Die Lufthansa signalisiert zurzeit einen umfassenden Stellenabbau und gab bekannt, Vermögenswerte veräussern zu wollen, auch um das neun Milliarden Euro schwere Hilfspaket der Bundesregierung zurückzahlen zu können.
Die grösste europäische Fluggesellschaft werde die Ausgaben für Mitarbeiter kürzen und Ausgliederungen in Betracht ziehen, um den Cashflow zu stärken, da die Coronavirus-Krise die Einnahmen enorm drücke, hiess es am Mittwoch in einer Erklärung des Kranich-Konzerns.
“Weitreichende Restrukturierungsmassnahmen” geplant
Die Gruppe meldete einen Nettoverlust von 2.1 Milliarden Euro im ersten Quartal, gespeist von Ausgaben zur Treibstoffabsicherung, die fast die Hälfte der Gesamtsumme ausmachten. “Angesichts der sehr langsamen Erholung der Nachfrage müssen wir jetzt weitreichende Restrukturierungsmassnahmen ergreifen, um dem entgegenzuwirken”, sagte Vorstandsvorsitzender Carsten Spohr in einer Mitteilung.
Das Versprechen, die Arbeitskosten ins Visier zu nehmen, wird wahrscheinlich zu einem Kampf mit den Gewerkschaften führen, die vor der Pandemie Piloten- und Kabinenbesatzungsstreiks eingesetzt hatten, um die Bemühungen von bereits zuvor geplanten Kostensenkungen zu vereiteln. Während andere europäische Fluggesellschaften ebenfalls Kürzungen vornehmen, könnte die Lage der Lufthansa durch die bevorstehende staatliche Beteiligung von 20 Prozent an der Fluggesellschaft, kompliziert werden. Das Abkommen wird Regierungsvertreter in das Management der Fluggesellschaft bringen.
10’000 Stellen zu viel
Die Lufthansa wäre nicht das erste deutsche Unternehmen, das bei seinen Bemühungen um Kosteneinsparungen auf den Widerstand der Arbeitnehmer stossen würde. Der Industriekonzern Thyssenkrupp – einst ein Symbol für deutsche Ingenieurskunst – veräusserte oder schloss ganze Unternehmensbereiche nach jahrelangen gescheiterten Versuchen, das Unternehmen auf eine nachhaltige Basis zu stellen. Wenn Spohrs Sparanstrengungen scheitern, wird er nicht in der Lage sein, die Schulden zu tilgen und den Staat als Aktionär zu verdrängen.
Spohr sagte ausserdem, es könnten mehr als 10’000 Arbeitsplätze bei der Lufthansa verloren gehen, da die Fluggesellschaft nach dem Ende der Krise mit einer dauerhaft geringeren Nachfrage nach Geschäftsreisen zu kämpfen habe. In ganz Europa und im Nahen Osten stehen mehr als 60’000 Arbeitsplätze bei den Fluggesellschaften kurz vor dem Abbau. “Das Ausmass der Umstrukturierung ist immens, und eine Einigung mit den Gewerkschaften über drastische Kürzungen von Personal, Löhnen oder beidem wird schwer zu erreichen sein”, gab ein Analyst zu Protokoll, der die Situation bei der Lufthansa beobachtet.
Auch bei den Töchtern viele Jobs und Jets gefährdet
Auch das Angebot von Spohr, nicht zum Kerngeschäft gehörende Einheiten zu verkaufen, wird nach den bisherigen Abspaltungsversuchen der Lufthansa, nicht einfach sein. Ein Vorstoss, die Catering-Sparte von LSG Sky Chefs zu veräussern, stiess wiederholt auf Verzögerungen, bevor eine Einigung über den Verkauf der europäischen Abteilung an die Schweizer Gate Group Holding erzielt werden konnte. Lufthansa hat Anfang des Jahres ein Auktionsverfahren für das internationale Geschäft LSGs aufgegeben. Der Airline-Konzern soll bereits früher ausserdem über eine Veräusserung des Lufthansa Technik-Geschäftsbereichs für Flugzeugwartung und -umrüstung geprüft haben. Während dies dem Kranich zwar kurzfristig helfen könnte, Teile des Kredits zu tilgen, könnte der Vorgang mehrere Jahre dauern und der Lufthansa letztlich einen zuverlässigen Strom an Einnahmen entziehen. Lufthansa Technik hatte vor der Krise einen Unternehmenswert von 7.5 Milliarden Euro, so Finanzanalysten. So sei ein Verkauf oder auch ein Börsengang der Technik-Sparte aktuell vom Tisch, da es in der jetzigen Situation keinen Sinn ergeben würde.
Stattdessen legte der Konzern präzisere Kürzungen für die ausländischen Tochterfluggesellschaften fest, wo die Arbeitsschutzgesetze weniger streng sind als in Deutschland. Bei Austrian Airlines sollen die Personalkosten um 20 Prozent gesenkt werden, während Brussels Airlines einen Personalabbau um 25 Prozent und die Flotte eine Reduzierung um 30 Prozent verkraften muss.
Die Lufthansa, die bisher als eine der stabilsten und erfolgreichsten Fluggesellschaften überhaupt galt, verhandelte bis zuletzt über einen nie da gewesenen Rettungsplan, der den bisher grössten der Branche darstellt. Der Deal mit der Bundesregierung wird die Fluggesellschaft jedoch auch stark belasten, mit Einschränkungen bei der Anzahl der Flugzeuge, die zu kaufen sind und mit der von der EU verordneten Auflage, lukrative Landerechte – sogenannte Slots – in München und Frankfurt an die Konkurrenz abzugeben.
Fazit zu Lufthansas Restrukturierungsmassnahmen
Der Lufthansa stehen schwere und ungewisse Zeiten bevor, wenngleich der Konzern zunächst sicher sein sollte. Weniger sicher sind dagegen unzählige Jobs beim Unternehmen, die hierzulande und bei in den Ländern der Töchter, den Umstrukturierungsmassnahmen zum Opfer fallen werden. Ob die Lufthansa hierbei und auch in den anderen Bereichen den richtigen und zukunftsfähigsten Weg einschlägt, bleibt abzuwarten. Sicher ist nur, dass es ein sehr steiniger sein wird mit einem auch weiterhin ungewissem Ausgang, zumindest mit Blick in die fernere Zukunft.