägt jeder selbst und mit der Abnahme der Mortalität einer Corona-Infektion stellt sich bei der Pandemie eine ähnliche Entwicklung ein: Je weniger man einen anderen durch den Verzicht auf einer Maske gefährdet, desto geringer müssen auch die Einschränkungen sein – genau so funktionieren Freiheitsrechte.

Einen Schutz vor allen Gefahren gibt es nicht

Die Debatte rund um die Maskenpflicht im Flugzeug passt dabei natürlich gut zur gesellschaftlichen Polarisierung, in der eine Seite deutlich stärkere Freiheitseinschränkungen befürwortet, um einen stärkeren Schutz für Risikogruppen zu erreichen. So ehrenhaft dieser Kampf ist, stellt sich die Frage, wo die Grenze gezogen wird: Fast jeder Deutsche findet etwa die Massnahmen zur Pandemiebekämpfung in China grenzwertig, wenn nicht gleich völlig verrückt. Dabei hat man hier nur den besonders extremen Weg gewählt, um die Mortalität durch das Virus zu begrenzen und dabei die Freiheit des Einzelnen einzuschränken, um Risikogruppen zu schützen.

Dabei stellt sich am Ende die Frage, welchen Weg man als Gesellschaft gehen will und ob wir mit unserem Mittelweg in Deutschland nicht genau richtig unterwegs sind. Eine Schutz vor allen Gefahren gibt es nicht. Hier bietet sich der Fahrradvergleich wieder perfekt an, denn es gäbe durchaus Möglichkeiten, um die Mortalität von Fahrradfahrern durch Fremd- statt nur Selbstschutz weiter zu minimieren: Etwa, in dem die Geschwindigkeit in urbanen Gebieten auf 10 km/h begrenzt oder gleich allen motorisierten Verkehr verbietet. Die Gesellschaft scheint sich hier allerdings für anderen Weg entschieden zu haben.

Die schöne Analogie für die Maskenpflicht im Flugzeug bleibt dabei ganz offensichtlich: Jeder kann sich nicht nur selbst schützen, sondern auch selbst entscheiden, welche Gefahren man eingehen möchte. Niemand wird gezwungen, mit dem Fahrrad zu fahren und damit ein minimales Risiko einer Verletzung oder gar des Todes einzugehen und niemand wird gezwungen, in Zeiten von hohen Infektionszahlen in ein Flugzeug zu steigen und damit eine potenzielle Ansteckung in Kauf zu nehmen. Wer es dennoch tut, kann sich selbst so gut wie möglich schützen – mit einem Helm genauso wie mit einer Maske.

Autor

Moritz liebt nicht nur Reisen, sondern auch Luxushotels in aller Welt. Auf der Suche nach neuen Erlebnissen hat Moritz schon dutzende Airlines getestet und mehr als 100 Städte erkundet. Auf reisetopia lässt er Euch an seinen Erlebnissen & Tipps teilhaben!

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