In den vergangenen zehn Jahren gab es eine unglaubliche Entwicklung hinsichtlich des Premium-Bordprodukts vieler Airlines. Langsam fragt man sich: Geht in der Business Class überhaupt noch mehr?
Grosse Ankündigungen für neue Business Class und First Class Produkte gab es auch zuletzt in grosser Zahl. Viel verändert hat sich in dieser Hinsicht gegenüber den 2010er-Jahren also nicht. Doch was dann am Ende vorgestellt wird, ist zwar fraglos eine Verbesserung und auch sicherlich eine Evolution, doch die Zeit der Revolutionen scheint mittlerweile vorbei. Das zeigen auch die beiden aktuellen Beispiele Turkish Airlines und Qatar Airways. Dass eine Airline es schafft, das Business Class Erlebnis noch einmal zu revolutionieren, erscheint momentan wenig wahrscheinlich.
Vom flach verstellbaren Sitz zur Tür in der Business Class
Das liegt fraglos auch daran, dass die Business Class in den vergangenen Jahren bei vielen Fluggesellschaften enorm gut geworden ist. Es ist nicht gelogen, wenn Vergleiche zwischen der Business Class heute und der First Class vor zehn Jahren gezogen werden. Je nach individuellem Empfinden mag manch einer gar den Business Class Sitz mancher Fluggesellschaften besser finden als den First Class Sitz anderer. Das liegt insbesondere an zwei evolutionären Veränderungen: Anfang der 2000er-Jahre waren es zuerst Sitze, die sich zu einem komplett flachen Bett verstellen lassen.
Was mittlerweile bei den meisten Fluggesellschaften Standard ist, war davor nur der First Class vorbehalten (wenn überhaupt). Spätestens in den 2010er-Jahren haben die meisten Airlines in neuen Maschinen nur noch solche Sitze eingebaut. In einem ähnlichen Zeitrahmen haben auch Sitze mit direktem Zugang zum Gang ihren festen Platz im Repertoire von Sitzherstellern gefunden. In der ursprünglich für Geschäftsreisenden ausgelegten Business Class wurde es mehr und mehr zum Standard, dass man nicht mehr über einen Passagier nebenan steigen muss.
Zuletzt folgte dann die dritte Evolutionsstufe, die sich zuvor schon durch immer mehr Privatsphäre und höhere Verkleidungen an den Sitzen angedeutet hat: Türen in der Business Class. Zu den Vorreitern gehörten hier unter anderem British Airways und Qatar Airways, die nun mehr schon seit vielen Jahren mit einem entsprechenden Produkt an Bord unterwegs ist. Immer mehr Airlines sind seitdem dem Vorbild gefolgt, wenngleich der Grossteil der Maschinen noch ohne die letzte Evolutionsstufe auskommt.
Kleine Verbesserungen statt grossen Revolutionen
Indessen muss man fairerweise sagen, dass angekündigte Sitze und Produktumstellungen oft Jahre vor dem eigentlichen Einbau erfolgen – übrigens nicht nur bei der Lufthansa. Dazu kommt, dass der Einbau in einer grossen Flotte oft sehr lange dauert. Entsprechend sind die verschiedenen Stufen der Revolution noch keineswegs bei allen Fluggesellschaften und schon gar nicht in der Breite der Flotten angekommen.
Doch während Stück für Stück bei fast allen Airlines das Meiste besser wird, gibt es mit Blick auf die Zukunft immer weniger revolutionäres. Technische Verbesserungen wie kontaktloses Laden, grössere Bildschirme mit einer höheren Auflösung und besseres Internet an Bord wurden zuletzt beispielsweise oft bei neu angekündigten Produkten hervorgehoben. Das zeigt auch gut: Grosse Neuerungen hat man nicht so recht zu kommunizieren.
Das zeigt sich auch am Beispiel der neu vorgestellten QSuite von Qatar Airways, angekündigt wie immer bei der Airline vom arabischen Golf als grosser Wurf. Stattdessen gibt es im Prinzip dasselbe Produkt, das als ursprüngliche QSuite vor nunmehr etwa acht Jahren erstmals vorgestellt wurde. Ein wenig mehr Platz hier, ein klügeres Design dort und ein “Doppelsitz” nicht nur in der Mitte und am Fenster. Alle Produktverbesserungen klingen zwar gut, aber im Vergleich zur damaligen revolutionären Ankündigung sind sie schlicht Kleinigkeiten.
Es fehlt die Fantasie für weitere Verbesserungen
Weder die Vorstellung des Produkts von Qatar Airways noch anderer Airlines sollte man deshalb unbedingt kritisieren, denn ohne Frage wird das Passagiererlebnis auch durch Kleinigkeiten immer besser. Doch gleichzeitig zeigt sich auch, dass die Industrie an einem Punkt angekommen ist, an dem die Fantasie für noch weitere Verbesserungen ein wenig abhandengekommen ist.
Bedenken muss man dabei fraglos, dass es in der Luftfahrt bestimmte Limitierungen gibt. Ein Sitz kann nicht immer grösser und auch auf gar keinen Fall schwerer werden. Im Gegenteil: Es geht um Effizienz und möglichst wenig Gewicht und Fläche für den einzelnen Passagier. Kaum eine Fluggesellschaft ist heute noch bereit, Einbussen in dieser Hinsicht für mehr Passagierkomfort hinzunehmen.
So bleibt die Frage, was denn als Nächstes überhaupt noch kommen könnte? Wenn alle Sitze flach verstellbar sind, viel Privatsphäre bieten und auch technisch auf höchstem Niveau sind, was kann es dann überhaupt noch geben, was einen Flug noch besser macht? Blickt man auf führende First Class Produkte fällt meist nur noch auf, dass diese schlicht und ergreifend mehr Platz nutzen, also etwa breiter sind oder noch mehr Privatsphäre bieten – in der Business Class erscheint das ökonomisch wenig sinnvoll.
Für die nächsten Jahre werden die Ankündigung also wohl deutlich weniger spektakulär, was für Passagiere aber nichts Schlechtes bedeutet. Viel wichtiger als die Ankündigung der nächsten Revolution ist, dass die Fluggesellschaften durch die Bank die bereits wirklich guten Business Class Sitze der aktuellen Generation auch in allen Maschinen einbaut – dieser Prozess allein dürfte noch viele Jahre dauern.